Schwabenbomber

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  • Erschienen: Januar 2011
  • 7
  • , 2011, Titel: 'Schwabenbomber', Originalausgabe
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Birgit Stöckel
851001

Histo-Couch Rezension vonAug 2011

Eine große Idee und der Versuch, sie mit Gewalt durchzusetzen

Kurzgefasst:

Dezember 1918. Deutschland ist ein junge Republik, das Trauma des Ersten Weltkriegs noch nicht überwunden. Freischärler und Kommunisten putschen und liefern sich heftige Straßenkämpfe. Die kleinen Leute leiden unbeschreibliche Not. Zu allem Elend rollt eine gewaltige Inflation auf Deutschland zu und droht Millionen Menschen weiter ins Verderben zu reißen. In Ulm und Bregenz glaubt eine handvoll Demokraten, einen Ausweg gefunden zu haben. Sie gründen das Schwabenkomitee, eine revolutionäre Bewegung, die eine Republik »Großschwaben« anstrebt und Frieden und Wohlstand für alle verspricht. Auch Karl Negele hört diese verlockende Botschaft. Vier Jahre war er an der Front und hat die Hölle des Krieges überlebt. Jetzt hält ihn nur ein Gedanke aufrecht: Nie wieder Krieg! Deshalb schließt er sich dem Schwabenkomitee an und ist bereit, alles für die Südwestrepublik zu tun. Wenn es sein muss mit Gewalt. Doch die Häscher sind ihm auf der Spur.

 

Karl Negele kehrt 1918 aus dem Krieg zurück und versucht, sich im Frieden wieder zurechtzufinden. Doch das ist nicht so leicht. Die gerade erst ausgerufene Republik steht auf noch wackeligen Füßen, Arbeit ist nicht leicht zu finden und eine Inflation droht auch. Negele selber ist traumatisiert durch den Krieg und erschrocken, wie man teilweise mit den Versehrten und Verwundeten umgeht. Für ihn steht bald fest, dass es möglichst nie wieder Krieg geben sollte und so ist er schließlich von den Ideen des "Schwabenkomitees" mehr und mehr überzeugt. Dieser Verein möchte einen eigenen Staat gründen, "Großschwaben", in dem es jeder zu Wohlstand bringen können soll, in dem die Inflation gestoppt ist und in dem Frieden herrscht. Schließlich ist er sogar bereit, dafür Gewalt anzuwenden und Anschläge zu verüben, auch wenn es seinem Friedenswunsch entgegen steht.

Ein eher unbekanntes Thema

Gerd Friederich nimmt sich in seinem Roman Schwabenbomber einem Kapitel der jüngeren deutschen Geschichte an, die vielen unbekannt sein dürfte: Dem Versuch, bei der politischen Neuordnung Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg, einen eigenen Staat im Südwesten Deutschlands zu errichten, der alle schwäbischen Gebiete umfasste, das sogenannte "Großschwaben".

Fundiert und mit großer Sachkenntnis berichtet der Autor fesselnd, informativ und immer wieder durchaus humorvoll über die damaligen Bestrebungen, die politische Situation und die Lebensumstände nach dem Ersten Weltkrieg. Er zeigt auf, aus welchen Gründen die Idee dieser Staatsgründung bei vielen auf fruchtbaren Boden fiel und auch warum einige fanatische Leute diese Idee mit Gewalt voran treiben wollten.

Blick aus verschiedenen Perspektiven

Die unterschiedlichsten Charaktere bevölkern das Buch. Allen voran natürlich Karl Nagele, dem man als Hauptprotagonist durch die Wirren dieser Zeit folgt. Durch ihn bekommt man einen Einblick, wie die Leute gelebt und gearbeitet haben, was es hieß, wenn das Geld bei der Auszahlung am Lohntag schon fast nichts mehr wert war, obwohl wieder mehr Nullen auf den Geldscheinen gedruckt waren. Man kann auch sehr schön beobachten, wie er auf Abwege gerät und sich entschließt, für das politische Ziel eines eigenen Staates, Gewalt anzuwenden und wie er aber an seinem Tun auch immer wieder Zweifel bekommt.

Dann ist da Dr. Karl Martinus, der Gründer und Vorsitzende des Schwabenkomitees, der hochtrabende Ideen bezüglich Großschwabens hat, gerne vollmundige Versprechungen macht und schwärmerische Reden hält, aber wenig bis gar keine Taten folgen lässt. Es gibt auch Personen, die das Ganze realistischer sehen und ein "Kleinschwaben" anstreben, mit deutlich weniger Gebieten, doch sie können sich kaum durchsetzen.

An Kriegskameraden Negeles zeigt der Autor dem Leser, wie schwer es war, in ein normales Leben und eine normale Arbeit zurückzufinden und dass viele sich deshalb weiter in Schutztruppen oder paramilitärischen Organisationen beschäftigen lassen.

Ergänzt wird dieses facettenreiche und lesenswerte Buch durch einen ausführlichen Anhang, in dem die "Großschwaben-Idee" und die politische Umstrukturierung Deutschlands genauer erläutert wird, zum Teil mit Hilfe von Karten. Ebenso ist das Personenregister am Anfang des Buches sehr hilfreich.

Schwabenbomber

Gerd Friederich, -

Schwabenbomber

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