Die Herrin der Burg

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  • Erschienen: Januar 2003
  • 7
  • , 2003, Titel: 'Die Herrin der Burg', Originalausgabe
Die Herrin der Burg
Die Herrin der Burg
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Volker Faßnacht
741001

Histo-Couch Rezension vonJul 2006

Vom Versuch, es allen recht machen zu wollen

Ulrike Schweikerts dritter historischer Roman Die Herrin der Burg beschreibt in gewaltigen Bildern das Leben der Menschen auf den Burgen im Mittelalter. Gleichzeitig geht es um die Vormachtstellung der Kurfürsten untereinander, da das Reich nach dem Ende der Staufer'schen Herrschaft 1254 in ein fast 20-jähriges Interregnum verfiel. Jahre, in denen jeder Fürst, Graf und Ritter versuchte, seinen Machtbereich zu Lasten seiner Nachbarn zu vergrößern. Ein schier undurchdringliches Wirrwarr von Allianzen, Scheinallianzen und Intrigen, welches erst ab etwa 1278 bis 1287 durch Rudolf von Habsburg und dessen erfolgreiche Revindikationspolitik zur Erlangung eines Reichslandfriedens zerschlagen werden konnte.

Einblicke in die Bündnispolitik des Adels

Tilia von Wehrstein, die Tochter eines unbedeutenden Ritters muss als Geisel - als Unterpfand für die Bündnistreue gegenüber des Grafens von Zollern - auf eben diese Burg. Sie soll der elegischen Tochter des Grafens dienen und Freundin sein. Auf der Burg Zollern ist sie jedoch nicht willkommen. Erschwert wird die Eingewöhnung für Tilia und deren Halbschwester Gret durch den wahren Sündenpfuhl und das Intrigantentum der Bewohner auf der Burg. Ein ganz anderes Leben als daheim auf Burg Wehrstein.

Wie schon in den vorherigen Romanen von Ulrike Schweikert besticht auch Die Herrin der Burg durch die detaillierte Beschreibung des Lebens der Menschen zu der damaligen Zeit. Wenn man sich die Frage stellt, wie es im Besonderen den Frauen zu dieser Zeit ergangen sein mag, hier kann man es wohl nachlesen, gerade so, als sei die Autorin selbst dabei gewesen. Ausgezeichnet gelungen ist die Spanne, die Andersartigkeit der verschiedenen Blickwinkel: Einerseits Tilia, die Ritterstochter, die als höherrangiger Gast einen gewissen Schutz genießen konnte, andererseits aber auch die Sicht der Dinge aus der Warte von Gret, zwar auch Tochter des Ritters zu Wehrstein, jedoch nur ein Bastard und somit - zumindest dort in der Fremde - eine unfreie Magd.

Schnell wird beiden klar - und auch der Leserschaft - dass es nicht weit her ist mit dem in unserer Zeit oftmals vorherrschenden, verklärten romantischen Bild vom Mittelalter. Rau und dreckig geht es zu, gerade auch für Frauen eine eher unschöne Zeit.

Es allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann

Leider tut sich der Leser manchmal schwer, in die Geschichte hinein zu finden. Fast alle Männer der Zollerngrafen hießen Friedrich und so wundert es nicht, wenn man manchmal gehörig ins Straucheln kommt, wenn es um die Frage geht, von welchem Grafen gerade gesprochen wird.

Der Hauptkritikpunkt bei Die Herrin der Burg dürfte jedoch sein, dass sich die Autorin scheinbar nicht so ganz entscheiden konnte, welchen Teil der Leserschaft sie eigentlich für ihr Buch begeistern wollte. So wirkt das ganze Werk immer wieder zusammenhanglos und überfrachtet und manch Handlungsstrang ist leider nur einmal angerissen und wird dann ohne weitere Erwähnung einfach aufs tote Gleis gestellt. Ebenfalls fällt der extreme Hang zur Brutalität innerhalb des Burglebens negativ ins Auge. Auch wenn es wahrscheinlich oftmals so zuging, in dieser Männerwelt, als sich die Herren alles nehmen konnten, was ihnen gerade in den Sinn kam, so wäre hier sicherlich weniger mehr gewesen.

Die homoerotische Szene von Tilia und Gret am See ist schlicht (zu?) modern, einer der Erzählstränge, die ins Nirvana entschwinden und bezogen auf die Kontinuität des Romans völlig überflüssig und unpassend.

Und trotzdem ist der vorliegende Roman lesenswert. Erstens ist er leicht zu lesen. Er hat Gehalt, was die Beschreibung der Lebensumstände der Menschen betrifft und zweitens hat er einiges zu bieten, wenn es um den Lokalkolorit, die geschichtliche Bedeutung der Region und der Zeit geht. Die Zeit nach dem Ende der Stauferherrschaft. Wer sich für die deutsche Geschichte interessiert, wird hier Anregung zum Studium von Sekundärliteratur finden.

Handwerklich entspricht der Roman allen Erwartungen, die man an einen historischen Roman stellen kann: Eine Landkarte von Schwaben, ein Geschichtsüberblick, ein kurzer Kommentar über Dichtung und Wahrheit, ein Personenverzeichnis, ein Glossar, eine Übersicht der verwendeten Fachliteratur sowie eine Danksagung sind mehr, als man bei den meisten Werken erwarten kann.

 

Die Herrin der Burg

Ulrike Schweikert, -

Die Herrin der Burg

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