Der Schwur der Jungfrauen

  • Schröder
  • Erschienen: Januar 2011
  • 6
  • Schröder, 2011, Titel: 'Der Schwur der Jungfrauen', Originalausgabe
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Rita Dell'Agnese
651001

Histo-Couch Rezension vonOkt 2011

Ein weiter Bogen von feinfühlig bis unglaubwürdig

Kurzgefasst:

Hochstift Speyer, 1502. Kathrin ist fassungslos. Ein Mädchen aus dem Dorf hat sich das Leben genommen, weil es die Schande nicht ertragen konnte. Der Sohn des reichsten Bauern hatte sie verführt. Alle jungen Frauen verfallen ihm, nur Kathrin lässt sich nicht blenden. Sie schließt einen Pakt mit ihren Freundinnen. Keine von ihnen wird sich je mit Lukas einlassen. Doch einer Intrige wegen muss Kathrin Lukas heiraten. Ihre Gefühle ihm gegenüber schwanken zwischen Hass und Anziehung. Währenddessen nehmen die Ungerechtigkeiten der herrschenden Adligen zu. Kathrin schließt sich Bauern an, die einen Aufstand planen. Als sie sich einem anderen Mann zuwendet und Lukas dies entdeckt, drohen dem Aufstand Verrat und Kathrin der Tod.

 

Das 16. Jahrhundert ist gerade angebrochen, die Bauern stöhnen unter der zunehmenden Last von Steuern und Abgaben, die sie ihrer Obrigkeit zu entrichten haben. Eine der Bauernfamilien, denen nur wenig zum Leben bleibt sind die Letts. Tochter Kathrin sammelt verbotenerweise Holz im Wald - und kommt dazu, wie drei Männer über ein Mädchen aus dem Dorf herfallen. Sie geht dazwischen, nicht ahnend, dass sich dies auf das Schicksal ihrer ganzen Familie auswirken wird. Als ein Unglücksfall die Lebensgrundlage ihrer Familie zu zerstören droht, wird Kathrin gegen ihren Willen mit Lux, dem Sohn einer reichen Bauernfamilie aus dem Dorf verheiratet. Doch die junge Frau ist in ihrer neuen Familie nicht willkommen. Verzweifelt sucht sie bei ihrer Freundin Jutta, die auf der nahen Burg mit einem der Wächter verheiratet ist, Trost. Dort begegnet sie dem zwielichtigen Landsknecht Johannes. Je näher sie Johannes kennen lernt, desto mehr Vertrauen fasst sie in den Mann. Doch sie ist verheiratet.

Eindrückliches Bild von der Not

Mit großer Empathie beschreibt die Autorin Katerina Timm die wachsende Not der Bauern, von der sie immer stärker in die Ecke gedrängt werden. So sehr, dass sie bereit sind, sich gegen die knechtenden Herren aufzulehnen. Hier stellt die Autorin ihre Beobachtungsgabe unter Beweis - sie beschreibt sehr schön, wie sich Zorn und Verzweiflung immer stärker Bahn brechen. Aber die Autorin schafft es auch, die Zwänge, denen die Obrigkeit selber ausgeliefert ist, ohne Verzerrung darzustellen. Diese Schilderung ist auch eindeutig der starke Teil des Romans. Anders sieht es mit der Geschichte von Kathrin aus. Zwar ist der Beginn der Geschichte durchaus stimmig und auch die Ereignisse, die Kathrin in die Ehe und später als Magd zur Burg gezwungen haben, vermögen zu überzeugen. Doch dann entwickelt sich Kathrins Schicksal in eine Richtung, die nicht mehr zu überzeugen vermag.

Es bleibt ein schaler Geschmack

Die Situation von Kathrin entwickelt sich in einer so unglaubwürdigen und konstruierten Art und Weise, dass dieser Teil des Romans sich wie ein klebriger Schleier über die höchst gelungenen und schönen Passagen legt und diese unter sich zu ersticken droht. Nur dadurch, dass Katerina Timm die Entwicklung des Bundschuhs konsequent weiter erzählt und die darin verwickelten Figuren durchaus interessant sind, gleitet der Roman nicht in die Region der seichten Liebesschmonzetten ab. Zeitweise kommt allerdings das Gefühl auf, die Autorin traue ihrer eigenen Figur nicht. Sie erzählt die sich zuvor in einem gemächlichen Tempo entwickelnde Lebensgeschichte Kathrins plötzlich in einem Zeitraffer, der nicht ganz zur bisherigen Entwicklung passen will. So bleibt nach dem Ende des Buches - was Kathrin anbelangt - ein schaler Nachgeschmack auf der Zunge.

Nicht nahe kommen

Glaubt man beim Einstieg in den Roman noch, der Protagonistin Kathrin auf Anhieb nahe zu sein, muss man nach der Lektüre konstatieren, dass man mit der jungen Frau nicht wirklich warm werden konnte. Ungreifbar bleibt auch Lux, dem als frauenverführenden Bösewicht zunächst eine negative Rolle zugeschrieben wird, in die er im Laufe der Geschichte immer deutlicher hineinzuwachsen scheint. Zwar warnt ein diffuses Gefühl davor, die Rolle von Lux schon festzuschreiben, doch scheint sich das Bild des kaltschnäuzigen Rüpels zu verdichten. Die schwarz-weiß-Zeichnung des Paares nimmt denn auch einen Teil des Lesegenusses.

Unglückliche Titelwahl

Den eher durchzogenen Gesamteindruck vermögen weder Titel noch Cover zugunsten des Buches zu verlagern. Der Schwur der Jungfrauen ist angesichts des - abgesehen von der wenig überzeugenden Liebesgeschichte - Hauptthemas der Bauernaufstände denkbar schlecht gewählt. Zudem wirkt es etwas bemüht, spielt dieser Schwur doch lediglich eine untergeordnete Rolle, wenn er nicht gar einzig als schmückendes Beiwerk verstanden wird. Wenig originell ist schließlich auch das in düsteren Farben gehaltene Cover mit abgeschnittenem Frauenkörper. In einem angenehmen Kontrast dazu steht die Zeichnung auf der Buchinnenseite und auch die Schlussbemerkungen der Autorin haben durchaus Gewicht.

Der Schwur der Jungfrauen

Katerina Timm, Schröder

Der Schwur der Jungfrauen

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