La Mer
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- Erschienen: Januar 2011
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- , 2011, Titel: 'La Mer. Die Liebe der Emma Debussy', Originalausgabe
Die Liebe zwischen Emma und Claude Debussy
Kurzgefasst:
Emma und Claude trafen sich das erste Mal 1901. Die Liebe zur Musik führte ihre Wege von da an immer wieder zusammen. Nur wenige Jahre später, ließen Sie schließlich ihr bisheriges Leben hinter sich, entgegen aller Widrigkeiten fest entschlossen, ihr Leben fortan gemeinsam zu verbringen. Doch was sie verband, stellt sich den beiden plötzlich in den Weg. Claudes musikalisches Genie bestimmt sein Leben und bald auch das Ihrige. Während Claude sich immer mehr in einem Schaffensrausch verliert und auf Konzertreisen geht, zieht sich Emma weiter zurück. Ihre Liebe steht vor einer harten Prüfung, selbst die Geburt ihres gemeinsamen Kindes Chouchou kann daran nichts ändern. Nur in der Musik, so scheint es, liegt die Hoffnung auf eine neue Liebe.
Paris, 1904. Emma Berdac ist Anfang vierzig, verheiratet mit ihrem Mann Sigismond und hat mit ihm den älteren Sohn Raoul und die jüngere Tochter Dolly. Sie gibt regelmäßig Salons, in denen Künstler bei ihr zu Hause auftreten und ihre neuen Werke vortragen, so etwa Gabriel Fauré und Maurice Ravel. Auch der Musikverleger Jacques Durand ist ein gern gesehener Gast auf diesen Zusammentreffen. Emmas Sohn Raoul bekommt Klavierunterricht bei Claude Debussy, allerdings ist dieser trotz mehrmaliger Einladungen bislang nie gekommen. Erst bei der fünften Einladung kommt er, und sofort ist es um ihn und Emma geschehen.
Die Liebe der beiden bestürzt nicht nur die Freundeskreise der beiden, sondern auch ihre Familien. Emma trennt sich von Mann und Kindern, um mit Claude zusammen zu leben, und auch er verlässt seine kranke Frau, um seiner leidenschaftlichen Liebe zu Emma in einem neuen Haus Raum zu geben. Schnell wird Emma trotz ihres Alters schwanger und bringt die Tochter Chouchou zur Welt.
Doch je länger die beiden, inzwischen verheiratet, miteinander leben, desto mehr fragt sich Emma, ob sie das richtige getan hat und ihre erste Familie verlassen hat. Claude ist schwierig, sein Erfolg als Komponist nicht übermäßig und die finanzielle Situation auch eher bescheiden. Doch gegen alle inneren und äußeren Triebe hält sie durch erlebt mit Claude Höhen und Tiefen.
Liebe auf den ersten Blick
Andrea Jennert bietet mit ihrem Roman La Mer - Die Liebe der Emma Debussy einen Einblick in den Beginn des 20. Jahrhunderts anhand der Komponistenszene in Paris bis hin zu Debussys Tod im Frühjahr 1918, noch vor Ende des Ersten Weltkriegs. Dabei folgt sie den Gedanken Emmas und konstruiert so eine Doppelbiografie, die gegen alle gesellschaftlichen Konventionen zwei Menschen vorstellt, die sich auf den ersten Blick lieben und ihre bis dahin gelebten Leben verlassen.
Man erlebt die Trennung Emmas von ihrer Familie und ihre Beweggründe, warum ist nicht anders kann, und sie denkt, sie würde für sich alles richtig machen, bis ihr Onkel sie deswegen enterbt und sie ihre Zukunft nicht wie geplant gestalten kann. Dies ist der erste Knacks in ihrer Beziehung zu Debussy, noch bevor sie es überhaupt ahnt. Ihr Sohn Raoul ist bereits erwachsen und geht seine eigenen Wege, und Tochter Dolly geht mit Emma mit. Sie reisst ihre Familie auseinander für eine leidenschaftliche, aber ungewisse Liebe zu einem Komponisten, der bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad hat und soeben mit seiner Oper "Pélleas et Mélisande" einen ansehnlichen Erfolg gefeiert hat.
Ein schwieriger Mensch
Debussy hingegen lebt für seine Musik und ist anfänglich noch sehr leidenschaftlich gegenüber Emma. Doch mehr und mehr kapselt er sich ab und kümmert sich um seine Musik. Emma stellt mehr und mehr fest, dass sie nichts über ihn weiß, über seine Eltern, seine Geschwister. Erst als Debussys Mutter zu Besuch kommt und Emma in ihre Arme schließt, scheint alles besser zu werden, auch wenn der Vater ihn meidet. Einziger Freund, der ihm geblieben ist, ist der Komponist Erik Satie, den er zwar als Menschen schätzt, dessen Musik er aber ablehnt.
Andrea Jennert schafft durch die Situation der Familie ein intensives Bild der Zeit, wenngleich es nicht so sehr auf den großen Weitblick abzielt, sondern eher auf die gesellschaftlichen Normen und Verhaltensweisen. Scheidungen waren noch nicht so einfach durchzuführen wie heutzutage und auch der (verbürgte) Selbstmordversuch von Debussys erster Frau verzögert die Trennung nur. Doch zeigt die Autorin ein Gespür für die Erzählung und hält zu allem eine gewisse Distanz, wie auch Debussy selbst sie gespürt hat. Er kann sich nur in Musik wirklich ausdrücken und seine Gefühle zeigen, und das droht seine Liebe zu Emma letztlich zu zerstören.
Das titelgebende Stück "La Mer" schreibt Debussy in der Anfangsphase der Liebe zwischen ihm und Emma, wo alles noch eitel Sonnenschein ist und nichts und niemand sich zwischen die beiden stellen kann. Passend gewählt auch das Cover-Motiv des nur 260 Seiten starken Büchleins aus dem Plöttner Verlag, das rechtzeitig zu Debussys 150. Geburtstag im Jahr 2012 erschienen ist. Es steht dafür, dass Debussy Klänge in Farben gesehen hat, was er auch an die Tochter Chouchou vererbt hat. Das Buch bietet einen Einblick in den schwierigen Menschen Claude Debussy, macht aber auch Lust darauf, sich näher mit seiner Musik zu beschäftigen, die wohl mehr über ihn aussagt als, wo er sich selbst als Mensch nicht so gut ausdrücken konnte wie als Komponist.
Intensive und persönliche Erzählung
Ausser der Beziehung der Familie Debussy in all ihren Facetten bietet der Roman allerdings nicht viel Zeitgeschehen. Erst gegen Ende, als der Erste Weltkrieg über Frankreich kommt und Debussy mehr und mehr körperlich krank wird, spielt die "Außenwelt" eine größere Rolle. Die Erzählperspektive aus Emmas Sicht lässt erst dann wieder mehr in ihrem kargen Leben zu, wenn Claude nicht mehr ist. So weiß sie nicht viel von ihm, zum einen, weil er selber nichts preis gibt, zum anderen, weil auch sie nicht fähig ist, ein ausreichendes Leben neben ihm aufzubauen. Auch ihr eigenes Komponieren und Klavierspiel leiden darunter. Zu einer echten Liebe gehören eben immer zwei Personen.
Ein intensiver und beeindruckender Roman, dem ein paar mehr Blicke über den familiären Tellerrand nicht geschadet hätte. Doch auch so meint man, einen Einblick in den Menschen und in den Musiker Claude Debussy bekommen zu haben. In jedem Fall macht der Roman neugierig auf Debussys Musik, und dieser Neugier sollte man intensiv nachgeben.
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