Das Blut der Lilie
- Piper
- Erschienen: Januar 2011
- 2
- Piper, 2010, Titel: 'Revolution', Originalausgabe
Was geschah mit Louis Charles?
Kurzgefasst:
An dem Tag, an dem ihr kleiner Bruder Truman starb, starb auch das Herz in Andis Brust. Und seit er nicht mehr da ist, ist ihr alles egal. Nur wenn sie Gitarre spielt, ahnt sie, dass es so etwas wie Gefühle noch gibt. Als sie auf einer Reise nach Paris in einem alten Gitarrenkoffer das geheimnisvolle Tagebuch einer jungen Frau findet, die einst den Kronprinzen Louis Charles betreute, weiß sie, dass ihre beiden Schicksale untrennbar miteinander verbunden sind. Denn auch die Französin konnte den Tod des geliebten kleinen Jungen nicht verhindern. Und so begleitet Andi Alexandrine auf deren gefahrvollen Wegen durch die Wirren der Französischen Revolution - in der Hoffnung, dort den Schlüssel zur Rückkehr ins Leben zu finden.
Die begabte, junge amerikanische Musikerin Andi fühlt sich schuldig am Tod ihres Bruders Truman. Seit dem Unfall taucht Andis Mutter in eine Phantasiewelt ab. Auch Andi selber kommt mit ihren Problemen nicht klar. Zuvor eine der besten der Klasse, lässt sie die Schule links liegen. Ihr droht der Rauswurf. Schließlich greift Andis Vater ein und nimmt seine Tochter mit nach Paris, wo sie ihre Diplomarbeit schreiben soll. Ihren Widerstand gibt Andi erst auf, als sie in einem alten Gitarrenkoffer das Tagebuch einer jungen Frau findet, die sich im Jahr 1795 darum bemüht, den Dauphin Louis Charles aus seiner Gefangenschaft im Turm zu befreien. Je mehr Andi erfährt, desto näher kommen ihr die Ereignisse während der Französischen Revolution. Schließlich hat das Tagebuch auch Auswirkungen auf das Leben der jungen Musikerin.
Zwei Zeitebenen verschmelzen zu einer Geschichte
Mit Andis Geschichte steigt Autorin Jennifer Donnelly ins 21. Jahrhundert ein. Sie geht auf das von Schuldgefühlen gequälte Mädchen ein, das an der Grenze zur Erwachsenen steht und schildert gekonnt Andis Verweigerung gegenüber dem "Normalen". Nur in ihrer Musik findet Andi kurzzeitig Erlösung. So ist es auch folgerichtig, dass die Autorin den zweiten Erzählstrang, jenen aus dem 18. Jahrhundert, ebenfalls mit Musik verknüpft. Andi fühlt sich der jungen Erzählerin Alexandrine Paradies, deren Tagebuch sie in einem alten Gitarrenkoffer versteckt findet, nahe. Nicht nur das Alter verbindet die beiden Frauen, die aus unterschiedlichen Jahrhunderten stammen, auch ihre Denkweise ähnelt sich. Nach und nach verschmelzen die beiden höchst unterschiedlichen Erzählstränge zu einer kompakten Geschichte, die recht temporeich voran schreitet.
Gut ausgearbeitet
Sowohl mit den Charakteren im 21. Jahrhundert als auch mit jenen aus dem Tagebuch Alexandrines kann Jennifer Donnelly überzeugen. Sie taucht tief in die Gedankenwelt einer sensiblen Pubertierenden ein und stellt ihr den Wissenschaftler (Vater) gegenüber, der dem Gefühlschaos, in dem seine Tochter lebt, kaum Beachtung schenkt. Etwas oberflächlicher bleiben die jungen Leute, die Andi in Paris kennen lernt. Ihre Heldin aus dem 18. Jahrhundert gestaltet Jennifer Donnelly so aus, dass sie ein Kind ihrer Zeit ist, wenn auch eine doch höchst mutige junge Frau. Dass zwischen Alexandrine und Andi eine Art Beziehung entsteht, wirkt weder konstruiert noch weit hergeholt. Überhaupt schafft es Jennifer Donnelly ausgezeichnet, mit dem Gedanken "Was wäre wenn" zu spielen. Könnte es tatsächlich sein, dass nicht der Dauphin selber in diesem Turmverlies elendiglich zu Grunde ging, sondern gegen ein anderes totes Kind ausgetauscht worden war? In dieser Sache bemüht die Autorin denn doch etwas stark den Zufall: Ausgerechnet Andis Vater soll nämlich mittels DNA-Analyse ermitteln, ob das einbalsamierte Kinderherz wirklich vom Dauphin stammte.
Einblick in die Revolution
Das Blut der Lilie ist eine unterhaltsame und - gerade bezüglich Französischer Revolution oder den Katakomben von Paris - auch informative Lektüre, die in einer angenehmen Sprache serviert wird. Allerdings lässt der Roman auch einige Fragen offen. Jene, die auf den Komponisten Malherbeau neugierig geworden sind, dürften auf der Suche nach näheren Einzelheiten zum Musiker recht frustriert sein. Leider fehlt ein Nachwort, in dem die Autorin darauf eingehen könnte, welche Figuren des Erzählstrangs von 1795 fiktiv sind und welche Persönlichkeiten tatsächlich gelebt haben. Dieser kleine Schönheitsfehler tut dem an sich gut gelungenen und unterhaltsamen Roman jedoch keinen Abbruch.
Jennifer Donnelly, Piper
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