Das Urteil

Kurzgefasst:

Die Zeit der Reformation: Zunächst stehen die reichen Berner Burger dem Maler Niklaus Manuel Deutsch misstrauisch gegenüber. Doch Kraft und Schönheit des Sohnes italienischer Einwanderer verführen die Tochter eines hohen Berner Beamten. Die Heirat mit Katharina Frisching sichert die Karriere von Niklaus Manuel Deutsch,auch wenn bestimmte Kunden ihn weiterhin als Handwerker und nicht als Künstler sehen. Dann erhält er den Auftrag, ein Bild über das Urteil des Paris zu malen.

Im Zentrum dieses Buches steht das Gemälde "Urteil des Paris" von Niklaus Manuel Deutsch. Hans-Jürgen Greif erzählt in diesem Roman, wie der Künstler zu diesem Auftrag kam, wie er ans Werk ging und wie er letztendlich das Bild vollendet hat.

Sachbuch oder Roman?

Schon wenn man das Buch zur Hand nimmt, meint man, eher ein Sachbuch denn einen Roman erhalten zu haben. Das ungewöhnliche Format, der geringe Seitenumfang, die Aufmachung und die relativ große Schrift sind für einen Roman alles andere als typisch. Beginnt man zu lesen, wird schnell klar, dass es sich aber wirklich um einen Roman handelt.

Greif hat sich bemüht, nicht nur die Geschehnisse rund um die Entstehung des Gemäldes "Urteil des Paris" zu veranschaulichen, sondern auch das Leben und Werden des Künstlers Niklaus Manuel Deutsch darzustellen. Obwohl der Roman selbst nur knapp 180 Seiten umfasst - was äußerst wenig ist - ist es dem Autor gelungen, nicht nur das Wesentliche zum Entstehen des Bildes zu transportieren, sondern auch Einblick in sein Leben zu gewähren.

Sprachlich glatt und schnörkellos, konzentriert sich der Roman im Wesentlichen auf das Bild. Steht zwar stets das Gemälde im Focus, so hat Hans-Jürgen Greif es geschickt verstanden, alle Familienmitglieder des Künstlers, sein Werben um Katherina, die inspirierenden Gespräche mit Sophie, Katharinas Schwester, und auch die Probleme mit und um seine Kinder in die Geschichte mit einzuweben. Dass aufgrund der doch sehr geringen Seitenzahl des Romans die zwischenmenschlichen Szenen nicht sehr umfangreich und ausgeschmückt sind, liegt auf der Hand. Den meisten Platz nimmt das Werden des Gemäldes in Anspruch und das dieses dem Autor besonders am Herzen liegt, ist regelrecht spürbar.

Wenige Seiten, aber alles enthalten

Bevor Niklaus ein Bild begann, diskutierte er mit Sophie über die Bedeutung der jeweiligen religiösen Figuren, konnte sie doch ganze Abschnitte des Alten Testamentes auswendig. Generell bewirkt Sophie eine sehr positive Entwicklung beim Künstler und man ist gewillt, dem Autor auch alle Darstellungen abzunehmen.

Man kann es kaum glauben, denn obwohl das Buch so dünn ist, hat Greif sogar Platz gefunden, um Exkurse in die Technik der Malerei und das Mischen und Herstellen der Farben zu zeigen. Dem nicht genug, werden noch die politischen Probleme seiner Heimatstadt angerissen und die Habgier der katholischen Kirche nicht nur angesprochen, sondern anhand eines Reliquienerwerbes verdeutlicht.

Manchmal wirkt die Erzählung etwas aufgesetzt, etwas gestelzt. Es fehlen die weichen und sanften Übergänge die den Leser in eine Geschichte ziehen und ihm einen Film in allen Farben präsentiert. Bei solchen Passagen zeigt sich doch, dass ein etwas Mehr an Seiten von Vorteil gewesen wäre.

Hans-Jürgen Greif hat zweifelsfrei versucht, der Entstehung des Gemäldes "Urteil des Paris", in Form einer glaubhaften und interessanten Geschichte ein Gewand zu geben, was ihm im Gesamten auch gelungen ist. Für Kunstinteressierte, speziell für Liebhaber der Renaissance und der Alten Meister, mit Sicherheit ein äußerst interessantes Werk. Hat jemand weniger mit der Malerei und der bildenden Kunst im Sinn, wird er mit diesem Buch wohl kaum auf seine Kosten kommen.