Das Erbe der Apothekerin

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2011
  • 1
  • Heyne, 2011, Titel: 'Das Erbe der Apothekerin', Originalausgabe
Das Erbe der Apothekerin
Das Erbe der Apothekerin
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Rita Dell'Agnese
621001

Histo-Couch Rezension vonOkt 2011

Viele Details zum Konstanzer Konzil

Kurzgefasst:

Ravensburg im Jahr 1414: Von einem Tag auf den anderen steht die 18-jährige Magdalena Scheitlin vor dem Nichts. Ihr Vater stirbt und der Onkel betrügt sie um ihr Erbe, die Familienapotheke. Weitaus härter noch trifft die junge Frau der Verrat ihres Verlobten, der eine andere Frau heiratet. In dem verzweifelten Versuch, ihn zurückzugewinnen, reist Magdalena ihm bis nach Italien hinterher. Doch sie ahnt nicht, in welche Gefahr sie sich begibt...

 

Im Kloster am Bodensee möchte sich die 18-jährige Magdalena Scheitlin im Jahre 1414 auf ihre Ehe mit dem Kaufmannssohn Konrad vorbereiten. Sie trägt sein Kind unter dem Herzen und freut sich auf die Zukunft mit ihrem Liebsten. Nach der Heirat will sie weiter ihrem Vater in der Apotheke zur Hand gehen und diese später selbständig führen. Doch da stirbt ihr Vater unerwartet und der windige Onkel Magdalenas wird zu ihrem Vormund berufen. Um an das Erbe heranzukommen, will der Onkel Magdalena für immer ins Kloster verbannen. Doch das Mädchen reißt aus und flüchtet sich ins Haus ihres vermeintlichen Verlobten. Dort muss sie erfahren, dass er inzwischen eine andere geheiratet hat und sich derzeit auf einer Geschäftsreise nach Italien befindet. In der Hoffnung, ihn für sich zurückgewinnen zu können, reist Magdalena ihm nach. Die Reise fordert aber ihren Tribut. Magdalena verschlägt es schließlich nach Konstanz zu einem entfernten Verwandten. In der schwäbischen Stadt findet gerade ein Konzil statt und die Künste einer Heilkundigen sind gefragt. Da wird gegen Magdalena der Vorwurf von Hexerei erhoben.

Trockene Fakten

Es scheint der Autorin Karla Weigand wichtig, mit ihrem Roman möglichst viel Wissen zu vermitteln. Immer wieder dozieren die Protagonisten in verschiedenen Fachbereichen, sei es nun die Kräuterheilkunde oder das politische und religiöse Gefüge im Umfeld des Konzils. Diese eher ermüdenden Details stellen allerdings kaum eine Bereicherung des Romans dar, dazu werden sie zu trocken wiedergegeben. Fast so, als handle es sich um Stoff einer Geschichtslektion. Hier wäre mehr Zurückhaltung wohltuend gewesen, zumal die Schilderungen verschiedentlich Fragen aufwerfen. So stößt etwa sauer auf, wenn der gestresste Oheim Julius Zängle ein Stärkungsmittel fürs Herz mit den Worten quittiert, das dies seiner Pumpe bestimmt guttun werde. Auch wird mancher Leser bei der Schilderung aufhorchen, dass bei den Schlägereien im Wirtshaus die Gläser zu Bruch gehen - oder ein Verletzter nach dem Verarzten durch Magdalena Pflaster im Gesicht hatte. Auch die Maßeinheiten, mit denen Magdalena und ihr Gehilfe zugange sind, wollen nicht so recht ins 15. Jahrhundert passen. Besonders die ortskundigen Leserinnen und Leser dürften sich zudem fragen, weshalb sich die Reisenden nach einem nächtlichen Diebstahl ihres Reiseproviants zwischen Sitterdorf und Erlen Gedanken über Kosten für eine weitere Übernachtung machen, befinden sie sich doch zu diesem Zeitpunkt nicht einmal mehr 20 Kilometer von ihrem eigentlichen Ziel Konstanz entfernt.

Schwarz-Weiß-Bild

An sich hat Karla Weigand in ihren Roman etliche interessante Figuren eingebaut. Allerdings verfällt sie - besonders was ihre Heldin Magdalena betrifft - zu sehr in Schwarz-Weiß-Malerei. Die junge Frau ist nicht nur in allen Belangen gut und zudem eine Schönheit, sie wird auch von allen guten Menschen geliebt. Wer aber etwas gegen die junge Apothekerin hat, ist ohnehin ein großer Schuft und von schlechtem Charakter. So nimmt die Autorin der Protagonistin viel von ihrem Zauber. Denn Magdalena hätte durchaus mehr Tiefgang und ein kantigeres Profil vertragen, ohne dem Roman zu schaden. Bis auf Papst Johannes XXIII. (nach heutiger Zählung als Gegenpapst), der im Roman durchaus verschiedene Charakterzüge zu bieten hat, bleiben die Protagonisten eher oberflächlich und schnell durchschaubar.

Viel Stimmung eingebaut

Trotz verschiedener Kritikpunkte ist Das Erbe der Apothekerin aber ein durchaus spannendes Leseerlebnis. Karla Weigand hat viel Atmosphäre eingebaut und wenn sie nicht gerade darin verfällt, ihre Figuren schwadronieren zu lassen, gibt sie ein gutes Bild des Konzils wider. Der umtriebige Julius Zängle ist in seinem Bemühen, Ordnung in die völlig überfüllte Stadt zu bringen, ebenso glaubwürdig, wie der missgünstige Bruder Malachias, der alles unternimmt, Magdalena in Misskredit zu bringen. Angenehm ist auch die Darstellung der Verhältnisse in Ravensburg: Hier bemüht sich Karla Weigand, nicht zu sehr in den Tenor zu verfallen: Alle gegen die arme Erbin.

Viel Spannung, aber...

Letztlich unterhält Karla Weigand ihre Leser gut und bietet auch verschiedene Aspekte an, so dass man trotz allen Ungereimtheiten zum Schluss das Gefühl hat, einen ereignisreichen Roman gelesen zu haben. Auch der Spannungsbogen ist gut gehalten und wird durch einige eher unerwartete Wendungen immer mal wieder gestärkt. Dennoch hätte der Roman eine sorgfältigere Überarbeitung und einen feinfühligeren Umgang mit den Protagonisten verdient gehabt.

 

Das Erbe der Apothekerin

Karla Weigand, Heyne

Das Erbe der Apothekerin

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