Die Frau des Seiltänzers
- Lübbe
- Erschienen: Januar 2011
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- Lübbe, 2011, Titel: 'Die Frau des Seiltänzers', Originalausgabe
Schwacher Beginn, aber dann mit rasantem Tempo weiter bis zum Schluss
Kurzgefasst:
Anno 1525. Wenige Tage vor dem ewigen Gelübde flieht die Novizin Magdalena aus dem Kloster Seligenpforten. In ihrer Not schließt sie sich der Gauklertruppe des Großen Rudolfo an, des berühmtesten Seiltänzers der Welt. Von Anfang an ist sie fasziniert von dem begehrten Frauenhelden. Und sie verliebt sich in ihn. Doch der rätselhafte Rudolfo gehört einem undurchsichtigen Geheimbund an, der über die größten Mysterien der Menschheit wacht. Als Rudolfo beim Besteigen des Mainzer Doms in den Tod stürzt, glaubt Magdalena als Einzige an ein Komplott und macht sich auf eine gefährliche Spurensuche...
Kloster Seligenpforte, 1525. Die junge Novizin Magdalena hält es nicht mehr aus und flieht kurz vor ihrer Profess ins Ungewisse. Als sie auf eine Gauklertruppe stößt, die vom "Großen Rudolfo" geführt wird, schließt sie sich ihnen an und zieht mit ihnen weiter. Sie verliebt sich in Rudolfo, aber er wirkt stets bedrückt und vertraut sich ihr letztlich an. Er ist einer der "Neun Unsichtbaren", ein geheimer Bund, die die Bücher der Weisheit hüten. Kann Magdalena zuerst mit Rudolfos Offenbarung so gar nichts anfangen, überschlagen sich plötzlich die Ereignisse, und als der große Seiltänzer ermordet wird, begiebt sie sich auf die Spurensucher nach den Tätern...
Unglaubwürdiger, reißerischer Beginn
Vandenberg gilt als einer der Altmeister des historischen Romans und man spürt auch beim Lesen, dass er sich seiner Sache sicher ist. Zu Beginn begleitet man Magdalena noch im klösterlichen Alltag und die Szenen die sich dort bieten, scheinen doch ziemlich an den Haaren herbeigezogen, sodass so manchem Leser die Lust daran vergehen wird, die Geschichte weiterzulesen.
Da bekommt Magdalena ein Nachts Besuch von einer unbekannten Person (einer anderen Mitschwester vermutlich), die sie am ganzen Körper berührt und ein wahres inneres Feuer in ihr entfacht. Magdalena wird zur Äbtissin gerufen, welche ihr mit einem Kopfnicken bedeutet, vor ihrem Schreibtisch Platz zunehmen. Die Äbtissin steht auf, stellt sich hinter Magdalenas Stuhl und beginnt - Magdalenas Brüste zu kneten.
Es ist niemandem zu verdenken, wenn er spätestens nach dieser Szene das Buch aus den Händen legt und dieses als unlesbaren Schund abstempelt.
Spannender Plot
Nach dem ziemlich missglückten Start dieses Romans geht es aber äußerst temporeich und spannend weiter. Es scheint fast, als hätte jemand anderer weitergeschrieben, denn ab der Flucht Magdalenas aus dem Kloster gibt es keine dieser abstrusen "Vorfälle" mehr. Zwar ist das Grundkonzept nicht neu - Geheimbund, Bücher die die Welt verändern können, jede Menge böser Figuren, die hinter den Büchern und deren Hüter her sind -, aber Vandenberg ist es gelungen, eine durchaus spannende und schlüssige Geschichte zu erzählen.
So schlittert Magdalena ungewollt in den Part der vermeintlich Wissenden über den Aufenthalt der "Bücher der Weisheit" und es beginnt eine rasante Jagd nach dem Mörder des Großen Rudolfo und nach den wertvollen Büchern. Philipp Vandenbergs Erzähltalent kommt hier voll zum Tragen, und auch wenn er zwischen unterschiedlichen Szenen hin und herspringt, so ist dies niemals verwirrend oder störend, sondern trägt stets zu Erhaltung des Spannungsbogens bei.
Prominente Figuren
Um diese Bücher wissen eigentlich nur die "neun Unsichtbaren", zu denen Erasmus von Rotterdam, Pietro Arentino, Kopernikus, Machiavelli, Agrippa, Paracelsus, Nostradamus, Matthias Grünewald und eben auch der Große Rudolfo zählen. Im Grunde genommen lässt Vandenberg die ganze Prominenz der damaligen Zeit aufmarschieren, begegnet man auch, wenn auch nicht immer persönlich, Tilman Riemenschneider, Albrecht Dürer, Jakob Fugger oder Lucas Cranach. Einen wichtigen Part nimmt der Fürstbischof Albrecht von Brandenburg ein, über den man vieles erfährt. Der Autor hat sich bei den Figuren, speziell dem Fürstbischof, möglichst an die überlieferten Fakten gehalten und auch alle fiktiven Figuren sind mit viel Liebe zum Detail gezeichnet. Die Darstellung der doch großen Zahl an Figuren ist generell hervorragend, woran auch die jahrelange Erfahrung des Autors zu erkennen ist, scheinen diese doch mit simpler Leichtigkeit zum Leben erweckt.
Schafft man die Hürde über die ersten fünfzig Seiten ohne das Buch entnervt und kopfschüttelnd zur Seite zu legen, wird man mit der ereignisreichen Geschichte kurzweilig unterhalten.
Philipp Vandenberg, Lübbe
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