Das Mysterium der Zeit
- Aufbau
- Erschienen: Januar 2011
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- Aufbau, 2010, Titel: 'Mysterium', Originalausgabe
Philosophische Debatten über und von Philosophen
Kurzgefasst:
November 1646. Ein sonderbares Grüppchen von Kastraten, Gelehrten und Korsaren rettet sich nach einem Schiffbruch auf die Insel Gorgona im Toskanischen Meer. Der Fund einer lateinische Handschrift versetzt dort die Gelehrten in helle Aufregung, prangert sie doch bedeutende Werke der Klassik als lächerliche Fälschungen an. Wie der Rasende Roland und seine Ritter im verzauberten Schloss des Adalante irren unsere Schiffbrüchigen nun über das gottverlassene Eiland, die einen auf der Jagd nach Wildkatzen und Fledermäusen, um ihre leeren Mägen zu füllen, die anderen besessen von der Aussicht auf weiterer Manuskriptfunde, die sich auch prompt einstellen - und Unerhörtes offenbaren.
Mitte des 17. Jahrhunderts. Atto Melani ist mit einigen anderen, darunter Gelehrte und Kastraten, auf einem Schiff im Mittelmeer unterwegs, als dieses von Piraten gekapert wird. Die Reisenden landen auf einer Insel vor der italienischen Küste. Irgendwie muss sich die gestrandete Gesellschaft mit der außergewöhnlichen Situation arrangieren. Sie haben nicht nur einige Gefahren zu bewältigen, sondern auch die Zeit totzuschlagen. Und so passiert es, dass einige von ihnen ins Debattieren kommen und sich letztendlich sogar auf eine ziemlich ungewöhnliche Schatzsuche begeben...
Gewöhnungsbedürftig
Monaldi und Sorti schreiben alles andere als dem Mainstream angepasst und wer schon die vorangegangenen Bände des Autorenpaares kennt, weiß, worauf er sich einlässt. Leser, die das erste Mal ein Buch dieser Autoren lesen, werden es lieben - oder hassen. Dazwischen gibt es kaum etwas.
Die Autoren verlangen dem Leser so einiges ab. Knapp 900 Seiten Konzentration ist angesagt, will man der Geschichte folgen und noch einmal so viele Seiten muss der geforderte Leser so "nebenbei lesen", will er die subtilen Andeutungen zwischen den Zeilen verstehen. Zugegeben, Monaldis und Sortis Bücher sind alles andere als zum reinen Abtauchen in die Vergangenheit und sich entführen lassen in eine andere Welt geeignet. So einfach zwischendurch lässt sich auch dieses Buch der Autoren nicht lesen. Man sollte sich schon Zeit nehmen für dieses Werk, denn so schnell ein paar Seiten in einer möglichen Pause gelesen, wird einen eher verwirren, als Freude am Lesen bereiten.
Dabei ist es nicht unbedingt die Sprache, die den Leser fordert, sondern die Gedankengänge der Figuren und deren Diskussionen über Persönlichkeiten, deren Aussagen und Denkansätze man schon in der Schule lernte und als gegeben annimmt.
Alles Lüge?
Dient in diesem Buch eine Insel als Schauplatz, so dient diese aber lediglich als Bühne für die inszenierten und vorgegaukelten Auftritte der wohl berühmtesten Denker und Philosophen. So spielt bald nicht mehr das Los der Schiffbrüchigen die Hauptrolle, sondern das Infrage stellen des Wahrheitsgehalts der Aussagen und niedergeschriebenen Behauptungen von Tacitus, Platon, Homer oder sogar Aristoteles. Haben diese Denker ihre Weisheiten wirklich selbst niedergeschrieben? Stimmen ihre Behauptungen? Oder sind dies gar alles Fälschungen? Die Theorie, dass beinah die ganze Literatur des Altertums von Mönchen in Schreibwerkstätten niedergeschrieben worden sein soll, haben die Autoren mit ihrem profunden Wissen geschickt in Szene gesetzt. Denkanstöße gibt es derer viele und, setzt man sich mit der Materie etwas näher auseinander, ertappt man sich dabei, die eine oder andere Thematik noch einmal aufzugreifen und für sich selbst näher zu hinterfragen.
Keine gewöhnlichen Figuren
Ist zwar Atto Melani der Protagonist der Tetralogie, stehen hier eindeutig die Philosophen und Denker im Focus. Nicht die Charaktere oder deren Handlung sind von Bedeutung, sondern ihre Überlegungen, Andeutungen und Aussagen. Generell erweisen sich die vielen Figuren die einen Auftritt in diesem Buch haben, als interessante und vielseitige Gestalten.
Atto sieht man hier erstmals als Jüngling, der sich zwar noch nicht ausgereift zeigt, man aber sehr wohl schon den gewieften, analytischen und scharfsinnigen Denker erkennt.
So intelligent der Aufbau und die Thematik des Buches sind, so muss man dennoch anmerken, dass es dem Werk doch gut getan hätte, es straffer zu gestalten. Manchmal gar zu ausschweifend und sich in Nebensächlichkeiten verheddernd, kommen ab und an doch Längen beim Lesen auf.
Ein zweifelsfrei interessantes Buch, das den analytisch denkenden Leser herausfordern wird. Allerdings sollte dieser auch genügend Zeit mitbringen, ansonsten wird das Lesen kein Vergnügen, sondern anstrengend.
Monaldi Francesco, Aufbau
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