Die Marquise de Sade. Roman einer Ehe

  • Hoffmann & Campe
  • Erschienen: Januar 2006
  • 1
  • Hoffmann & Campe, 2006, Titel: 'ie Marquise de Sade. Roman einer Ehe', Originalausgabe
Die Marquise de Sade. Roman einer Ehe
Die Marquise de Sade. Roman einer Ehe
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Katharina Lewald
491001

Histo-Couch Rezension vonJul 2006

Wer durchhält, wird belohnt

Es gibt Bücher, die hinterlassen ein Gefühl von absoluter Befriedigung, weil das Lesen so viel Spaß gemacht hat, vermischt mit Traurigkeit, weil es nun zu Ende ist. Andere Bücher wiederum bringen einen dazu, sich zu ärgern, weil man dies oder jenes nicht mochte, selbst sowieso viel besser gemacht hätte. Langweilige Charaktere, unspektakuläres Ende, der plötzliche Tod des Lieblingshelden und so weiter. Und es gibt Bücher, die weder einen positiven, noch einen negativen Eindruck hinterlassen, sondern vielmehr ein undefinierbares, flaues Gefühl im Magen des Lesers. 

Wer war der Marquis de Sade?

Bevor man sich an eine Romanbiografie über eine Frau mit einem berühmten Ehemann heranwagt, sollte man sich wohl zunächst über denselben informieren. Der Marquis de Sade war ein französischer Adeliger. Er wurde 1740 in Paris geboren und schrieb einige Bücher, die teils pornografischen, teils philosophischen Inhalts waren. Die vom Marquis de Sade beschriebenen Sexualfantasien verursachten schon zu seinen Lebzeiten Skandale und man sollte wissen, dass der Begriff ";Sadismus"; von de Sades Namen abgeleitet wurde. Fast den größten Teil seines Lebens verbrachte der Marquis, der mit vollem Namen Donatien Alphonse Francois heißt, im Gefängnis. Einige der Mägde und Huren, mit denen er seine perversen Fantasien auslebte, zeigten ihn an, doch Renée Pélagie de Montreuil hält Zeit seines Lebens zu ihm. Eine bloße Konventionalehe, die de Sade reicher, Renée unglücklicher macht, wurde von den Eltern arrangiert und dem Marquis ist dadurch das Geld für seine Umtriebe gesichert. 

Der Titel des Buches führt den Leser ein wenig in die Irre. Zwar heißt er ";Die Marquise de Sade. Roman einer Ehe";, jedoch fließen zahlreiche Anmerkungen der Autorin in den Text ein, die in einem Roman eigentlich nichts zu suchen haben. Meistens handelt es sich hierbei um Blicke in die Zukunft alá ";Doch sie würde nie wieder glücklich sein.";. Sätze wie diese zerreißen teilweise die belletristische Struktur und unterbrechen den Lesefluss. 

Ein historisches Frauenschicksal

Doch was erfährt man eigentlich über die im Titel genannte Frau, die nicht nur einen bestialischen Mann ertragen musste, sondern auch noch bis fast zum Ende ihrer beider Leben bei ihm blieb und ihm beistand? Leider nicht sehr viel. Die meisten Ereignisse, die ein Leben prägen, werden nur kurz angeschnitten, wie zum Beispiel die Geburt der drei Kinder der Marquise. (Dies wäre allerdings – historisch betrachtet – womöglich entschuldbar, da die Frauen höheren Ranges ihre Kinder von Ammen versorgen ließen. Vielleicht war eine Geburt damals tatsächlich nichts Besonderes, außer, dass die Familien sich Erben erhofften. Eine Geburt von damals ist mit der, die es heute in Industriestaaten wie Deutschland gibt, nicht vergleichbar.) Zwar bekommt der Leser stellenweise einen sehr guten, authentischen Einblick in die Seele dieser Frau, jedoch hält dies nicht das ganze Buch über an. Auch die im Klappentext aufgeworfenen Fragen werden keinesfalls direkt beantwortet, der Leser kann sich nur seinen eigenen Reim auf die Marquise machen.

Einen sehr großen Teil nehmen andererseits das Leben und die Verfehlungen des Marquis ein. Das ist ganz klar, denn die Marquise de Sade wäre nicht dieselbe gewesen ohne ihren schrecklichen Mann, jedoch lässt der Titel den Leser mehr erwarten. Hier und dort wird erwähnt, dass über dieses und jenes, zum Beispiel über das Verhältnis des Marquis zu seinen Kindern, sehr wenig bekannt sei. Doch gehören derlei Bemerkungen in einen Roman? Gerade an solchen Stellen hätte es doch genügend Freiraum für Spekulationen gegeben – den die Autorin leider ungenutzt ließ. 

Spannung bleibt auf der Strecke

Auch der Schreibstil von Sibylle Knauss kann leider nicht überzeugen. Endlos lange Sätze werden immer verzwickter und sind am Ende kaum noch verständlich, weil man sich an den Anfang gar nicht mehr erinnern kann. Viele Ein- und Zweiwortsätze bestimmen den Text, der sich vor allem auch durch die nicht vorhandenen Anführungszeichen bei der wörtlichen Rede extrem schwer lesen lässt. Schnell bekommt der Leser den Eindruck, man wolle ihm den Genuss der Geschichte nicht gönnen und mache es ihm absichtlich schwer. Das Lesen ist anstrengend, nicht zur Abendunterhaltung geeignet. 

Die Spannung bleibt leider auf der Strecke, nicht nur wegen dem schwierigen Stil. Mehr historische Fakten, mehr Auszüge aus dem Leben der Familie de Sade wären wünschenswert gewesen, um diese Romanbiografie geistreicher, lebendiger zu machen. Knauss’ Stil erinnert stellenweise stark an einen inneren Monolog, was sich hervorragend eignet, um den Lesern die inneren Gefühle der Protagonisten verständlich zu machen – allerdings keinesfalls zum Spannungsaufbau beiträgt. 

Man muss sich eben durchbeißen

Höchstwahrscheinlich bleiben nach der Lektüre Fragen zurück, wie: Warum hat die Marquise so gehandelt? Warum empfand sie so etwas wie Liebe zu ihrem perversen Mann? Weshalb war sie glücklich in der Zeit, in der ihr Mann im Gefängnis saß und sie ihm nur Briefe schreiben konnte? Womöglich reicht die einmalige Lektüre des Romans kaum aus, um alles zu verstehen.

Wer sich auf ";Die Marquise de Sade"; und ihre Lebensgeschichte einlassen kann, und zwar trotz des anstrengenden Schreibstils und der fehlenden Anführungszeichen, darf ein zumindest interessantes Buch über eine außergewöhnliche Frau erwarten, allerdings ohne viele historische Fakten. Wer aber Spannung sucht, fesselnde Dialoge und große Gefühle, der ist mit diesem Buch leider schlecht beraten.

Die Marquise de Sade. Roman einer Ehe

Sibylle Knauss, Hoffmann & Campe

Die Marquise de Sade. Roman einer Ehe

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