Die Bucht des grünen Mondes
- Rowohlt
- Erschienen: Januar 2011
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- Rowohlt, 2011, Titel: 'Die Bucht des grünen Mondes', Originalausgabe
Eindrucksvolle Schilderung der Welt der Amazonas-Indianer
Kurzgefasst:
Berlin, 1896: Für die junge Fabrikantentochter Amely bricht eine Welt zusammen, als sie erfährt, dass ihr Vater sie mit einem deutlich älteren Verwandten verheiraten will. Kilian Wittstock ist märchenhaft reich - und er lebt am anderen Ende der Welt. Als einer der mächtigsten Kautschukbarone beherrscht er das Amazonasgebiet. Schweren Herzens macht sich Amely auf die Reise über den Ozean. In Manaus erwartet sie ein fremdes, exotisches Leben voller Luxus und ein ebenso exzentrischer wie brutaler Ehemann. Erst als ein dramatisches Ereignis sie mit dem Indianer Aymáho zusammenführt, erfährt Amely, was Liebe bedeutet. Aymáho weckt in ihr tiefe Gefühle und nie geahnte Leidenschaft. Doch ihr gemeinsames Glück ist bedroht durch ein Geheimnis, das Aymáho in sich trägt.
Just als sich die junge Berliner Unternehmerstochter Amely mit Justin verloben möchte, eröffnet der Vater ihr, dass er sie einem wichtigen Geschäftspartner versprochen hat. Nicht genug damit, dass Kilian Wittstock wesentlich älter ist als sie, er lebt auch in Manaus. Gegen ihren Willen - aber dennoch aus Gehorsam gegenüber ihrem Vater - reist Amely nach Brasilien, vom Gedanken durchdrungen, möglichst ihr Bestes zu tun, um die Ehe mit dem ungeliebten Mann erträglich zu gestalten. In Manaus empfängt sie protziger Luxus - immerhin ist ihr zukünftiger Mann ein unermesslich reicher Kautschuk-Baron. Amely muss schnell erkennen, dass es hier zwei Welten gibt: jene der reichen Leute, deren Dekadenz keine Grenzen kennt und jene der Armen, die an Elend kaum zu überbieten ist. Die junge Frau ist ihrem brutalen Mann zunächst völlig ausgeliefert. Eingeschüchtert träumt sie vom verwegenen Glücksritter Felipe Da Silva, der im Dienste ihres Mannes steht. Auch er vermag den Reizen der jungen Frau seines Chefs nicht zu widerstehen. Doch da wird Amely von Amazonas-Indianern entführt. An der Seite des geheimnisvollen Aymáho lernt die junge Deutsche den Urwald und seine Bewohner von einer anderen Seite kennen.
Kind ihrer Zeit
Amely ist klar ein Kind ihrer Zeit. Sie versinkt zwar in Selbstmitleid - und das nicht nur auf der Reise von Deutschland nach Brasilien, sondern auch, als ihr frisch angetrauter Ehemann auf höchst unsensible Art sein Recht einfordert. Aber sie handelt, wie es eine junge Frau im Jahr 1896 auch tatsächlich getan hätte. Sie fügt sich dem Wunsch ihres Vaters und lässt sich zunächst auch auf den Luxus des Wittstock-Hauses in Manaus ein. Doch als sie die Augen vor dem Elend der Arbeiter nicht mehr verschließen kann, lehnt sie sich mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln auf - auch hier lässt Autorin Isabel Beto ein Maß an Emanzipation zu, das zur Epoche, in der der Roman spielt, passt. Die Naivität der jungen Frau weicht nach und nach einem Verstehen - und damit einer zunehmenden Reife. Dies stellt die Autorin schlüssig dar. Schön ist die Entwicklung, die Amely in ihrer Zeit bei den Indianern durchmacht: Sie wird nicht plötzlich zur Superheldin, die alles Unbekannte willkommen heißt, sondern kann Ekelgefühle auch nach Monaten nicht vermeiden, wenn Affenhirn oder ausgehölte Schildkröten gereicht werden. Genau diese Zurückhaltung bei der Ausgestaltung der Hauptfigur macht Amely trotz ihrer bis zuletzt bewahrten Zickigkeit sympathisch.
Gesellschaftskritik eingebaut
Mit ihrer anschaulichen Schilderung der in Manaus herrschenden Dekadenz setzt Isabel Beto zur gekonnten Gesellschaftskritik an. Sie legt den Hintergrund dar und zeigt auf, in welcher Spirale sich einerseits die Reichen, andererseits aber auch die arme Bevölkerung bewegen. Zudem wird deutlich, mit welchen Mitteln die reichen Kautschukbarone ihre Männer "angeworben" haben und weshalb die Arbeit der Kautschuksammler so zerstörend war. Eindrücklich auch der Hintergrund, weshalb weiße Menschen Unglück über die einheimischen Stämme brachten, selbst wenn sie ihnen gutgesinnt waren und die Indianer entgegen dem damaligen Verhalten der Weißen nicht als Wilde sondern als Menschen begriffen. Das Zusammenfügen dieser kritischen Betrachtungen mit der Geschichte von Amely, die beiläufig erzählte Geschichte des Opernhauses im Urwald wie auch des Untergangs der Kautschuk-Barone und auch die Schilderungen des gesellschaftlichen Lebens und der Standesunterschiede der Menschengruppen machen das Buch zu einem tiefsinnigen Erlebnis.
Unglücklicher Titel
Obwohl der Titel Die Bucht des grünen Mondes sich aus dem Buch erklärt, ist er nicht ganz glücklich gewählt. In Zusammenhang mit dem eher lieblichen Cover, das einen Hauch Exotik versprüht sowie einem Schnörkelmuster auf dem Buchschnitt, macht das Taschenbuch auf den ersten Anblick den Eindruck, hier einen eher oberflächlichen Liebesroman vor exotischer Kulisse in Händen zu halten. Das wird dem doch überraschend vielschichtigen und spannenden Inhalt keineswegs gerecht. Zwar dürfte der Roman tatsächlich eher ein weibliches Publikum ansprechen, doch lohnt sich die Auseinandersetzung damit durchaus.
Isabel Beto, Rowohlt
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