Pflicht und Verlangen

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  • Erschienen: Januar 2011
  • 4
  • , 2011, Titel: 'Pflicht und Verlangen', Originalausgabe
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Bettina Weiß
851001

Histo-Couch Rezension vonDez 2011

Unterhaltsamer Roman aus dem England des frühen 19. Jahrhunderts

Kurzgefasst:

England im 19. Jahrhundert: Charlotte Brandon, die Tochter eines Paares, das einst durch seine unerlaubte Heirat einen gesellschaftlichen Skandal auslöste, wird nach dem Tod ihres Vaters von ihrem weichherzigen, aber schwachen Onkel adoptiert. Rasch muss sie erkennen, dass sie in ihrer eifersüchtigen Tante eine Feindin hat, die ihr kein gutes Leben gönnen will. Um das Familienvermögen zu sichern, soll sie - wie in ihren Kreisen üblich - bald mit einem möglichst reichen Schwiegersohn verheiratet werden. Da lernt sie den gut aussehenden Herrn des Nachbargutes kennen, Captain John Battingfield. Der weltoffene, wissenschaftlich hochinteressierte und sensible Marineoffizier verliebt sich heftig in die so schöne wie gebildete junge Frau, ist aber in einer unglücklichen Ehe gefangen. Obwohl Charlotte und John sich dagegen wehren, entwickeln sie schnell tiefe Gefühle füreinander. Vergeblich versuchen sie, der immer stärker werdenden Zuneigung zu widerstehen, um eine Katastrophe zu verhindern...

 

Eva-Ruth Landys Roman handelt von Freude und Leid einer jungen Frau, die mit dem Makel einer skandalösen Geburt in die Heimat ihrer Mutter kommt und dort ihren Platz finden muss. Im England des frühen 19. Jahrhunderts eine schwere Aufgabe. Charlotte Brandon ist nach dem Tod ihrer Eltern in Griechenland nach England zurückgekehrt. Dort angekommen wird sie in einem Mädchenpensionat untergebracht, da die Ehe ihrer Eltern vor Jahren einen Skandal auslöste und ihr dies die Familie noch immer anlastet. Nun ist die Schulzeit beendet und Charlotte kehrt auf den Familiensitz zurück. Ihr Onkel, Baronet Millford, scheint sich über ihre Anwesenheit tatsächlich zu freuen, zumal er angesichts der schweren Erkrankung erkennt, wie sehr sie ihm seit Jahren gefehlt hat. Der Empfang durch ihre Tante ist dagegen sehr frostig. Ihre Mutter hatte die Ehre der Familie verletzt und Charlotte ist ein Zeugnis dieses Skandals. Sie ist lediglich noch eine Handelsware, die möglichst passend zum Wohle des Familienvermögens verheiratet werden soll. Nur aus diesem Grund stimmt sie der Adoption der Nichte zu.

Aufbruchstimmung im Regency

Charlotte hingegen hat ganz andere Interessen: Ihr Wissensdurst ist durch das freie Leben mit ihren Eltern und die Forschungsarbeit ihres Vaters geweckt und will befriedigt werden. Ein Leben mit Stickarbeiten und Teegesellschaften kann sie dagegen nicht zufriedenstellen. In dieser Situation lernt sie bei einem Spaziergang den Nachbarn des Familiensitzes kennen, Captain John Battingfield. Beide verspüren eine Seelenverwandtschaft und verlieben sich ineinander. Eine Liebe, die jedoch nicht sein darf, denn Captain Battingfield ist schon verheiratet. Eine Affäre oder gar eine Scheidung sind undenkbar, es wäre ein Skandal unermesslichen Ausmaßes. Außerdem ist Lady Millford auf der Suche nach einem geeigneten, vor allem reichen Heiratskandidaten für ihre Nichte bereits fündig geworden: The right honourable Gaylord Terency scheint der perfekte Schwiegersohn. Dieser aber hat ein dunkles Wesen und ganz eigene Pläne mit Charlotte.

Angestammter Platz oder Bildung und Wissenschaft

In einer Zeit, in der Frauen vor allem die Aufgaben haben, liebreizend zu sein, ihrem Ehemann zu gehorchen und Kinder zu gebären, fühlt sich Charlotte in der Gesellschaft der englischen Oberschicht völlig fehl am Platz. Sie möchte sich Wissen und Bildung aneignen, die Arbeit ihres Vaters in der Altertumsforschung fortführen und eine Ehe als Partnerschaft im Gleichklang führen. Es gelingt der Autorin sehr gut, die Not von Charlotte zwischen ihren Pflichten als angenommener Tochter des Hauses und ihrem Verlangen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, zu beschreiben und zu entwickeln. Sie wirkt dabei sehr authentisch und nicht aufgesetzt. Selbst wenn das Streben einer Frau nach Bildung in diesen Zeiten nicht weit verbreitet ist, passt es zu Charlotte, und die Ursache, die zu diesem Streben geführt hat, ist nachvollziehbar. Auch die Charaktere der anderen Protagonisten werden sehr stimmig entwickelt, wenn auch das Hauptaugenmerk auf Charlotte und John liegt und dadurch die weiteren Personen ein wenig blass bleiben.

Die Spannung zwischen den Helden, die zueinander wollen, aber wegen der gesellschaftlichen Pflichten nicht zueinander dürfen, ist mit Händen zu greifen und glaubhaft erzählt. Das Buch entwickelt einen Sog, sie zu begleiten und für sie zu hoffen, dass sich ein gesellschaftlich akzeptierter Weg für sie finden wird. Charlotte wird auf ihrem Weg zu einem glücklichen und erfüllten Leben Gefahren und Schicksalsschläge durchleben müssen und daran wird sie wachsen. Auch wird sie eine glaubhafte Entwicklung nehmen, auf deren Weg der Leser sie gerne begleitet und mir ihr leidet und empfindet.

Berührende Liebesgeschichte und Entwicklungsroman

Der Roman ist viel mehr als eine Frau-in-Hosenrolle-Geschichte. Die Autorin verbindet eine sehr berührende Liebesgeschichte mit den im frühen 19. Jahrhundert herrschenden Konventionen einer strikten, sehr engen Gesellschaft, in der für individuelle Entwicklung einer Frau kein Platz zu sein scheint. Eine Welt, die auf Äußerlichkeiten und Status fixiert ist und dabei den Blick für das Individuum verliert.

In diesem Sinne steht der Roman tatsächlich in der Tradition von Jane Austen, wie der Klappentext verheißt. Allerdings geht der Autorin der leichte und ironische Ton einer Jane Austen doch etwas ab, so dass die Fußspuren ein wenig groß scheinen.

Ungeachtet dessen ein unterhaltsamer und berührender Roman, der wunderschöne Lesestunden beschert und den Leser zufrieden aus dem England des 19. Jahrhundert zurückkommen ließ.

Pflicht und Verlangen

Eva-Ruth Landys, -

Pflicht und Verlangen

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