Rabenschwarz
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- Erschienen: Januar 2002
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- , 2002, Titel: 'Rabenschwarz', Originalausgabe
Friedrich II. ist einmal mehr pleite
Sommer 1766: Über drei Millionen Taler hat der noch weitgehend im Rohbau befindliche Bau des Neuen Palais in Potsdam bereits verschlungen, doch ein Ende der Arbeiten ist noch in weiter Ferne. So werden, um die Kosten zu senken, Hilfsarbeiter in Person von hunderten Kriegsversehrten eingesetzt, was die Arbeiten keineswegs vorantreibt. Zudem kommt es immer wieder zu kleineren Sabotageakten, die auf allgemeine Unruhen in der Bevölkerung zurückgeführt werden. Da mehr Geld benötigt wird, sich Friedrich II. aber einmal mehr in höchster Geldnot befindet, sollen französische Geldeintreiber die marode Staatskasse füllen.
Vor allem, wenn man die Mengenangaben für Flüssigkeiten in zusätzliche Erwägung zog, konnte man leicht ins Schleudern kommen: Eine Tonne entsprach 100 Quart, 60 Quart indes ergaben einen Eimer bzw. 10 Viertel. Wieso galten aber acht Achtel als eine Tonne? Hatte das seine Richtigkeit? Viereinhalb Eimer waren eine Pipe, drei Eimer ein Oxhoft, zwei Eimer ein Ohm, ein Eimer zwei Anker. Übrigens entsprach die Tonne zweieinhalb Scheffel; ein Scheffel galt soviel wie vier Viertel zu 4 Metzen. Es war schlicht zum Verrücktwerden!
Schnell stellt sich heraus, dass damit der Bock zum Gärtner gemacht wurde, denn bei dem Eintreiben immer neuer und immer höherer Steuern geht an den zuständigen Packhöfen längst nicht alles mit rechten Dingen zu, wie der preußische Beamte Karl Ludwig Siedemann herausfindet. Doch bevor dieser seine Kollegen beim König anschwärzen kann, baumelt sein Leichnam eines Tages vom Balkon der gerade neu eingerichteten Königlichen Generalzoll- und Akziseadministration. Als wenig später der seit geraumer Zeit vermisste Baumeister Julian van der Heyden ausgerechnet bei der Eröffnung eines neuartigen Fontänesystems im Garten von Schloss Sanssouci unter ebenfalls denkwürdigen Umständen ermordet aufgefunden wird, bittet Friedrich II. erneut seinen in Kriminalermittlungen routinierten Zweiten Hofküchenmeister Honoré Langustier, die Polizei von Potsdam und Berlin zu unterstützen ...
In Berlin hat die marodierende Canaille einen Packhofinspektor aufgeknüpft! Es kömmt mich kaum glaubhaft vor, doch lagen bei der Amtsdepesche auch zwei Briefe vom Regiegeneral de Chambois und dem Polizeipräfekten Philippi, die es sicher und bezweifelbar machen. Bei der Vorstellung, dass die Berliner meine Steuerbeamten massakrieren, kann ich kaum an mich halten, nicht alle Steuerverweigerer gleich sofort lassend zu füsilieren! Man fand den braven Mann gegen die achte Morgenstunde mitten in der Stadt, an Donners Haus am Festungsgraben, aufgeknüpft an die Baluster-Kolonnade am Balkone! Und jetzt der Baumeister in der Ruinenschüssel, Langustier, sie wollen mir am Ende auch noch massakrieren!
Drei Kriege hat Friedrich II. überstanden und nun das! Er hat kein Geld mehr, möchte aber neben einer neuen Wasserleitung zum Betrieb der Fontänen in Sanssouci zusätzlich den Neuen Palais zügig fertig stellen lassen und das Volk will es ihm nicht danken. Bei den Fontänen bedient sich derweil sein Fontänenmeister eines neuartigen Wunderwerkes, einer Dampfmaschine des Engländers James Watt. Doch beim Neuen Palais will einfach nichts klappen, woran die anspruchsvollen Pläne Friedrichs II. und der Einsatz zahlreicher Kriegsversehrter nicht unschuldig sind.
Historische Ereignisse mit Fiktion verknüpft
Die neu hinzugezogenen französischen Finanzbeamten gehen rücksichtslos gegen die Bevölkerung vor und vermuten überall Konterbande, schließlich müssen sie hohe Steuereinnahmen erzielen, hängt von diesen doch die Höhe ihres eigenen Gehalts ab. Wie immer gelingt es Tom Wolf, die historischen Ereignisse (hier des Jahres 1766) mit einer fiktiven Kriminalhandlung glänzend zu verknüpfen. Der Protagonist ist wie immer der Zweite Hofküchenmeister Honoré Langustier, der ein Jahr zuvor (1765) sein 25-jähriges Dienstjubiläum bei Friedrich II. hatte. Doch die Zeit ist an dem inzwischen 61 Jahre alten Meisterkoch nicht spurlos vorüber gegangen und so hadert er mit dem Schicksal, welches ihm die aktuellen Mordfälle bescheren. Da je eine Leiche in Berlin und in Potsdam gefunden wurde, bedeutet dies nämlich häufige Droschkenfahrten auf den mit Schlaglöchern übersäten Straßen. So ist es zumindest ein kleiner Lichtblick, dass ein neuer Unterkoch ihm bei seinen kriminalistischen Betätigungen ein wenig Laufarbeit abnehmen kann.
Wie bei einer Serie üblich begegnen einem viele Figuren wieder. Doch in Rabenschwarz ist dies ein wenig anders, da beispielsweise der von Langustier geschätzte Königliche Generalchirurgicus Eller vor einigen Jahren starb. Zudem ist Langustiers Tochter Marie neu verheiratet, nachdem ihr erster Ehemann im Siebenjährigen Krieg gefallen ist. Besonders überraschend ist in Rabenschwarz, dass auffallend wenig gekocht wird. So selten sah man Langustier selten in der Küche, was bedauerlich ist, brutzelte er dort mitunter arg seltsam anmutende Gerichte zusammen. Dennoch, für Kenner und Freunde der Serie, ein weiterer lesenswerter und spannender Fall, bei dem selbst der Meisterkoch in ärgste Bedrängnis gerät.
Tom Wolf, -
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