Die Versuchung des Elias Holl
- Gmeiner
- Erschienen: Januar 2012
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- Gmeiner, 2012, Titel: 'Die Versuchung des Elias Holl', Originalausgabe
Erbitterte Rivalität um den Bau des Augsburger Rathauses
Kurzgefasst:
Augsburg 1614. Der Baumeister Elias Holl erhält den Auftrag seines Lebens - er soll ein neues, epochales Rathaus entwerfen. Der Zenit seiner Karriere, doch droht die Aufgabe sein Verhängnis zu werden: Elias muss sich nicht nur Intrigen erwehren, auch die Liebe zu Lia, einem blutjungen Mädchen, dessen Vergangenheit ein erschütterndes Geheimnis birgt, zieht ihn immer stärker in den Sog von Eros, Angst und Lüge...
Elias Holl wähnt sich am Ziel seiner Träume: In Augsburg soll ein neues Rathaus gebaut werden. Für den Stadtbaumeister ist klar, dass nur er als Architekt für das Gebäude in Frage kommt und sich auf diese Weise in einem aufsehenerregenden Bauwerk verewigen kann. Doch bei der alles entscheidenden Ratssitzung sieht er sich plötzlich einem Rivalen gegenüber: Matthias Kager, bis dahin loser Freund von Elias Holl, kommt ebenfalls als Architekt in Frage. Der Rat beauftragt die beiden Fachmänner, Pläne einzureichen. Nebst dem Schock über die unerwartete Konkurrenz - Elias Holl hatte Matthias Kager für einen guten Fassadengestalter, nicht aber für einen Architekten gehalten - kämpft der Stadtbaumeister auch mit gewichtigen persönlichen Problemen. Seine Frau Rosina ist seit der Geburt des jüngsten Kindes schwer krank und der verzweifelte Holl vermag einfach kein Mädchen zu finden, das die Familie - insbesondere aber Rosina und das Baby - betreuen könnte. Es scheint ein ungleicher Kampf, zumal Matthias Kager in seiner Frau Ibia eine Muse hat, die ihn tatkräftig unterstützt.
Kampf auf verschiedenen Ebenen
Der Architekt Elias Holl hat in diesem Roman einige Kämpfe auszufechten und dies gleich auf ganz verschiedenen Ebenen. Einerseits möchte er mit dem Bau des Rathauses sein Genie beweisen, was ihn psychisch unter Druck setzt. Andererseits kommt er nicht umhin, den Vorschlägen von Matthias Kager ein gewisses Maß an Respekt zu zollen, was ihm einiges an Energie abverlangt. Aber auch privat läuft nichts so, wie es sollte: Schon zum zweiten Mal droht ihm eine Ehefrau nach der Niederkunft zu sterben. Und hat Elias Holl seine Rosina eben noch für ihre Kräfte bewundert, so fürchtet er sich nun vor dem Moment, in dem sie ihn verlassen könnte. Mit den Mägden, die er zur Entlastung einstellt, scheint er keine glückliche Hand zu haben. Sehr schön hat Axel Gora den inneren Konflikt, der in Elias Holl tobt, dargestellt. Er bringt es durch den geschickten Wechsel der Erzählperspektive fertig, einen vielschichtigen Roman zu konzipieren, der die Situation der beiden Rivalen sehr gut auffängt und darstellt.
Ich-Erzähler Holl
Da ist zunächst Elias Holl, der seinen Teil der Geschichte in Ich-Form erzählt und den Leser dadurch sehr nahe an sich heran lässt. Etwas distanzierter bleibt Matthias Kager, dessen Schicksal von einem unbekannten Erzähler präsentiert wird. Durch die wachsende Verzweiflung Holls, die in einen zermürbenden Kampf mündet, bekommt Kager in seiner eigenen Ruhe jedoch Oberwasser und wirkt weniger gehässig als sein Rivale, der sich immer tiefer in die Situation hinein steigert. Die Entwicklung der beiden Männer wie auch die Rolle, welche die jeweilige Ehefrau spielt, wurde vom Autor Axel Gora hervorragend herausgearbeitet und präsentiert. Es ist dem Leser auf diese Weise möglich, die Situation beider Beteiligten als Zuschauer zu erleben und so die wechselseitige Rivalität nachzuempfinden.
Einblick in die Denkweise reicher Bürger
Sehr schön gelungen ist Axel Gora aber auch das Sittenportrait der Stadt Augsburg Anfang des 17. Jahrhunderts. Der Autor vermag durch den geplanten Bau des Ratshauses die Denkweise der reichen Bürger aufzugreifen und ihre Motivation darzustellen, der Stadt mit einem alles überstrahlenden Rathaus mehr Gewicht zu geben. Geschickt hat Axel Gora die Beschreibung des historischen Augsburgs in den Roman eingeflochten und auf diese Weise eine spannende Lektüre geschaffen. Dies, obwohl die ganz großen Spannungsmomente eher fehlen, ist doch "Die Versuchung des Elias Holl" eher ein Roman der ruhigeren Töne mit einer vorwiegend auf der psychischen Ebene ablaufenden Ebene.
Den einen Lesern mag es in diesem Buch zu wenig dramatische Ereignisse geben. Wer aber auf der Suche nach einem Roman ist, der einen vertieften Einblick in die einstigen Verhältnisse bietet, wird hier wunderbare Unterhaltung finden. Axel Gora bestätigt mit diesem zweiten Teil seiner Renaissance-Trilogie sein schreiberisches Können und Erzähltalent.
Axel Gora, Gmeiner
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