Seelenfeuer
- Hoffmann & Campe
- Erschienen: Januar 2012
- 7
- Hoffmann & Campe, 2012, Titel: 'Seelenfeuer', Originalausgabe
Hebammen, Hexen und Inquisition
Kurzgefasst:
Die neunzehnjährige Luzia Gassner wird im Jahr 1483 die neue Hebamme von Ravensburg. Sie verlässt sich bei ihrer Arbeit nicht auf Gebete, sondern auf die Kräuterheilkunde und ihren medizinischen Sachverstand. Damit rettet sie vielen Frauen und Neugeborenen das Leben. Damit fordert sie aber auch den Hass des mächtigen Kaplans heraus. Als ein Hagelunwetter und die Pest die Stadt verwüsten, holt der Kaplan den päpstlichen Inquisitor nach Ravensburg. Luzia wird der Hexerei angeklagt und in den Kerker geworfen. Einzig ihr Onkel und der Medicus Johannes von Wehr glauben an ihre Unschuld. Johannes bleiben nur wenige Tage, um Luzia, die Frau, die er liebt, vor dem Tod auf dem Scheiterhaufen zu retten.
Hebamme in Ravensburg: Luzia Gassner überlegt es sich gut, ob sie die Nachfolge ihrer Mutter antreten soll. Seit sie bei ihrer Tante am Bodensee lebt, hat sich ihr Leben zum Besseren gewendet. Doch Luzia weiß, dass es in dem kleinen Ort kein Auskommen für zwei Hebammen gibt. So entscheidet sie sich 1483 zur Rückkehr nach Ravensburg - und damit dazu, sich den Geistern ihrer Vergangenheit zu stellen. Denn es war nicht nur ihre Mutter, die ihr einst das Leben schwer gemacht hatte. Kaplan Grumper hatte das Mädchen über Jahre hinweg systematisch gequält. Die inzwischen recht selbstbewusste Luzia, die über einige übernatürliche Fähigkeiten verfügt, lässt sich nicht mehr so leicht einschüchtern. Auch nicht von der bigotten Grete, die Gebärenden einredet, sie bräuchten keine medizinische Hilfe sondern lediglich ihre Gebete. Luzia ist Grete ein Dorn im Auge und so tut die Ravensburgerin alles, um der jungen Frau zu schaden. Als Kaplan Grumper Luzia als Hexe "enttarnt", soll Inquisitor Heinrich Kramer ihr den Prozess machen und sie auf den Scheiterhaufen bringen.
Viel Wissen über Heilpflanzen
Autorin Cornelia Haller verbindet den Roman mit ihrer zweiten Passion, dem Heilen. So hat sie an verschiedenen Stellen ihr großes Wissen über Heilpflanzen eingebaut und lässt ihre Heldin auch immer wieder über Pflanzen, ihre lateinischen Namen oder ihre Wirkung dozieren. Hier legt die Autorin die Grundlage für das, was der Protagonistin später widerfährt. Allerdings verlangsamt sich die Geschichte in diesen Passagen auch entsprechend - und es ist dem an sich starken Plot zu verdanken, dass die Handlung schnell wieder Fahrt aufnimmt und sich die zwar informativen, aber etwas ausgedehnten Szenen nicht als Bremse erweisen. Cornelia Haller geht ganz dicht ans Geschehen heran und lässt die Leser sowohl an den Gedanken als auch an den Gefühlen Luzias teilhaben.
Klischee bedient
Obwohl Luzia eine sympathische Identifikationsfigur ist, folgt sie auch etwas zu sehr einem Klischee: Ihre roten Haare, die seherischen Fähigkeiten und der schwarze Kater Nepomuk gehören da ebenso hinein wie die Arbeit als Hebamme und die Kräuterkunde. Hier begibt sich die Autorin auf ein rutschiges Parkett, ihre Protagonistin gerät dicht an die Grenze zum stark strapazierten, landläufigen Bild einer "Hexe". Es wäre aber sehr bedauerlich, wenn der Roman von Cornelia Haller aufgrund solcher Äußerlichkeiten in eine falsche Ecke geschoben würde. Die intensiven Recherchen der Autorin lohnen die Auseinandersetzung mit dem Thema allemal, und man mag es ihr nachsehen, dass sie dem traditionellen Bild gefolgt ist und somit Luzia ein Klischee bedient.
Liebe zur Region
Sehr stark zum Ausdruck kommt letztlich auch die Verbundenheit der Autorin mit der Region Bodensee. Sie zeichnet ein liebevolles Bild von Seefelden und seinen Bewohnern, auch das Kloster Reichenau findet durchaus wohlwollende Worte. Düster wird es hingegen in Ravensburg. Der grobe Torwächter und die Bevölkerung, die sich schnell zum Mob zusammenrottet, gehören genau wie die kirchlichen Vertreter zu einem ganz anderen Menschenschlag. Man mag sich allerdings aufgrund der ganzen Geschichte immer wieder die Frage stellen, weshalb es Luzia in diese Stadt zurückgezogen hat.
Gelungener Auftakt
Alles in allem ist Cornelia Hallers Debüt Seelenfeuer gelungen. Die Autorin hat den Zeitgeist des 15. Jahrhunderts gut eingefangen und umgesetzt, versteht es, Spannung aufzubauen und vermag es auch, eine gefühlvolle Geschichte zu erzählen. Ganz stark sind jedoch jene Passagen, in denen Cornelia Haller die schmerzvollen Stunden einer Geburt beschreibt, die Angst im Gefängnis oder auch die widersprüchlichen Gefühle, die Luzia hegt, als sie sich durch einen Schneesturm zu einer Gebärenden durchkämpfen muss. All diese Szenen zeichnen sich durch eine mitreißende Schilderung und starke Bilder aus.
Cornelia Haller, Hoffmann & Campe
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