Die Pestspur
- Gmeiner
- Erschienen: Januar 2012
- 1
- Gmeiner, 2012, Titel: 'Die Pestspur', Originalausgabe
Verschwörung und Mord in Staufen
Kurzgefasst:
Staufen im Jahre 1634. Die Pest wütet im Allgäu, in der Bevölkerung herrscht Angst. Lodewig und sein kleiner Bruder Diederich, Söhne des Kastellans Ulrich Dreyling von Wagrain, belauschen auf dem Friedhof ein folgenschweres Gespräch zwischen dem Totengräber und einem Unbekannten. Unfreiwillig werden sie dabei zu Mitwissern eines schrecklichen Geheimnisses. Als ein Geräusch die Jungen verrät, können sie gerade noch entkommen, werden jedoch von nun an unbarmherzig verfolgt. Obwohl statt ihrer zwei andere Knaben umkommen, schweben die beiden in ständiger Lebensgefahr. Und dann scheint auch noch die Pest ihre Opfer zu fordern.
Staufen im Jahr 1634: Der siebzehnjährige Lodewig und sein sechsjähriger Bruder Diederich belauschen auf einem Friedhof zufällig ein Gespräch. Die beiden Söhne des Kastellans hören eine finstere Unterhaltung zwischen dem Totengräber und einem Unbekannten. Lodewig wird nicht wirklich schlau aus dem Gehörten, doch es scheint sich um ein kriminelles Geschäft zu handeln.
Ein Geräusch verrät die beiden. Sie flüchten, aber die Männer hören einen Namen. Für sie steht fest, dass die beiden Jungen zu gefährlichen Mitwissern geworden sind und ausgeschaltet werden müssen. Da sie den Namen falsch verstanden haben, stirbt zunächst ein anderes Geschwisterpaar an ihrer Stelle.
Doch Lodewig und Diederich sind damit nicht außer Lebensgefahr. Auch Lodewigs erste Liebe Sarah und ihre jüdische Familie werden bedroht. Und zu allem Überfluss scheint auch noch die Pest wieder ausgebrochen zu sein und rafft die Menschen gleich dutzendfach dahin ...
Von der Pest, die keine war
Ein bisschen Krimi, ein bisschen Gesellschaftsporträt und ein bisschen Liebesgeschichte ist dieser Roman, der den Leser ins Staufen des 17. Jahrhunderts entführt. Im Mittelpunkt steht die Familie des Kastellans, dessen jüngster und mittlerer Sohn durch einen Zufall plötzlich in Lebensgefahr schweben. Die Tragik liegt darin, dass Lodewig nur Wortfetzen beim Gespräch zwischen dem Totengräber und dem Unbekannten - dem Medicus - versteht, die den beiden Männern gar nicht gefährlich würden - sie allerdings gehen davon aus, dass er ihren mörderischen Plan gehört hat und eine Gefahr für sie bedeutet. Schnell erfahren die Eltern der Jungen davon und fürchten nun zu Recht, dass ihre Kinder ausgeschaltet werden sollen. Der Totengräber ist bald darauf spurlos verschwunden, doch leider ahnen der Kastellan und seine Familie nicht, wer der andere Gesprächspartner war. Spannung bezieht der Roman zum einen aus der Frage, ob den Jungen noch etwas geschieht und zum anderen aus dem Mordkomplott der beiden Männern: Ihr teuflischer Plan sieht vor, dass der Medicus die Menschen der Dorfgemeinschaft mit giftigen Kräutern erkranken und sterben lässt, nicht ohne sich zuvor die Behandlungen fürstlich bezahlen zu lassen. Zudem lässt er den Anschein erwecken, die Menschen seien an der Pest gestorben. Der Totengräber wiederum soll daran verdienen, dass er sich teure Särge bezahlen lässt und die Verstorben dann heimlich ohne Sarg begräbt - aus Angst vor Ansteckung besteht keine Gefahr, dass die Verwandten der Beisetzung beiwohnen wollen.
Viele Details zum damaligen Leben
Trotz der mörderischen Machenschaften darf der Leser hier allerdings keine atemberaubende Verfolgungsjagd erwarten. Je weiter die Handlung fortschreitet, desto mehr gerät die scheinbare Mitwisserschaft der beiden Jungen in den Hintergrund. Mehr und mehr dominieren die detaillierten Schilderungen, die ins Leben der dörflichen Gemeinschaft einführen. Ganz nebenbei werden interessante Informationen eingeflochten, etwa der Ablauf der Messe, zum Stand der Medizin, zu rechtlichen und organisatorischen Angelegenheiten jener Zeit. Vor allem der harte Winter zeigt die schweren Bedingungen, unter denen insbesondere die Armen der Bevölkerung litten. Der Leser erfährt, wie die Menschen der damaligen Zeit gekleidet waren, wie sie ihre Speisen zubereiteten, wie sie ihre Berufe ausführten und welchen Rang sie in der Gesellschaft einnahmen. Anhand von Familie Bomberg wird außerdem deutlich das Leben der Juden zu jener Zeit illustriert sowie die Schwierigkeiten, die sich ergeben, wenn ein christlicher junger Mann sich in ein jüdisches Mädchen verliebt. Das Ende bietet zwar einen gewissen Abschluss und klärt die wichtigsten Fragen, doch es scheint auch offenkundig, dass eine Fortsetzung folgen wird.
Die Sprache ist generell bemüht, nicht zu modern zu klingen und es werden zahlreiche zeitgenössische Ausdrücke benutzt - zum Verständnis sind sie kursiv gedruckt und werden im Anhang erläutert. Ab und zu schleichen sich aber dennoch zu moderne Formulierungen ein, etwa wenn einmal von "ausrasten" die Rede ist, was im Zusammenhang etwas zu salopp klingt. Trotz der Worterklärungen bleiben auch immer noch vereinzelte Ausdrücke, die nicht unbedingt jedem Leser bekannt sein werden, wie etwa "anpfurren". Erfreulich sind die bildlichen Darstellungen der damaligen Stadt und des Schlosses mitsamt Grundriss, die einen guten Überblick verschaffen.
Etwas negativ fällt im gesamten Roman immer wieder auf, dass zu viele Erklärungen für Handeln und Charakter der jeweiligen Figuren geliefert werden. Das betrifft vor allem die beiden Schurken, den Medicus und den Totengräber. Immer wieder wird betont, wie schlecht sie sind und was sie sich alles finsteres bei ihren Worten und Taten denken - das allerdings merkt der Leser von selbst und er muss nicht immer wieder erfahren, wie "skrupellos" die beiden sind. Auch die Vorstellungen der einzelnen Personen im Anhang sind zwar gut gemeint, aber ein bisschen zu ausführlich geraten: Jede Figur wird noch charakterlich beschrieben, als wolle man dem Leser dabei Denkarbeit abnehmen; es hätte sicherlich gereicht, einfach den Beruf und das Alter der Figuren zu nennen, damit man sie schnell zuordnen kann. Ein bisschen fraglich ist außerdem, dass sich die beiden Halunken so viel Zeit damit lassen, die vermeintlichen Mitwisser auszuschalten. Ihnen müsste klar sein, dass die Kinder noch am gleichen Tag womöglich ihre Eltern eingeweiht haben und es dann nichts mehr nutzt, sie umzubringen.
Fazit: Trotz kleiner Schwächen ein unterhaltsamer Roman, der das Staufen des 17. Jahrhunderts näher bringt.
Bernhard Wucherer, Gmeiner
Deine Meinung zu »Die Pestspur«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!