Das Nest der Nachtigall
- Pendo
- Erschienen: Januar 2012
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- Pendo, 2011, Titel: 'Odore di chiuso', Originalausgabe
Italiens Meisterkoch wird Detektiv
Kurzgefasst:
1895: Pellegrino Artusi, ebenso berühmter wie beleibter Feinschmecker, ist zu Gast auf einem idyllisch gelegenen Schloss in der Toskana. Der Autor der im ganzen Lande beliebten Gourmet-Bibel »Von der Wissenschaft des Kochens und der Kunst des Genießens« soll Baron Bonaiuti und seiner exzentrischen Familie ein paar Tage Gesellschaft leisten. Doch sein Ruf als Kulinariker hilft ihm hier nicht viel, denn schon bald sind seine kriminalistischen Fähigkeiten gefragt: Man findet den Haushofmeister tot in der Küche auf - vergiftet! Als kurze Zeit später auch noch der Baron selbst von einem Jagdgewehr an der Schulter getroffen wird, ist Artusis ganzer Spürsinn gefragt, um das junge Zimmermädchen Agatina zu entlasten. Denn die wird vorschnell von allen für die Mörderin gehalten...
Im Frühsommer des Jahres 1895 begibt sich der Gourmet und Verfasser eines Kochbuchs Pellegrino Artusi auf Einladung des Barons Bonaiuti auf dessen Landsitz, um dort ein paar ungestörte Tage zu verbringen. Die Gesellschaft, die hauptsächlich aus Familienmitgliedern des Barons besteht, langweilt sich unendlich, als eines morgens der Majordomus des Barons tot in einer Kammer aufgefunden wird.
Kurze Zeit später wird der Baron persönlich auf einer Jagd angeschossen und das ruft die Polizei auf den Plan. Während sich die Gesellschaft durchaus durch die Ermittlungen in ihrer unendlichen Langeweile gestört fühlt, gelingt es Pellegrino, ein paar Aspekte zur Aufklärung des Falls beizusteuern. Dazu gehört auch, das äußerst verdächtige Zimmermädchen Agatina zu entlasten, die alle für die Mörderin halten. Aber wer ein Kochbuch komponieren kann, sieht auch detaillierter in den Bereich der Verbrechensaufklärung.
Ein Mord stört die Langeweile
Der italienische Autor Marco Malvaldi hat bislang nur zeitgenössische Krimis veröffentlicht und legt nun seinen ersten Kriminalroman vor, der im 19. Jahrhundert spielt. Mit lockerer Zunge erzählt er die Geschichte und kann sich zwischendurch den einen oder anderen Kommentar des Autors zum Geschehen nicht verkneifen. Das ist ungewohnt zu lesen und damit fällt auch die Intensität der Geschichte gelegentlich aus dem Rahmen, ist aber, zugegeben, recht amüsant. Wortreich drechselt der Autor seine Phrasen, manchmal etwas zu gekünstelt, doch immer mit Humor. Besonders die gepflegte Langeweile der Familie hat es ihm angetan.
Kuriose Familienmitglieder
Überhaupt, die Familie. Da gibt es genügend kuriose Gestalten, die so mancher vielleicht aus seiner eigenen Familie wiedererkennen wird. Ein älteres Schwesternpaar, das mürrisch ist und überall seinen Kommentar abgibt, zwei Söhne und eine Tochter des Barons, die vielleicht ihr Erbe im Auge haben, und das Personal hat Verhältnisse untereinander und vielleicht auch mit dem Baron oder einem seiner Söhne, wie das auf dem Land nun einmal so ist und auch entsprechend kommentiert wird. Doch irgendwie bleiben sämtliche Charakterisierungen oberflächlich, und richtig warm wird man eigentlich mit keiner der Figuren.
Neben Pellegrino gibt es mit dem Fotografen Ciceri einen weiteren Sommergast, der gebeten wurde, ein paar Bilder des Barons zu machen. Glücklicherweise drückte er gerade in dem Moment ab, als die Schüsse auf den Baron abgegeben wurden, und so trägt auch er ausreichend zur Klärung der Vorfälle in Roccapendente bei. Das dies jedoch noch nicht das Ende der Geschichte ist, wird sich bald herausstellen.
Sprachlich sehr locker gehalten
Insgesamt ist Malvaldi ein locker-leichter Roman gelungen, der allerdings erst gegen Ende zu einem wirklich historischen Krimi wird, da die sich rasch ändernden politischen Verhältnisse in Italien mit für des Barons Situation verantwortlich sind. Bis dahin hätte der Roman problemlos heutzutage spielen können, hier hätte ein wenig mehr lokale Historie gut getan. So bleibt ein Kriminalroman, der keinen besonderen Tiefgang aufweist, weder sprachlich noch inhaltlich, und der sich erst gegen Ende durch die beigefügte Historie als kriminalistisch durchdacht erweist.
Der Roman ist leicht, manchmal zu leicht formuliert und mag vom Stil manchen Leser nicht zufrieden stellen. Aber 220 Seiten Unterhaltung sind allemal garantiert. Hinzu kommt noch ein Rezept für Thunfischpastete nach Zigeuner Art, dieses Gericht taucht des öfteren im Roman auf. Zwei Nachworte ergänzen den Roman sowie ein Ausschnitt aus einem anderen Roman Malvaldis, den man auch gerne hätte weglassen können, lässt er den Leser doch zuvor denken, der Roman sei länger. Unterm Strich kommt die Bedeutung Artusis für Italien nicht zum Vorschein, vielleicht tritt er ja noch ein weiteres Mal in einem neuen Fall in Erscheinung. Dann gerne mit etwas mehr Tiefgang.
Marco Malvaldi, Pendo
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