Die Feder folgt dem Wind
- TraumFaenger
- Erschienen: Januar 2010
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- TraumFaenger, 2010, Titel: 'Die Feder folgt dem Wind', Originalausgabe
Annäherung zweier Kulturen
Kurzgefasst:
Die Familie Bruckner lebt ein bescheidenes, aber durchaus zufriedenes Leben in Deutschland. So folgt Theresa ihrem Mann mit eher gemischten Gefühlen, als dieser 1863 nach Amerika auswandert. Nach dem Massaker an einem friedlichen Cheyennedorf am Sand-Creek durch weiße Soldaten überfallen die nach Rache sinnenden Cheyenne und verbündeten Lakota die abgelegene Farm der deutschen Familie. Schrecklich bemalte Indianer zerren Theresa aus dem Haus und entführen sie in eine Welt, die ihr völlig unbekannt und bedrohlich erscheint. Gestrandet in einem fortwährenden Alptraum, lehnt sie jede Annäherung ab und weigert sich die andere Sprache zu lernen. Auch Wakinyan-gleschka, der Mann, der sie eher aus Mitleid vor der Rache der Cheyenne bewahrt hat, weiß nichts mit der Frau anzufangen. In seinen Augen ist sie dumm und ungebildet, kaum in der Lage ein Tipi zu führen oder ihn im Bett zu erfreuen. Doch dann erreicht der Krieg der weißen Soldaten das Dorf der Brulé-Lakota, mit einer Brutalität, die Theresas Leben für immer verändern wird.
1863: Ohne große Begeisterung wandert Theresa Bruckner mit ihrem Mann, einem Schmied, aus. Er möchte in Amerika sein Glück machen. Doch der kleinen Familie ist kein Glück beschieden. Nicht nur, dass sie auf der Überfahrt einen herben Verlust erleidet, auch in der neuen Heimat läuft es nicht so, wie sich das der deutsche Schmied vorgestellt hatte. Bei einem Überfall der Cheyenne und Lakota auf die kleine Farm der Bruckners fällt Theresa in die Hände der wütenden Indianer. Sie wollen sich an den weißen Siedlern für einen brutalen Überfall auf das Dorf der Cheyenne rächen, bei denen auch Frauen und Kinder brutal niedergemetzelt worden waren. Bevor die Indianer Theresa massakrieren können, meldet der Lakota Wakinyan-gleschka seinen Anspruch auf die Frau an. Eben erst von einer Pocken-Erkrankung genesen, muss der Lakota mit seinen Gefühlen von Trauer und Wut klar kommen. Die Epidemie hat unter den Lakota gewütet und auch Wakinyan-gleschkas Familie vernichtet. Nun will sich der Lakota mit der weißen Frau wieder eine Gefährtin ins Zelt holen. Theresa scheint ihm zunächst dumm und ungebildet, sie weiß nichts von den Aufgaben einer Lakota-Frau. Für die verzweifelte Deutsche bricht eine harte Zeit an. Sie versucht, sich mit der Lebensweise der "Heiden" vertraut zu machen, hofft aber darauf, bald von Soldaten aus ihrer Lage erlöst zu werden. Nach und nach gewöhnen sich die Deutsche und der Lakota aneinander. Theresa beginnt, die fremde Kultur zu verstehen und ist überrascht davon, wie viel Niveau und Weisheit darin steckt. Aber auch Wakinyan-gleschka muss erkennen, dass er die fremde Frau völlig falsch eingeschätzt hatte. Je länger sie bei den Lakota lebt, desto unvermittelter bekommt Theresa jedoch auch den bitteren Überlebenskampf der Indianer mit.
Konfliktsituationen gut dargestellt
Die Autorin Kerstin Groeper beweist in ihrem Roman große Offenheit gegenüber fremden Welten. Sie stellt auf eine eingängige Art dar, weshalb sich die beiden Kulturen in wesentlichen Belangen mit Vorbehalten begegnen und das jeweilige Verhalten des anderen nicht verstehen können. Selbst als die Protagonisten bereit sind, ihren Widerstand gegen das Fremde aufzugeben und sich mit der bisher unverstandenen Kultur auseinander zu setzen, kommt es immer wieder zu Verletzungen und Missverständnissen. Da die Autorin den Weg gewählt hat, die Geschichte wechselweise aus der Sicht von Theresa und aus der Sicht von Wakinyan-gleschka zu schildern, kommt sehr deutlich zum Ausdruck, dass es sich um ein gegenseitiges Unverständnis handelt. Obwohl Kerstin Groeper ihre Affinität zu den Lakota offen legt, verhehlt sie nicht, dass Fanatismus auf der einen wie der anderen Seite zu den Konflikten geführt haben und es in allen Lagern Fehlverhalten gab. Dass die Indianer als Ureinwohner Amerikas von den weißen Siedlern rücksichtslos aus ihren angestammten Territorien vertrieben wurden, stellt die Autorin zwar als Tatsache in den Raum, sie macht aber auch deutlich, wie die Siedler selber hauptsächlich zum Spielball übergeordneter Interessen wurden und oft auch aus Mangel an Wissen über die vermeintlich gefährlichen "Wilden" gegen die Indianer vorgingen.
Einladung ins Zelt
Der Roman Die Feder folgt dem Wind ist eine eigentliche Einladung der Autorin an ihre Leserschaft, ihr ins Zelt der Lakotas zu folgen und sich dort mit der unbekannten Welt der Indianer vertraut zu machen. Kerstin Groeper nutzt die Geschichte von Theresa und Wakinyan-gleschka optimal, um mehr über die Lebensumstände der Lakota zu erzählen und dem Leser die Chance zu bieten, sich ein Bild von der Kultur der amerikanischen Ureinwohner zu machen. Sie tut dies ohne die oft bei Indianer-Romanen zu beobachtende Verklärung der Situation. Gemäß Groeper zeugt das Leben der Lakota von großem Verständnis für die Natur, doch ist dieses da und dort einigen Einschränkungen unterworfen. Etwa dort, wo es darum geht, das Heu der überfallenen Farmen als Futtermittel für die Ponys zu nutzen anstatt es zu vernichten. Eine besondere Hürde nehmen die Protagonisten in Groepers Roman mit der zwischenmenschlichen Annäherung. Sie müssen immer wieder feststellen, dass sie sich alleine aufgrund des fehlenden Wissens um die Welt, aus der der jeweils andere kommt, falsch verhalten und damit die Situation zusätzlich erschwert haben. In diesem Sinne kann der Roman auch als Plädoyer verstanden werden, sich mit der Fremdartigkeit einer anderen Kultur offen auseinanderzusetzen und zu versuchen, aufeinander zuzugehen, ohne Tabus zu brechen.
Ein Stück bewegender Geschichte
Wie bei allen Indianer-Romanen handelt sich auch Kerstin Groepers Roman um die langsame Zerstörung des Lebensraums und das Vertreiben der Ureinwohner aus den von den Weißen beanspruchten Gebieten. Kerstin Groeper schildert gegenseitige Massaker und Demütigungen - aber auch die Hilflosigkeit, mit der die Indianer letztlich dem nie versiegenden Strom vom Weißen in ihrem Land begegnen. Sie beschämt, ohne anzuprangern. Das tut sie in einer eingängigen Sprache und mit einer überzeugenden Geschichte. Obwohl die Autorin da und dort in die Details geht, kommt ihr Roman weitgehend ohne Längen aus und bietet gleichermaßen Unterhaltung wie Information auf hohem Niveau.
Kerstin Groeper, TraumFaenger
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