Flutgrab

  • Blanvalet
  • Erschienen: Januar 2012
  • 2
  • Blanvalet, 2012, Titel: 'Flutgrab', Originalausgabe
Flutgrab
Flutgrab
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Jörg Kijanski
851001

Histo-Couch Rezension vonApr 2012

Das Warten hat sich gelohnt!

Kurzgefasst:

Alle Lübecker fürchten und verachten ihn: den Bankier d'Alighieri. Er kennt jedes böse Geheimnis seiner Mitbürger. Ausgerechnet dieser Geldverleiher bittet Rungholt um Hilfe. Der bärbeißige Patrizier soll ihm entwendete Edelsteine wiederbeschaffen. Eine einfache Aufgabe, denkt Rungholt, doch dann wird eine Tagelöhnerfamilie bestialisch ermordet und ein Kinderschädel mit Runen gefunden. Rungholt ahnt: Die Edelsteine und die Toten hängen zusammen...

 

Juli 1394: Lübeck leidet bereits seit anderthalb Jahren unter einer großen Hungersnot, doch seit sechs Wochen hat sich die Lage noch einmal drastisch verschärft. Vitalienbrüder, gesetzlose Räuber zur See, greifen zunehmend sogar Hanse-Konvois an und kontrollieren die Seefahrt. Der Seehandel ist de facto zum Erliegen gekommen, die Preise für Lebensmittel sind für viele Menschen nahezu unbezahlbar. Auch für Rungholt, dessen Bierbrauerei fortlaufend rote Zahlen schreibt, wird die Situation zunehmend kritisch, denn der gierige Kredithai d'Alighieri hat es auf seinen Besitz abgesehen. Da bei Schwartau ein Handelszug von Rungholt vollständig zerstört wurde, kann Rungholt seine Schulden wohl kaum zurückzahlen. d'Ahlighieri, dessen wertvolle Edelsteine soeben gestohlen wurden, und Rungholt schließen einen Pakt: Wenn es Rungholt gelingt, binnen einer Woche die gestohlen Edelsteine einschließlich des Diebes zurückzubringen, werden ihm seine Schulden erlassen. Andernfalls verliert Rungholt sein Haus, seine Brauerei und sein Schiff.

Rungholt wittert ein einfaches Geschäft, doch sehr schnell gerät das Geschehen aus allen Fugen. Hatte er noch gerade den mysteriösen Tod einer jungen Frau untersucht, so bittet ihn nun Bürgermeister Dartzow erneut um Hilfe. In einer Kellerwohnung fand man vier grausam ermordete Personen, darunter auch einen kleinen Jungen. Bei näherer Untersuchung stellt Rungholt fest, dass der Junge ähnliche Verletzungen aufweist wie die junge Frau. Außerdem findet Rungholt einen Kinderschädel, über und über mit seltsamen Runenzeichen versehen. Zudem sind seit geraumer Zeit mehrere Kinder, ausnahmslos Jungen, wie vom Erdboden verschwunden. Die Stimmung in Lübeck heizt sich daher mehr und mehr auf, nicht wenige Handwerker wollen das Rathaus stürmen. Rungholt scheint der Fall über den Kopf zu wachsen, zu gerne würde er auf die Hilfe seines Kapitäns Marek Bolge zurückgreifen. Doch seit dem Überfall bei Schwartau fehlt von dem Schoner jede Spur...

Hoher Spannungsbogen

Eigentlich sollte Flutgrab schon vor einem Jahr erscheinen, aber womöglich war der Autor doch zu sehr mit seiner Ghost-Trilogie (Ghosthunter, Ghostfighter und Ghostmaster - 2009 bis 2011 im Loewe-Verlag erschienen) beschäftigt. Sei's drum, das Warten hat sich jedenfalls gelohnt.

 

 

Rungholt - wo immer Leichen sind, seid auch ihr.

 

Endlich darf der stets grantelige Patrizier wieder seine Nase in anderer Leute Angelegenheiten stecken. Dabei hat er wahrlich schon genug Probleme. Schulden und eine kaum funktionierende Brauerei, zunehmend Streit mit seiner Frau Alheyd, ein undichtes Dach von dem er soeben hinunterstürzte und seitdem starke Rückenschmerzen hat, die Sorge um seinen Freund Marek und dann ermittelt im Fall der verschwundenen Kinder ausgerechnet sein Intimfeind Hermann Kerkring. Natürlich will Rungholt beweisen, dass sein Widersacher völlig unfähig ist, die Kinder zu finden, und so kommt eines zum anderen. Währenddessen versinkt die Stadt in einem grandiosen Dauerregen.

 

 

Wegen der Flut hatten die meisten Lübecker die Deckel ihrer Gruben mit Felssteinen beschwert, Gryps´ Grube jedoch stand offen. Ihr Holzdeckel war längst fortgespült worden, und die Scheiße hatte sich mit dem Regen vermischt. Die obersten, recht flüssigen Schichten hatten sich gelöst und waren zum Großteil an die Hauswand, in die Schlehen und aufs Grundstück geflossen. Es stank bestialisch.

 

Erneut gelingt es Derek Meister seine Leser auf eindrucksvolle Weise in die damalige Zeit hineinzuversetzen. Die halbe Stadt steht unter Wasser und der Gestank der Kloake strömt einem förmlich entgegen. Da helfen auch gelegentliche Besuche im Badehaus nur begrenzt. Für alle Fans der Serie gibt es ein Wiedersehen mit zahlreichen Bekannten, der Spannungsbogen ist erneut ordentlich hoch und so darf bei aller Verwirrung und Vermischung der einzelnen Handlungsfäden gerne mitgeraten werden. "Scheiße, noch eins", ist ein Ausspruch, der so oder in ähnlicher Form vielleicht ein wenig zu oft fällt, aber den geifernden Protagonisten bei seinen cholerischen Ausrastern zu erleben, ist einmal mehr ein veritabler Spaß.

 

 

Aber mein Bauch grummelt. Und der grummelt nicht, weil ich nur Erbsen zu fressen kriege. An der Sache ist was faul. Der Büttel bringt mich zu einer Mauer, wo wir einen Kinderschädel finden. Und keine fünfzig Klafter entfernt wird ein Kind samt seiner Familie abgeschlachtet? Ein Kind, das entführt wurde und gerade heimgekehrt ist?... Der Hammermann war hier.

 

Wer lebendige Mittelalter-Romane liebt, kommt an der Rungholt nicht vorbei. Allerdings sollte man seine Abenteuer in der richtigen Reihenfolge lesen. Bleibt abschließend zu hoffen, dass der nächste Roman etwas zeitnaher erscheint.

Flutgrab

Derek Meister, Blanvalet

Flutgrab

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