Die unsichtbare Handschrift

  • Droemer-Knaur
  • Erschienen: Januar 2012
  • 1
  • Droemer-Knaur, 2012, Titel: 'Die unsichtbare Handschrift', Originalausgabe
Die unsichtbare Handschrift
Die unsichtbare Handschrift
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Rita Dell'Agnese
781001

Histo-Couch Rezension vonMai 2012

Geschichte mit Tempo und Hintergrund

Kurzgefasst:

Lübeck im Jahr 1226. Die junge Esther versteht es ausgezeichnet, aus den verschiedensten Zutaten Tinte zu mischen. Ihr größter Wunsch ist es, endlich den Kaufmann Vitus zu heiraten. Als Esther erfährt, dass der Rat der Stadt plant, Kaiser Friedrich II. eine Urkunde zu überbringen, in welcher Lübeck mehr Privilegien zugesichert werden sollen, kommt sie auf eine kühne Idee...

 

Lena Johannson ist zum historischen Roman zurückgekehrt. Mit Die unsichtbare Handschrift entführt sie ihre Leserinnen und Leser ins Lübeck des 13. Jahrhunderts. Die Stadt steht vor einer schwierigen Situation: Sie braucht dringend mehr Privilegien, um sich gegen die anderen Hansestädte behaupten zu können. Diese soll Kaiser Friedrich gewähren - allerdings, ohne sich dessen bewusst zu sein. Denn die Stadt möchte dem neuen Kaiser ein gefälschtes Dokument zur Unterzeichnung vorlegen, das einst des Kaisers Großvater Barbarossa verfasst haben soll. Die junge Esther sieht in diesem Streich der Lübecker ihre Chance, ihren Traum umzusetzen und den jungen Kaufmann Vitus zu heiraten. Als Schwester eines Schreibers versteht sie sich nicht nur hervorragend darauf, Tinte herzustellen, sie sieht auch eine Möglichkeit, das Dokument so abzufassen, dass es den Weg für sie und Vitus frei macht. Esther ahnt nicht, dass sie sich damit den Interessen mächtiger Kreise entgegen stellt. Sie geht unerschrocken ans Werk.

Mit dem Drama ums Kölner Stadtarchiv verknüpft

Die Autorin hat einen stimmigen und spannenden historischen Roman vorgelegt, der kaum Wünsche offen lässt - zumindest nicht im historischen Teil. Leider aber hat Lena Johannson der Geschichte einen aktuellen Bezug verpasst, der nicht nur sehr bemüht wirkt, sondern völlig überflüssig ist. Sie verknüpft die unglaubliche Geschichte um das gefälschte Dokument mit dem Einsturz des Kölner Archivs im Jahr 2009. Die handelnde Protagonistin der Gegenwart, Christa, wirkt jedoch hölzern und farblos, das Auffinden des geheimnisvollen Dokuments scheint etwas gar konstruiert zu sein. Selbst wer sich für die Rettung des Kölner Archivs persönlich stark macht, dürfte sich zumindest die Frage stellen, weshalb dieser Gegenwartsbezug unbedingt sein musste. Denn der historische Teil der Geschichte - und der macht immerhin weitaus die Mehrheit des Romans aus - hat sehr viel zu bieten und brauchte die zeitgenössischen Anhängsel nicht.

Eine mutige Heldin

Mit Esther hat Lena Johannson eindeutig eine Sympathieträgerin geschaffen. Sie ist kein Übermensch, der alle Hürden problemlos meistert, aber eine gewitzte und mutige Heldin, die bereit ist, für ihre Liebe Grenzen zu sprengen. Es gibt allerdings noch eine weitere Protagonistin, die Esther die Stellung als tragende Figur streitig machen könnte: Heilwig von der Lippe, verheiratet mit dem Grafen Adolf IV . von Schauenburg und Holstein. Die Adlige entdeckt nach und nach die schlechten Seiten ihres Gatten und rächt sich auf eine ganz spezielle Art dafür. Auch sie nimmt für ihre Rache einiges in Kauf und erweist sich als ebenso kluge wie mutige Persönlichkeit. Diese beiden so unterschiedlichen Frauen machen den Reiz des Romans aus. Ihre Machenschaften, die einem überaus ähnlichen Ziel dienen, kommen einander allerdings in die Quere. Denn keine ahnt, was die andere planen könnte.

Mehr als nur Beiwerk

Wie schon in ihren anderen historischen Romanen geht Lena Johannson auch hier in die Tiefe des Handwerks. Dieses Mal ist es das Schreiben, dem die Autorin einen nicht unerheblichen Teil des Romans widmet. Auf eine nahezu spielerische Art erklärt sie, wie Tinte hergestellt wird und wie schwierig es damals für die Schreiber war, zu überleben. Die mühelose Erzählung bewirkt, was kein Dozieren könnte: Die Leser lassen sich auf die Schilderungen ein und bekommen dadurch starke Bilder geliefert, die mehr als nur Beiwerk für einen Geschichte sind. Obwohl es auch in diesem Roman um Liebe geht, ist diese angenehm zurückhaltend und lässt genügend Raum für den eigentlichen Ablauf.

Hätte Lena Johannson die Sequenzen mit dem Kölner Archiv weggelassen, wäre Die unsichtbare Handschrift eine kleine Perle unter den historischen Romanen geworden. So erreicht er eine solide Stellung im Reigen anderer, ähnlich aufgebauter Romane, vermag sich aber nicht ganz über die Masse hinaus zu schwingen. Dennoch: Die Lektüre lohnt sich und wird manchen Fan von historischen Romanen in eine zauberhafte Welt entführen.

Die unsichtbare Handschrift

Lena Johannson, Droemer-Knaur

Die unsichtbare Handschrift

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