Das Schicksal der Eva Faschaunerin
- Rosenheimer
- Erschienen: Januar 1948
- 3
- Rosenheimer, 1948, Titel: 'Eva Faschaunerin', Originalausgabe
Was Hass und Neid anrichten können
Kurzgefasst:
Im Faschaun, mitten in der Kärntner Bergwelt, lebt ein uraltes Bauerngeschlecht, das den Namen des Berges trägt: die Faschauner. Eva, die schöne Hoferbin, verlässt ihre Heimat, um im Tal den Hörl-Bauern zu heiraten. Doch über ihrer Ehe liegen von Anfang an unheilvolle Schatten und ein in der Brautnacht ausgesprochener Fluch tut seine Wirkung. Nach dem mysteriösen Tod ihres Mannes steht Eva unter Mordverdacht und gerät in die Mühlen der Justiz. In einem unmenschlichen Prozess wird sie so lange gefoltert bis sie die Tat schließlich gesteht. Grundlage für diesen historischen Roman waren Gerichtsakten eines Prozesses, der im ausgehenden 18. Jahrhundert in Kärnten stattgefunden hat.
Eva lebt Ende des 18. Jahrhunderts als älteste Tochter mit ihrem Vater, der jüngeren Schwester Agathe, der Magd Liesl und dem Knecht David auf einem Bauernhof am Faschaun. Die ausgesprochen hübsche Frau schürt durch ihre stille und eher unnahbare Art den Unwillen der Dorfbevölkerung, da sie sich auf keine Gespräche und schon gar keinen Klatsch einlässt. Und dass die Siebenundzwanzigjähre immer noch nicht verheiratet ist und jeden Freier abblitzen lässt, tut noch sein übriges. Dabei hat Eva sich schon lange einem versprochen, dem Jakob, dem jungen Hörlbauern aus dem Dorf. Und dann heiratet sie ihn, den Jakob und meint, nun endlich glücklich sein zu können, als er sie am Hochzeitstag zu sich nach Hause bringt. Doch das Schicksal meint es anders, denn ein Fluch, den einer über das junge Paar ausspricht, scheint auf tragische Weise in Erfüllung zu gehen.
Begnadete Erzählerin
Schon nach wenigen Zeilen ist man von der außergewöhnlichen Sprache und dem ganz eigenen Erzählstil der Autorin beeindruckt. Sie fängt mit sehr schlichten, aber immens eindringlichen Worten die Atmosphäre des Bauerndorfes und ihrer Bewohner ein und vermittelt auf nicht fassbare Weise das Gefühl, dass etwas Schlimmes, Entsetzliches über der scheinbaren Idylle liegt.
Maria Steurer ist die Umgebung von der sie schreibt, bestens bekannt. Sie vermittelt dem Leser selbst das Gefühl, jeden Weg zu kennen, jeden Bauernhof schon besucht zu haben, ja, jeden Grashalm selbst zu sehen, den Blumenduft auf den Bergwiesen zu riechen und den Weg von Malta auf den Faschaun blind finden zu können. Steurer schreibt - man ist versucht zu sagen, ähnlich Stefan Zweig - mit einem ganz eigenen Pathos, der sich aber alles andere als negativ auswirkt, sondern dem Leser die Figur der Eva noch näher bringt. Mögen die einen oder anderen Sätze vielleicht etwas altmodisch angehaucht klingen, so erreicht die Autorin aber gerade mit diesem Stil die eindringliche Wirkung. Man wähnt sich eher in einem Film von Joseph Vilsmaier (Herbstmilch, Schlafes Bruder), als in einem Buch, so kraftvoll und packend erzählt Maria Steurer. Unterstrichen wird die so realistisch und glaubwürdig dargestellte Geschichte der Eva Faschaunerin auch noch dadurch, dass sie auf einem wahren Fall beruht und sich der Leser dem unfassbaren Schicksal der Protagonistin dadurch noch bewusster wird.
Ebenso anders wie schon der Erzählstil Steurers, sind auch ihre Figuren dargestellt. Durch den abwechselnd, aber sehr harmonisch verbundenen auktorialen und personalen Erzählstil, wirken die Figuren noch authentischer und lebendiger. Die großen Sorgen, die Evas Vater plagen, wie er den Hof ohne ihrer Arbeitskraft weiter bewirtschaften soll, die tiefe Liebe des jungen Knechts David am Faschaunerhof, der alles daran setzt, damit Eva die seine wird, ist ebenso glaubhaft wie auch eindringlich veranschaulicht. Sehr zwiespältig teilt man Evas tief empfundenes Glück, als es endlich so weit ist und Jakob offiziell um sie freit, da man das näherrückende Unheil schier körperlich spürt.
Wenn fassungsloses Unrecht geschieht
All dieses Geschehen nimmt der Leser dennoch wahr als lediglich eine Vorbereitung auf das ganze Drama, das noch über Eva hereinbrechen wird. Stets im Hinterkopf, dass die Geschichte doch einen anderen Verlauf nehmen möge als vorgezeichnet ist, bleibt man, obwohl man regelrecht zornig wird ob des Unrechts, das hier geschieht, wie gebannt auf den Seiten hängen. Eigentlich will man gar nicht weiterlesen, will nicht wahrhaben, zu welchen Taten die doch so "gesittete Obrigkeit" fähig war, um jemanden ein Geständnis zu entlocken, der nichts zu gestehen hat, aber man meint, es Eva schuldig zu sein, sie auf ihrem schweren Weg begleiten zu müssen. Man brauchte einen Schuldigen, das Dorf, die Bewohner verlangten es und wer könnte es anders gewesen sein als die doch so stolze und eingebildete Faschaunerin.
Das ergreifende Schicksal der jungen Bauerstochter ist keine schöne und schon gar keine freudige Geschichte, aber gerade aufgrund der so intensiven und sprachgewaltigen Darstellung bleibt einem diese nachhaltig im Gedächtnis haften.
Ein außergewöhnliches Buch, sowohl vom Thema als auch von der Qualität der Erzählung, das es verdient, sich darauf einzulassen.
Maria Steurer, Rosenheimer
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