Das Geheimnis der Magd
- Goldmann
- Erschienen: Januar 2012
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- Goldmann, 2012, Titel: 'Das Geheimnis der Magd', Originalausgabe
Von höherem Niveau, als der Titel vermuten lässt
Kurzgefasst:
1529 bei Hameln: Die junge Magd Johanna muss mitansehen, wie ihr grausamer Dienstherr ermordet wird. Um nicht selbst in Verdacht zu geraten, flieht sie von der Burg nach Hameln. Im prächtigen Kaufmannshaus der Gewürzhändlerin Margarethe Gänslein findet sie eine neue Anstellung. Doch bald schon werden die beiden Frauen in einen Strudel aus Gier, Intrigen und Gewalt gezogen. Denn Margarethes Mann nahm ein düsteres Geheimnis mit ins Grab. Und der junge, attraktive Philip, ein Mann aus Johannas Vergangenheit, kennt es ...
Die Geschichte spielt in der ersten Hälfte der 16. Jahrhunderts in Hameln. Durch Zufall landet die Magd Johanna im Haus der reichen Patrizierwitwe Margarethe Gänslein und meint, endlich Zuflucht vor der schlimmen Vergangenheit gefunden zu haben. Als jedoch der attraktive und undurchsichtige Philip nach Hameln kommt und den Weg der beiden Frauen kreuzt, scheint für Johanna die Vergangenheit wieder aufzuleben und Margarethe landet wie auch ihre Magd in einem Strudel von Intrigen, Neid und auch Gewalt.
Vorhersehbare Erzählung? - Nur bis zu einem gewissen Grad
Liest man sich die Kurzbeschreibung durch, so hat man gewisse Szenerien, den Ablauf der Geschichte und auch deren Ausgang ziemlich deutlich vor Augen. Auch der Beginn und die anfängliche Entwicklung der Geschichte bestätigen diese Annahme, unterscheidet sie sich nicht wesentlich von schon oft anderswo gelesenen Erzählungen. Das Innovative dieses Romans zeigt sich erst in der zweiten Hälfte des Buches, als sich so manche Begebenheit gänzlich anders entwickelt als erwartet.
Neumann erzählt in leichter und der Zeit angepassten Sprache, die aber weder antiquiert oder gar verstaubt herüberkommt. Das von Beginn an angenehm flüssige Tempo und die steigende Spannung werden bis zum Schluss durchgehalten und so manch unvorhersehbare Wendungen in der Geschichte wecken die Neugier des Lesers und so den Drang zum Weiterlesen. Ereignisreich und vielfältig gestaltet sich das Leben der Magd Johanna, dass sich, wie es auch dem damaligen Stand entsprach, doch wesentlich von dem nicht minder turbulenten Leben Margarethes. Sehr geschickt verwebt Neumann die Geschichten der beiden Frauen, stets darauf bedacht, die Regeln des damaligen gesellschaftlichen Lebens einzuhalten.
Simone Neumann hat ein gutes Gespür für Lokalkolorit, denn auch dem Leser, der Hameln nicht kennt, lässt sie durch die gelungenen Beschreibungen die Stadt vor dem geistigen Auge entstehen, wenn die Figuren durch die alten Gassen und über die Plätze spazieren. Nicht nur die Umgebung wirkt authentisch, sondern auch das Handeln und Denken der Figuren, so dass auch in schlimmen Situationen nicht plötzlich ein Retter erscheint, um eine schöne Maid aus den Fängen eines Unholds zu retten. Durch solch sehr realistisch gezeichneten Szenen, untermalt von zeittypischen alltäglichen Verrichtungen, gewinnt die Geschichte viel an Glaubwürdigkeit.
Charakterstarke Figuren
Stehen zwar die beiden Frauen Johanna und Margarethe im zentralen Geschehen, so gibt es doch noch eine Vielzahl an Figuren, die mit ebensolchem Feingefühl wie die beiden lebendig werden dürfen. Der wohl undurchsichtigste Charakter ist Philip, zu dem beide Protagonistinnen, jede für sich, eine ganz besondere Beziehung unterhalten. Nicht weniger interessant sind aber auch der zwergenhafte Apotheker, ein äußerst intelligenter Stiftsherr und der ungewöhnlich zugängliche Henker. Egal ob Ratsherr, Cousine, Magd, Laufbursche oder üble Gesellen, keine Figur wirkt übertrieben gut oder böse, alle haben ihre Stärken und Schwächen, so dass auch das vermeintliche Vorhersehen so mancher Handlung in einer Überraschung enden kann.
Die Autorin legt viel Wert auf Details und Atmosphäre, was der ganzen Szenerie, unabhängig davon ob im prächtigen Gebäude der Kaufmannswitwe, im Haus des Apothekers oder auch in einer kleinen Hütte im Wald, eine besonders plausible Kulisse bietet.
Sehr überraschend ist das Ende gehalten. Man sich von den anfangs nicht gerade sonderlich neu wirkenden Ereignissen nicht täuschen lassen, da alles einen doch ganz anderen Verlauf nimmt als erwartet. Gerade mit diesem so ganz anderen Ende des Buches, das der sehr aufmerksame Leser aber schon während des Lesens geahnt hat, punktet die Autorin und zeigt, dass auch ein unterhaltsames, leichtes Buch sich nicht zwangsläufig an gewohnte Schemata halten muss.
Simone Neumann, Goldmann
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