Die Seidenbaronin
- Rowohlt
- Erschienen: Januar 2012
- 4
- Rowohlt, 2012, Titel: 'Die Seidenbaronin', Originalausgabe
Mehr Tiefgang als der Titel vermuten lässt
Darmstadt Ende des 18. Jahrhunderts. Paulina lebt bei ihrem Großvater, da ihre Mutter von der Familie verstoßen wurde. Die Familie hat einen tragenden Namen, ist aber verarmt. Als eines Tages eine Paulina noch unbekannte Großtante in ihr Leben tritt, bietet diese ihr an, sie unter ihre Fittiche zu nehmen. Es ist das erste Mal, dass Paulina die schöne Seite des Lebens kennen lernt, sie wird in die Gesellschaft eingeführt und wird Hofdame am Darmstädter Hof. So trifft sie eines Tages auf Christian von Bahro und verliebt sich in ihn. Durch einen raffinierten Plan seitens Christians Familie wird eine Heirat verhindert. Pauline, die den Hof unerlaubt verlassen hat, fällt in Ungnade und ist gezwungen, den Sohn eines Seidenfabrikanten zu ehelichen, um zumindest ein angenehmes Leben führen zu können. Als ihr Schwiegervater stirbt und sie die Leitung der Firma übernehmen muss, trifft sie unverhofft auch Christian wieder…
Durchgehender roter Faden und Spannung
Wüsste man nicht, dass dies der Debutroman der Autorin ist, würde man dies sicher nicht vermuten. Ist die Geschichte selbst nicht neu oder innovativ, so ist sie dennoch gekonnt umgesetzt und stimmig.
Mit Pauline hat Martina Rauen eine - wie in vielen historischen Romanen leider üblich – starke, kämpferische Protagonistin geschaffen. Von Beginn hat ist die Erzählung atmosphärisch dicht und der Spannungsbogen bleibt bis zum Schluss durchgehend straff.
Man begleitet Paulina durch halb Deutschland, begibt sich mit ihr an den Darmstädter Hof und begegnet Persönlichkeiten wie Louise von Preußen oder Napoleon. Die geschichtlichen Hintergründe sind geschickt mit fiktiven verknüpft und durch die bildhaften und plastischen Beschreibungen kommen keine Längen auf.
Die Stärken der Autorin liegen in der Darstellung der wirtschaftlichen Probleme, mit der die Protagonistin und viele andere Kaufmänner durch die Besetzung Napoleons zu kämpfen haben. Diese Problematik führt die Autorin dem Leser sehr authentisch und nachvollziehbar vor Augen. Dennoch darf man sich nicht zu viel an wahren Begebenheit aus der Zeit erwarten, denn der Focus liegt deutlich auf der Hauptfigur. Dass es auch eine Liebesgeschichte gibt, geht schon eindeutig aus dem Klappentext hervor. Aber anders als die Kurzbeschreibung suggeriert, hat die Autorin es vermieden, schwülstige oder kitschige Szenen mit einzubauen.
Etwas moderne Protagonistin
Figuren gibt es derlei viele und alle sind facettenreich geschildert. Christian von Bahro, der eigentliche Auslöser für Paulines Fall in der Gesellschaft, hat weniger Auftritte als erwartet. Er bleibt als Figur zwar im Hintergrund, ist aber durch Paulines Liebe stets mitten im Geschehen. Leser, die ein Faible für gefühlsstarke Liebesgeschichten haben, werden dies als Manko empfinden, was im Grunde aber eine Bereicherung für den Roman selbst ist.
Hat Martina Rauen es auch vermieden, aus diesem historischen Roman einen platten Liebesroman zu machen, so sind die Handlungen und auch die Einstellungen der Protagonistin manchmal doch etwas zu modern. Als Figur würde sie ebenso in einen zeitgenössischen Roman passen, der die Karriere einer Frau aus dem Mittelstand zeichnet. Dieser kleine Schwachpunkt sollte aber aufgrund der wirklich flüssig und stimmig erzählten Geschichte nicht allzu schwer gewichten, denn gute und kurzweilige Unterhaltung bietet Rauen auf jeden Fall.
Martina Rauen, Rowohlt
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