Das Geheimnis der Weingräfin
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- Erschienen: Januar 2012
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- , 2012, Titel: 'Das Geheimnis der Weingräfin', Originalausgabe
Mord im Weingut
1497. Das Winzergeschlecht derer von Meinmahr stritt seit Jahren. Die alternde Contessa Rhea Marcella von Meinmahr, die noch immer nicht die Zügel aus der Hand geben wollte, durch ihre unnachgiebige patriarchalische Art schon ihren eigenen Sohn Josef vom Hof gejagt hatte, so dass nur noch ihr Enkel Goar und der langjährige italienische Kellermeister im Weingut verblieben waren, einerseits. Josef von Meinmahr, auf der anderen Seite, der sich sein Erbe auszahlen ließ und nunmehr zusammen mit seinem Sohn Hugo zu einem harten Konkurrenten für die Contessa geworden war.
Wobei, Konkurrenz ist ja die eine Sache, geradezu gehasst haben sie sich. Neidvoll belauerten sie einander, immer auf der Suche, mit Geschäften sich gegenseitig zu schaden oder zumindest den größeren Gewinn herauszuschlagen.
Kein Wunder also, dass der Gast Graf della Scala, ebenfalls Winzer mit einem renommierten Weingut in der Lombardei, zugleich Anhänger der Philosophie und der Wissenschaften und ein Ketzer, von beiden Weingütern umgarnt wurde. Aber nicht nur um der familiären Konkurrenz zu schaden, sondern auch möglichst selbst vom Gast zu profitieren, zum einen, um zum besten Weingut am Rhein zu werden (der Wein aus Italien war natürlich Vorbild für den Rhein-Wein), aber andererseits auch um finanzielle Schwierigkeiten zu beseitigen, hatte man doch vor Jahren auf die falsche Pfropfgrundlage gesetzt, die sich nunmehr als nicht-resistent gegenüber Schädlingsbefall gezeigt hatte.
Weitere Komplikationen ergaben sich durch den Weingutbesitzer Wenzel von Kettig, ein Säufer, der seinen Weinberg verpfändet hatte und nun versuchte, die beiden Parteien von Meinmahr gegeneinander auszuspielen.
Während eines Festes wird der Graf ermordet, doch wer steckt dahinter? Schwer belastet, da am Tatort über die Leiche des Grafen gebeugt vorgefunden, kommt von Kettig als Tatverdächtigter in den Turm. Doch ist er der einzige Verdächtige? Seine Tochter Lenti Korbach, die sich von ihm losgesagt hatte, da er sie seelisch misshandelt und im Suff auch immer wieder geschlagen hatte, nimmt die Ermittlungen auf. Zunächst nicht, weil sie ihm dies schuldig gewesen wäre, eher um ihrer eigenen Karriere willen, denn sie war mittlerweile eine gefragte Balladensängerin geworden.
Eine etwas langatmige Entwicklung bis zum Mord
Der Autor Norbert Schaaf braucht mit seiner Erzählung sehr lange, bis es zum Mord an dem Grafen kommt (etwa auf Seite 200 von insgesamt 360 Seiten). Zugute halten kann man ihm, dass er mindestens 4 Handlungsstränge entwickelt und durchaus auch gekonnt auszuschmücken weiß. Nichtsdestotrotz ist es die Frage, ob manche Dinge tatsächlich in dieser Breite ausgeführt werden müssen, die Wunderheilung im Kloster beispielsweise oder auch manche philosophische Betrachtung des Grafen. Gerade die philosophischen Gedanken des Grafen della Scala und seine Weltanschauungen zu Jesus und zur christlichen Kirchenlehre arten schon sehr in eine sachlich-fachbuchmäßige Kritik des Neuen Testaments und der Auslegung durch die Kirche der damaligen Zeit aus. Dies würde in ein Fachbuch über die Apokryphen (die nicht in die Bibel übernommenen Evangelien) besser passen.
Gute Herausarbeitung der Charaktere spannende Auflösung des Kriminalfalls
Absolut schlüssig dagegen ist die Herausarbeitung der Figuren und die Hintergründe, weshalb sie so handeln müssen, wie sie nun einmal handeln.
Zuvorderst sollte hier die Figur Lenti Korbach genannt sein, die eigentlich Valentine von Kettig heißt, aber die Koseform ihres Vornamens und den Nachnamen ihrer verstorbenen Mutter angenommen hat, um Distanz zu ihrem Vater zu gewinnen. Norbert Schaaf beschreibt sehr eindringlich, wie es so weit kommen konnte. All die unsäglichen seelischen Grausamkeiten, die der Säufer Wenzel von Kettig seiner Familie angetan hat und warum trotz alledem Lenti Partei für ihn ergreift: Nicht weil sie um ihre eigene Karriere bangt, wie sie zuerst denkt, sondern, weil da noch mehr ist. Dies gilt im Übrigen auch für ausnahmslos alle anderen Hauptfiguren des Romans.
Dies zusammen mit der Tatsache, dass sich der Roman nach der Mordtat zu einem wahren "Page-Turner" entwickelt - man will doch unbedingt wissen, wer der wahre Mörder ist - lässt die zuvor genannten Kritikpunkte doch deutlich verblassen.
Lesestoff gibt es zudem auch genug, denn die rund 360 Seiten des Buches sind klein und eng beschrieben. Mit einem anderen Layout wären es wohl an die 500 Seiten geworden.
Wer sich an dem ungewohnten Layout nicht stört, über die 200 Seiten währende Entwicklung des Romans hinweg kommt und auch die leider zahlreichen unerledigten Lektoratsaufgaben (Vergleiche mit "wie" statt mit "als", diverse unkorrigierte Schreibfehler) als nicht relevant ausblenden kann, bekommt einen interessanten Roman geliefert - dessen Inhalt zwar deutlich vom Klappentext abweicht (das ist die Leserschaft aber wohl schon gewohnt) - dessen Auflösung gleichzeitig aber absolut nicht vorhersehbar ist.
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