Das Lied des Todes
- Rowohlt
- Erschienen: Januar 2012
- 3
- Rowohlt, 2012, Titel: 'Das Lied des Todes', Originalausgabe
Spannende Intrigen aus dem Mittelalter König Ottos
Kurzgefasst:
Im Spätsommer 955 tobt eine Schlacht, die die Zukunft des Abendlandes verändern wird: König Otto siegt über die Magyaren, und zieht sich damit den Neid seiner Gegner zu. Thankmar von der Mersburg ist einer von ihnen: besessen davon, seinem Onkel den Thron zu entreißen. Mit seinen Anhängern, den "Blutmänteln", zieht er durch die Länder des Nordens. Er brennt Städte nieder, raubt, plündert und foltert, spinnt Intrigen an den Herrscherhöfen. Nur eine stellt sich ihm in den Weg - die mächtige Seherin Velva. Als auch sie sterben soll, verflucht sie Thankmar mit dem "Lied des Todes". Ihr Sohn Aki schwört Rache. Und nicht nur er, sondern auch der geheimnisvolle Normannenkrieger Hakon versucht, das Unheil abzuwenden, das das Reich bedroht ...
Als König Otto im Jahr 955 über die Magyaren siegt, hat er dabei nicht nur Partner, sondern auch Gegner in den eigenen Reihen. Sein Neffe Thankmar von der Mersburg will den Thron an sich reißen und wird nur zufällig daran gehindert und wird zum Helden und Königsretter. Fortan zieht er mit seinen Männern, den "Blutmänteln", plündernd durch die Lande und verbreitet Angst und Schrecken.
Als er von der Seherin Velva dafür verflucht wird, lässt er sie verfolgen, doch sie kann mit ihren Zwillingen Aki und Asny, einem Jungen und einem Mädchen, in die Wälder fliehen. Zur gleichen Zeit muss der Nordländer Hakon mit ansehen, wie sein Dorf niedergemetzelt wird. Als einzig übrig gebliebener, aber schwacher Sohn soll er den Anführer - Thankmar - töten, erweist sich aber nicht gerade als fähiger und mutiger Kämpfer.
Als es Thankmar gelingt, Velva zu töten, konnte sie jedoch den Fluch nicht mehr rückgängig machen, und das Lied des Todes schwebt über ihm. Aki und Asny schwören Rache, und so beginnt eine Jagd auf Thankmar, der seinerseits immer noch nach der Krone trachtet und keine Intrigen auslässt.
Drei Geschichten ergeben eine
Die Ausgangssituation von Axel S. Meyers zweitem Roman Das Lied des Todes beruht auf der wahren Begebenheit der Schlacht König Ottos gegen die Magyaren im Jahr 955, wo das Heer Ottos gewann und so zum ersten Mal überhaupt eine Art Einheitsgefühl im Heer mehrere Länder entstand. Meyer spinnt seine Handlung vom Kriegsgeschehen weiter, indem er Ottos Neffen Thankmar in Ottos Zelt führt, wo Thankmar eigentlich Otto töten will, um selbst die Krone zu erlangen, jedoch von Eindringlingen gestört wird und so selber zum Königsretter wird. Hieraus entwickelt sich ein spannender Roman, der auf drei Erzählebenen den Leser in seinen Bann zieht.
Zum einen wird die Geschichte Thankmars erzählt, der als Markgraf über sein Volk herrscht, es unterdrückt und ausplündert und das natürlich auch im Namen des Herrn. Er will den Alten Glauben ausrotten und somit auch die Seherin Velva töten, die er schon lange sucht und die nun endlich gefunden wurde. Doch sie spricht ihm einen Fluch ins Gesicht, das Lied des Todes, das dem Roman seinen Titel gibt und das Thankmar von nun an verfolgt, bis er sie nach ihrer Flucht wiederfindet und sie dazu bringen kann, den Fluch zurückzunehmen.
Der zweite Erzählstrang erzählt die Geschichte Akis und Asnys, den beiden Zwillingen und Kindern von Velva. Aki ist etwas älter als seine Schwester Asny, und gemeinsam versuchen sie nicht nur am Leben zu bleiben, sondern auch nach dem Tod ihrer Mutter Rache an Thankmar zu nehmen, der ihnen Heim, Mutter und Zukunft genommen hat. Im dritten Erzählstrang muss Hakon, der jüngste Sohn des Wikingerhäuptlings Sigurd aus Hladir, seine Familie rächen. Beide älteren Brüder wurden bei einem Überfall auf das Dorf getötet, und Hakon war zu feige einzugreifen. Die Räuber standen unter dem Befehl Thankmars, und so ist Hakons Auftrag, den Markgrafen zu töten. Hakon wird von seinem Dorf verstossen und hat nur seinen Raben zur Hilfe, der ihn treu begleitet.
Gute Atmosphäre
Geschickt verwebt Meyer die drei Erzählstränge miteinander, mal werden sie einzeln erzählt, mal treffen sie wieder aufeinander, doch immer bleibt er Herr der Lage und vergisst keine Details. Durch seine Sprache schafft er eine mittelalterliche Atmosphäre, die den Leser schnell für sich einnimmt und die ihn das Buch nur schwer aus der Hand legen lassen. Meyer zeichnet nicht nur ein authentisches Bild der Zeit, sondern lässt auch Burgen und Landschaften vor des Lesers Augen entstehen, so dass man sich als Leser immer genau in die Situationen und Handlungen einfühlen und mitleben. Bei Burgfesten kann man förmlich das Gelage riechen und die Musik hören, im Winter friert man mit und bei Verfolgungsjagden steigt der Puls.
Die Hauptcharaktere haben alle ordentlich Ecken und Kanten, was sie sehr menschlich und real werden lässt. Selbst bei Thankmar wird man fündig, wenn man nach kleinen positiven Eigenschaften beim Bösewicht sucht. Er steckt dennoch voller kleiner und grosser Grausamkeiten, kennt nur seinen eigenen Vorteil und duldet keine Widerworte und Dummschwätzer neben sich. Aki entwickelt sich mit der Zeit zum Jungen zum jungen Mann, der immer mutiger wird und das Heft in die Hand nimmt, zusammen mit seiner Schwester. Wie das mit Zwillingen so ist - auch wenn man getrennt ist, weiß man doch immer irgendwie, ob der andere noch lebt oder ob ihm etwas zugestossen ist - auch gegen Berichte von Neidern und Gegnern. Auch Hakon macht eine positive Entwicklung durch, wenngleich er sich dabei nicht immer geschickt anstellt. Letztlich kann er sich jedoch auf seinen Raben verlassen, der ihm durch Zeichen und Anwesenheit hilft. Auch die Nebencharaktere sind gut dargestellt und ergänzen ein stimmiges Ensemble.
Starke Dramaturgie
Meyers Stärke liegt nicht nur in seinem Erzählstil, der nicht zu überladen ist, sondern auch in seiner Dramaturgie. Geschickt verflicht er nicht nur die Handlungsstränge miteinander, sondern wechselt auch gut ausgesuchten Stellen die Erzählung. Dies tut er gelegentlich durch Cliffhanger, und trotz der drei Erzählungen verliert man nie die Übersicht, sondern wartet immer gebannt darauf, wie denn die andere Geschichte weiterverläuft. So hält er den Leser immer bei der Stange, und dies tut er konsequent bis zum Ende.
Das Ende verläuft zwar unterm Strich erwartungsgemäß, dennoch hält er nicht nur hier die eine oder andere Überraschung, auch in der Erzählperspektive, bereit. Nicht nur das filmreife Ende liest sich tatsächlich wie ein Drehbuch, und man kann sich den gesamten Roman auch gut auf der Leinwand vorstellen. Vielleicht wird dies ja irgendwann einmal tatsächlich adaptiert.
Insgesamt kommen Freunde des gepflegten historischen Romans mit Das Lied des Todes voll auf ihre Kosten. Eine spannende Geschichte mit vielen Wendungen, einigen Überraschungen und viel Atmosphäre bilden das Grundgerüst, das der Autor hervorragend zu füllen weiß. Vielleicht übertreibt er mit den Boshaftigkeiten Thankmars ein wenig, aber man liest ja auch einen Roman und keine Biographie. Viel ist nicht überliefert aus dieser Zeit, aber diese Lücken füllt Meyer mit viel stimmiger Fantasie, und man fiebert die vollen 620 Seiten mit.
Ein Nachwort und eine dem Roman vorgestellt Karte ergänzen einen gelungenen Roman, der ohne Vorbehalte weiter zu empfehlen ist.
Axel S. Meyer, Rowohlt
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