Sinnentaumel

  • Silberburg
  • Erschienen: Januar 2012
  • 1
  • Silberburg, 2012, Titel: 'Sinnentaumel', Originalausgabe
Sinnentaumel
Sinnentaumel
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Daniela Loisl
851001

Histo-Couch Rezension vonSep 2012

Grausame Morde, aber so schön erzählt

Kurzgefasst:

Es ist eine illustre Gesellschaft, die sich im Sommer des Jahres 1745 in der malerisch gelegenen Badwirtschaft bei Leutkirch im Allgäu zu einer Trink- und Badekur einfindet. Die Idylle wird jedoch jäh gestört, als der Wirt Franz Graf bei einem seiner morgendlichen Kontrollgänge im Ufergebüsch eines Weihers die schaurig schöne, aufrecht im Wasser stehende Leiche der jungen Theresie Baumann entdeckt. Ein bedauerlicher Unfall? Die Kurgäste ergehen sich aufgeregt in wilden Spekulationen und gegenseitigen Verdächtigungen. Sie vermuten ein Verbrechen. Und tatsächlich: Bereits zwei Tage später ereilt den Nächsten aus ihren Reihen der Tod.

 

Nicht einmal zwei Wochen umfasst die Geschichte um eiskalte Morde im idyllischen kleinen Dorf Willerazhofen um Allgäu im Jahr 1745. Von Selbstmord und einem Unfall geht man zuerst aus, bis man nach dem dritten Todesfall nicht mehr an Zufälle glauben mag.

Gerade zehn Gäste hat der Badebetrieb der Familie Graf, die natürlich ihr mühsam aufgebautes Lebenswerk durch die Geschehnisse untergehen sehen. Der Täter muss gestoppt werden, aber wie, wenn man keine Ahnung hat, wem man diese schrecklichen Taten zutrauen könnte.

Beschauliche Szenerie und tragische Ereignisse

Ines Ebert zeichnet, wie schon in ihrem ersten Roman Sommergarben, ein sehr authentisches Bild des Allgäus und ihrer Bewohner. Den schönen See, das Badehaus und den familiär gehaltenen Betrieb des Gästehauses hat man regelrecht vor Augen und meint, jederzeit aufbrechen zu können, um den malerischen Ort zu besuchen. Ebert versteht es zu erzählen und dem Leser die Schauplätze nahe zu bringen.

Man meint die hohen Temperaturen des sehr heißen Sommers selber zu spüren, begibt sich mit den Gästen auf den ruhigen und schattigen Platz neben dem See und trinkt mit ihnen erfrischende Limonade. Nachfühlbar sind Flair und Atmosphäre und was so beschaulich wirkt, wird durch den jähen und grausigen Tod einer jungen Frau arg getrübt.

Wunderbare Figuren

Doch Ines Ebert hat den Blick nicht nur auf die Todesfälle gerichtet, sondern vor allem auf die so unterschiedlichen Menschen, die durch Zufall in der Badwirtschaft aufeinander treffen.

Da sind zwei Schwestern aus Ravensburg, ziemlich beleibt und beide an Gicht leidend, da ist das altersmäßig so unterschiedliche und kinderlose Ehepaar Leistner, ein Schreiber, der einen Schlaganfall erlitten hatte und sich Besserung erhofft, drei Schwestern, die darum kämpfen, an Gewicht zuzulegen und vielleicht auch noch jede einen Mann zu finden und ein Endvierziger, der an Magen- und Darmbeschwerden leidet. Alle erwarten sich gesundheitliche Linderung, aber so manche erhofft sich auch den Mann fürs Leben zu finden.

Diese so unterschiedlichen Figuren lernt man im Laufe der Geschichte sehr gut kennen. Ihre Eigenheiten, ihre Vorzüge, ihre Schwächen und vielleicht auch Laster, für den Leser werden sie sehr schnell gute Bekannte. Da es nur die Gäste, die Familie Graf und gerade noch zwei weitere Personen mit helfenden Händen gibt, ist sehr schnell klar, dass der Täter nur unter ihnen sein kann

Kompakte und stringente Geschichte

Zwei Wochen begleitet man die illustre Gesellschaft. Lernt ihre Ängste kennen, hört ihnen zu, wie sie ihre Verdächtigungen und Anschuldigungen austauschen, und wären da nicht die Morde, wäre dies alles eine leicht unterhaltsame und auch amüsante Geschichte.

Man kommt aber nicht umhin zu denken, dass die Morde nur ein "Ablenkungsmanöver" sind, um die so unterschiedlichen Charaktere und ihre Reaktionen zu beobachten. Ines Ebert versteht es meisterhaft, Figuren und deren Eigenheit zu zeichnen, ohne in irgendeiner Weise zu werten. Sprachlich ausgefeilt und stets den Kern treffend, ist es ein Vergnügen, ihren Geschichten zu folgen.

Der einzige, aber sehr kleine, Wermutstropfen ist das Ende des Buches. So leicht dies auch erzählt scheint, so viel Tiefgang findet man bei der Figurenzeichnung, aber man hätte sich für die schon so tragische Geschichte irgendwie ein anderes Ende gewünscht. Vielleicht nicht ganz so schwer, nicht ganz so endgültig, nicht ganz so dramatisch. Dies aber ist sicher auch Geschmacksache und es werden sich die Ansichten teilen.

Im Ganzen ist der gerade mal 160 Seiten umfassende Krimi eine feine und unterhaltsame Lektüre auf hohem und intelligentem Niveau.

Sinnentaumel

Ines Ebert, Silberburg

Sinnentaumel

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