Die Tore des Himmels

  • Krüger
  • Erschienen: Januar 2012
  • 2
  • Krüger, 2012, Titel: 'Die Tore des Himmels', Originalausgabe
Die Tore des Himmels
Die Tore des Himmels
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Daniela Loisl
921001

Histo-Couch Rezension vonOkt 2012

Über eine Frau, die heilig gesprochen werden wollte

Kurzgefasst:

Seit ihrer Kindheit ist die junge Adlige Gisa die Vertraute von Elisabeth, der Landgräfin von Thüringen. Sie weiß, wie zerrissen Elisabeth ist zwischen ihrer Liebe zum machtbewussten Landgrafen Ludwig und ihrer Suche nach einem gottgefälligen, einfachen Leben. Gisa erlebt, wie Elisabeth gegen den Hof aufbegehrt, welche Unruhe ihre Spenden, ihre Fürsorge für die Armen auslöst. Sie sieht auch, wie der jüngere Bruder des Landgrafen mit unzufriedenen Adligen paktiert und sie gegen den Stauferkaiser Friedrich II. aufbringen will. Gisas drückendstes Geheimnis dreht sich um die verbotenen Treffen einer Ketzersekte, die sie belauscht hat. Als Elisabeth 1226 dem fanatischen Inquisitor Konrad von Marburg begegnet und ihr Leben radikal strengsten Glaubensregeln unterwirft, gerät Gisas Welt völlig aus den Fugen. Wie weit kann sie Elisabeth zur Seite stehen, ohne selbst unterzugehen?

 

Schon als junges Mädchen wird Elisabeth, Tochter des ungarischen Königs, Anfang des 13. Jahrhunderts nach Waltershausen in Thüringen geschickt, um später die Gattin des künftigen Landgrafen Hermann von Thüringen zu werden. Während Agnes, die Tochter des Landgrafen, ihr mit Unmut begegnet, findet sie in Gisa von Tenneberg, der Ziehtochter des Grafenpaares, eine wahre Freundin...

Schnell stellt sich heraus, dass Elisabeth gänzlich anders ist als andere Mädchen ihres Alters. Ungeschickt in handwerklichen Dingen, ist es ihr einziges Bestreben, Gott nahe zu sein und ihr liebster Platz ist in der Kirche. Sie kann Hermann nicht ausstehen, weiß aber, dass sie ihrer Pflicht nachkommen und ihn heiraten müssen wird. Durch eine unerwartete Wende kommt jedoch alles anders als geplant und so bekommt Elisabeth sogar die Möglichkeit, so viel Zeit für ihre Gebete und demütigen Handlungen aufzuwenden, wie sie möchte - bis ein tragischer Schicksalsschlag ihrem Leben eine gänzlich andere Wendung gibt.

Alles andere als Mainstream

Von Sabine Weigand ist man gewohnt, dass sie nicht nur einfache oder banale Geschichten erzählt, sondern weder Klischees nachkommt, noch die Figuren in "gut und böse" einteilt. Durch die wechselnden Erzählperspektiven, die von Gisa als getreue Zofe und Freundin Elisabeths, zu Primus, ein Junge aus ärmsten Verhältnissen, bis zum neutralen Beobachter der Geschehnisse schwenkt, erhält der Leser ein sehr vielschichtiges Bild der Ereignisse. Begleitet man Gisa, zeigt sich ihre Welt als schön, behütet und sorglos, wohingegen Primus' Leben im krassen Gegensatz steht. Durch Primus erfährt man die Welt aus der untersten Schicht: Hunger, Kleidungs- und Wohnungsnot bis hin zu leichten Krankheiten, die aber aufgrund des Hygiene- und Nahrungsmangels oft tödlich verlaufen, zeigt sich dem Leser ein ungeschöntes Bild des harten Überlebenskampfes der damaligen Zeit.

Durch die so authentisch gezeichnete Szenerie zieht die Autorin den Leser tief hinein in die Geschichte und die unterschiedlichen gesellschaftlichen Ränge. Manchmal wirkt alles so plastisch, dass man sich dabei ertappt, dass man eine regelrechte Erleichterung verspürt, wenn man von der armseligen Behausung von Primus` Familie wieder in die Burg des Landgrafen wechseln kann.

Man trifft nicht nur auf unzählige interessante Figuren, wie auch Konrad von Marburg, einen fanatischen Mönch, dem Elisabeth regelrecht verfällt, sondern auch auf Ritter, intrigante Verwandte und Anhänger einer gefährlichen Sekte.

Keine Protagonistin, die Verständnis weckt

Begleitet man zwar die meiste Zeit Gisa als Erzählerin, so steht dennoch unbestritten Elisabeth im Focus. Weigand hat versucht, die Figur Elisabeths, deren höchstes Bestreben es war, eines Tages heiliggesprochen zu werden, so realitätsnah wie möglich zu zeichnen. Lässt man sich als Leser nicht wirklich auf die Zeit ein und versucht nicht, alles mit den Augen der damaligen Zeit zu betrachten, so wird man Elisabeths Handeln in keiner Weise nachvollziehen zu können. Die Autorin hat aber auch nicht versucht, die Hauptdarstellerin auf ein unerreichbares Podest zu stellen, um ihr demütiges Handeln als unantastbar wiederzugeben, sondern hat sehr wohl auch Einblick in ihre fehlerhafte, rücksichtslose und oft regelrecht sture Verbissenheit gezeigt. So stellt Weigand eine Protagonistin ins Geschehen, die nicht unbedingt Sympathien weckt. Dies ist aber auch nicht notwendig, denn durch Gisa und Primus erhält die Geschichte auch eine emotionale Seite.

Zweifelsfrei hat sich die Autorin intensiv mit Elisabeth von Thüringen und ihrem Leben auseinandergesetzt. Wenngleich man mit heutigen Maßstäben die Motivation zu Elisabeths Handeln nicht nachvollziehen kann, so schafft Weigand es aber dennoch, Elisabeth so glaubwürdig zu skizzieren, dass man am liebsten das Gespräch mit ihr suchen würde, um sie von ihrem besessenen Tun abzubringen.

Wie gewohnt auch sprachlich hervorragend

Weigand ist nicht nur eine begnadete Erzählerin, die den Leser vom Beginn des Buches bis zum Schluss fesseln kann, sondern hat auch das Können, dies sprachlich auf hohem Level zu tun. Durch Einfügung von Briefen und Texten in zeitgenössischer Form verleiht sie ihren Büchern noch eine ganz besondere Note.

Die Tore des Himmels ist wieder ein absolut gelungenes Werk der Autorin, welches spannende Historie mit Authentizität, hervorragend gezeichneten Figuren und sprachlich gehobenem Niveau wunderbar vereint.

Die Tore des Himmels

Sabine Weigand, Krüger

Die Tore des Himmels

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