Das verschollene Reich

  • Lübbe
  • Erschienen: Januar 2012
  • 1
  • Lübbe, 2012, Titel: 'Das verschollene Reich', Originalausgabe
Das verschollene Reich
Das verschollene Reich
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Carsten Jaehner
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Histo-Couch Rezension vonOkt 2012

Auf der Suche nach Hilfe gegen Saladin

Nordfrankreich, Ende 1173. Drei Tempelritter, die hoffen, durch das Erledigen eines Sonderauftrags ihrer Sünden freigesprochen werden zu können, machen sich auf die Suche nach einem Mädchen, das hellseherische Kräfte haben soll. Auf ihrer Suche kennen sie keine Gnade, und gerade Gaumardas brennt im Zweifelsfalle alles nieder, wohingegen Kathan und Mercadier nicht ganz so brutal veranlagt sind. Als sie das Mädchen finden, fürchten sie, von ihr verhext zu werden.

1187. Der Benediktinermönch Cuthbert wird von Königin Sybilla von Jerusalem beauftragt, das legendäre Reich des Presbyters Johannes zu suchen, um ihr zu helfen, der Bedrohung durch das Heer Saladins bestehen zu können. Cuthbert und sein neuer, leicht aufsässiger Adlatus Rowan nehmen die Suche auf, begleitet von der Seherin Cassandra, die geheimnisvolle Visionen hat und bereits einmal dort gewesen sein soll. Sie machen sich auf den Weg ins Ungewisse, denn bislang ist niemand von den bisherigen Reisen in das verschollene Reich zurückgekehrt.

Doch auch am Königshof in Jerusalem wird intrigiert. Königin Sybillas Schwester Isabel hätte gerne ihren Anteil des Throns, und beider Ehemänner mischen auch kräftig mit. Es wird mit- und gegeneinander paktiert, und schließlich rückt Saladins Armee vor. Und auch die Reise von Bruder Cuthbert und Rowan ist nicht ungefährlich, denn sie werden von Unbekannten verfolgt. Zudem verliebt sich Rowan in Cassandra und umgekehrt, und doch kommt man dem verschollenen Reich scheinbar näher. Doch die Zeit drängt, denn Saladin ist nicht auf Frieden aus...

Jerusalem in Gefahr!

Nach Das Buch von Ascalon entführt Michael Peinkofer seine Leser erneut ins Heilige Land zur Zeit der Kreuzzüge, doch haben die beiden Romane sonst nichts miteinander zu tun. Abgesehen von einer Suche nach einer bedeutenden Sache, die möglicherweise entscheidend für den weiteren Verlauf der Geschichte sein könnte. Doch in diesem Fall werden Bruder Cuthbert und sein Adlatus, der englische Junge Rowan, auf die Suche nach einem mystischen Reich und deren Führer geschickt, um ihnen beim Kampf gegen das übermächtige Heer Saladins zu helfen.

Die Beziehung zwischen Cuthbert und Rowan bietet einiges an Potenzial. Rowan war bereits Schüler von mehreren Mentoren, die alle an ihm verzweifelt sind und die ihm Strafen aufbürdeten, gegen die er sich zur Wehr gesetzt hat. Doch ausgerechnet der alte Cuthbert wählt ihn als neuen Begleiter, und erstaunlicherweise wird Cuthbert zu einer Art väterlichem Freund. Und obwohl Rowan eigentlich auch ein Geistlicher Novize ist, der allerdings noch keine Gelübde abgelegt hat, verliebt er sich in Cassandra, die die beiden zu diesem sagenumwobene Reich führen soll.

Erzählung auf zwei Zeitebenen

Entsandt wurden sie von Königin Sybilla von Jerusalem, die sich von Saladin bedroht sieht, der Jerusalem den Christen nach hundert Jahre wieder entreissen will. Doch das Heer Jerusalems ist nicht stark genug und kann gegen Saladin eigentlich nicht bestehen. Da ist Hilfe gefragt, und die finden Sybilla und ihr Mann Guy ausgerechnet im Heer des Presbyters Johannes, den allerdings noch niemand je gesehen hat. Bereits mehrere Gruppen wurden zu ihm entsandt, doch nie gab es eine Antwort, geschweige denn Rückkehrer, was Johannes zu einem Mythos werden liess. Doch Verzweiflung lässt Sybilla diesen aussergewöhnlichen Schritt gehen.

Peinkofer hat hier eine Personenkonstellation gefunden, die Raum für viele Möglichkeiten lässt. Obwohl der eine oder andere Winkelzug vorhersehbar ist, gibt es immer wieder Überraschungen, und man kann sich nie sicher sein, wer eigentlich auf wessen Seite steht, vielleicht ein Spion ist oder wer vielleicht für jemand ganz anderen unterwegs ist.

Peinkofer erzählt seine Geschichte im Wechsel mit einer anderen Erzählung, die vierzehn Jahre zuvor stattgefunden hat. Beide Geschichten sind packend und interessant, und auch wenn man ahnt, dass diese beiden Geschichten natürlich irgendwie miteinander zusammenhängen, muss es nicht so sein, wie man vielleicht vermutet. Auch hier bestätigt der Autor nicht unbedingt das, was auf der Hand liegt, doch der genaue Zusammenhang soll hier nicht verraten werden.

Viele Personen

Der Autor versteht es, dem Leser die Zeit und die politische Grundsituation nahe zu bringen, wenngleich er über weite Strecken Reisebeschreibungen mit grossen Strapazen übergeht. Das ist aber nicht schlimm, denn die wenigen Sätze reichen aus, und letztlich geht es in dem Roman ja auch um etwas ganz anderes. Dass es angenehmere Dinge gibt, als über Wochen auf Kamelen durch die Wüste zu reisen und immer fürchten muss, ausgeraubt zu werden, ist nicht neu, und so verliert Peinkofer nur wenige Seiten mit den Reisen, wenn es nicht gerade wichtige Sachen zu klären gibt.

Unterm Strich ist Peinkofer ein spannender Roman gelungen, bei dem man allerdings im Mittelteil aufpassen muss, bei den vielen Intrigen in Jerusalem den Überblick zu behalten. Wer da mit wem gegen wen paktiert ist zwar auf der einen Seite packend und überraschend, in der Vielzahl kann es aber auch verwirren und man muss schon dabei bleiben, um weiter mithalten zu können. Die Hauptfiguren sind alle ausreichend charakterisiert, auch wenn einige Nebenfiguren doch an der Oberfläche bleiben. Die beiden königlichen Schwestern und vor allem ihre beiden Ehemänner, die ja doch grossen Einfluss haben (sollten), hätten etwas tiefgehender handeln und somit mehr Raum im Roman bekommen können.

Feind Saladin bekommt nur wenig Raum und taucht überwiegend nur in Erzählungen und Gerüchten auf, aber das reicht als Charakterisierung vollauf. Wer mehr über die Eroberung von Jerusalem durch Saladin erfahren will und vielleicht auch auf grosse Schlachtenbeschreibungen wartet, wird dies in diesem Roman jedoch nicht finden, denn darauf läuft die Handlung zwar hinaus, ist aber letztlich nur das Ziel und nicht der Weg dorthin.

Ein Personenregister zu Beginn des Romans, ein Nachwort und vor allem auch ansprechend gestaltete Karten in beiden Einbänden ergänzen einen Roman, der für Fans der Zeit der Kreuzzüge ein paar interessante neue Aspekte bringen könnte, für alle anderen hingegen einfach beste Unterhaltung mit ein paar Überraschungen bietet. Hier kann man bedenkenlos zugreifen.

Das verschollene Reich

Michael Peinkofer, Lübbe

Das verschollene Reich

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