Nazigold

  • Emons
  • Erschienen: Januar 2012
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  • Emons, 2012, Titel: 'Nazigold', Originalausgabe
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Carsten Jaehner
771001

Histo-Couch Rezension vonOkt 2012

Am Golde hängt, nach Golde drängt doch alles

Kurzgefasst:

Mittenwald, Kriegsende 1945: Fliehende Wehrmachtssoldaten, Flüchtlinge aus dem Osten und entlassene KZ-Häftlinge strömen in den Ort, amerikanische Panzer rollen ein. Tonnen von Gold und Devisen der Berliner Reichsbank werden im Gebirge über dem Walchensee vergraben: das Nazigold. Kurz darauf räumen die Amerikaner die Gruben leer. Ein Jahr später wird der ehemalige Kommandant der Gebirgsjäger-Kaserne und jetzige Betreiber des Ami-Amüsierclubs "Crazy Horse" ermordet. Kommissar Gropper, der in Mittenwald nicht nur diesen Mord aufklären, sondern auch seine Jugendliebe Wilma wiederfinden will, stößt bei seinen Ermittlungen auf weitere mysteriöse Todesfälle und bringt sich selbst damit in große Gefahr.

 

Am 29. Mai 1946 entdeckt die Putzfrau des Bordells "Crazy Horse" Fanny Jais ihren Chef Anton Nafziger tot in seinem Büro. Nach Mittenwald wird der Münchner Kommissar Martin Gropper beordert, der einst in Mittenwald aufgewachsen ist, die Kriegszeit aber durch seine Liebe in der Schweiz verbracht hat und daher von allen schief angeschaut wird.

Dennoch macht er sich an die Ermittlungen und stösst dabei auch immer wieder auf alte Bekannte aus seiner eigenen Zeit in Mittenwald, darunter sein alter Lehrer von damals, bei dem er für die Zeit der Untersuchungen unterkommt, und auch der geistig behinderte Korbi. Doch überall schlägt ihm Misstrauen entgegen, und niemand will ihm so richtig helfen. Nur ganz allmählich kommt er einem grossen Geheimnis von Mittenwald auf die Spur.

Dabei gerät Gropper immer wieder selbst in Gefahr und legt sich sogar mit dem amerikanischen Geheimdienst an. Zu all dem kommt noch, dass er seine Schwester besucht und auf der Suche nach seiner ehemaligen Verlobten ist. Doch auch hier führt der Weg nicht geradeaus. Gropper hat sich seine Heimkehr nach sieben Jahren anders vorgestellt, und nun geht es sogar ums nackte Überleben.

Gelungener Nachrkriegskrimi

Paul Kohls Nachkriegskrimi Nazigold entführt den Leser in die tiefste bayrische Provinz nach Mittenwald, wo der Bordellchef Anton Nafziger ermordet aufgefunden wird und Martin Gropper von der Münchner Polizei den Fall aufklären soll. Dass Gropper den Zweiten Weltkrieg in der Schweiz verbracht hat und sich vor allem "gedrückt" hat, wie viele Mittenwalder sagen, hilft ihm bei seinen Nachforschungen nicht weiter, im Gegenteil, es werde ihm zusätzliche Steine in den Weg gelegt. Doch ist dies ein kluger Schachzug des Autors, der es schafft, diese feindselige Stimmung Gropper gegenüber gut einzufangen und die Bewohner nicht unbedingt in gutem Licht erscheinen zu lassen. Gropper hat keine große Hilfe zu erwarten und tritt auch lange auf der Stelle, eher er langsam vorankommt.

Auffällig neben einigen Verdächtigen, die sich nur langsam aus dem Personal herausschälen, ist auch der untereinander herrschende Filz, wo jeder jedem einen Gefallen tut und man das Gefühl nicht los wird, dass auch der amerikanische Geheimdienst da irgendwie mit drinsteckt. Irgendwie denkt man auch, dass sich da scheinbar bis in heutige Tage nicht viel geändert hat, was einen aktuellen Bezug des Romans zur heutigen Zeit bedeutet und man einige Verwicklungen durchaus wiedererkennt.

 

Obacht gebn, länger leben.

Groppers Privatleben enthüllt sich auch nur langsam dem Leser, und auch hier ist nicht alles Gold, was glänzt. Glänzendes Gold ist allerdings das, worauf letztlich die ganze Geschichte hinausläuft. Der Buchtitel verrät bereits das grosse Geheimnis von Mittenwald, den letztlich wurde hier ein Teil des Nazigoldes versteckt, das nun nicht mehr oder nicht mehr vollständig auffindbar ist und das wohl irgendwie mit dem Tod Nafzigers zu tun hat. Und da bei Geld bekanntlich alle Freundschaft aufhört und die Gier gewinnt, stellt sich nicht nur die Frage, wer den Bordellbesitzer auf dem Gewissen hat, sondern auch, wo das Gold abgeblieben ist. Schade, dass dieser Punkt des Romans bereits im Titel verraten wird, denn nur allmählich wird man im Roman darauf hingeführt, und als Überraschungsmoment hätte es sicherlich seinen Zweck erfüllt.

Nachlässige Recherche

Es gibt genügend Verdächtige, einige mehr, andere weniger, und doch schafft es der Autor, dass man als Leser stets den Überblick behält. Der Krimi an sich ist spannend, es gibt vielerlei Verwicklungen, ordentlich Lokalkolorit (auch sprachlich) und der Leser wird auf den einen oder anderen Holzweg geführt. Die Lösung ist plausibel, und Gropper kann neben dem Mord an Nafziger auch sein eigenes Privatleben klären.

Allerdings sind dem Autor ein paar inhaltliche Schnitzer wiederfahren, die mit ein wenig präziserer Recherche hätten vermieden werden können. Das geht von der Wahl der Autos bis zu den damals noch verkabelten Wanzen und Abhörmikrofonen und weiteren Ungenauigkeiten. Diese verleiden dem kundigen Leser ein wenig die Lektüre, und neben Kommissar "Zufall" ist auch Kommissar "die erste von tausend Möglichkeiten ist die richtige" unterwegs. Wer dies aber nicht merkt oder es ohne Gewissensbisse überlesen kann, dem winkt mit Nazigold ein trotzdem spannender und klug konstruierter Krimi, der 270 unterhaltsame Seiten aus dem Hause Emons verspricht. Gerne wird man bei weiteren (dann aber im Detail genauer recherchierten) Romanen des Autors wieder zugreifen.

Nazigold

Paul Kohl, Emons

Nazigold

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