Ein Garten mit Elbblick

  • Rowohlt
  • Erschienen: Januar 2012
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  • Rowohlt, 2012, Titel: 'Ein Garten mit Elbblick', Originalausgabe
Ein Garten mit Elbblick
Ein Garten mit Elbblick
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Rita Dell'Agnese
801001

Histo-Couch Rezension vonOkt 2012

Nichts ist so, wie es schien

Kurzgefasst:

Hamburg im Sommer 1895: Nach dem Tod ihres Vaters kehrt die junge Henrietta Winfield aus Bristol an die Elbe zurück. Der alte Mann hat ihr kaum mehr hinterlassen als eine Sammlung moderner Gemälde; sein Vermögen ist verschwunden. Henrietta glaubt sich durch ihren englischen Ehemann versorgt. Bis dieser eintreffen wird, steht die Familie ihr zur Seite: Die Grootmanns gehören zur Crème der hanseatischen Gesellschaft, sie handeln seit Generationen mit Chile-Salpeter, Kaffee und Kautschuk. Doch dann wird am Rande der Speicherstadt ein Toter gefunden - Thomas Winfield. Henrietta, ganz auf sich gestellt, sucht nach Antworten. Warum war ihr Mann heimlich in Hamburg? Was geschah mit dem Vermögen ihrer Familie? Und wie wird ihre eigene Zukunft aussehen?

 

Die junge Henrietta Winfield kehrt Ende des 19. Jahrhunderts aus Bristol an die Elbe zurück, um ihren kürzlich verstorbenen Vater zu beerdigen. Der Schmerz sitzt tief, dennoch werden in Hetty schöne Erinnerungen an ihre Kindheit wach, als sie im herrschaftlichen Haus ihres Vaters übernachtet. Hetty, die sich in Bristol nie besonders wohl gefühlt hat, hofft, dass ihr Ehemann Thomas Winfield bereit sein könnte, mit ihr an der Elbe zu leben und seinen Geschäften von dort aus nachzugehen. Noch während sie Zukunftspläne schmiedet, wird im Hamburger Hafen Hettys Mann tot aufgefunden. Hetty, die sich als gutversorgte Frau wähnte, steht vor dem Nichts. Denn nicht nur ihr Ehemann scheint dunkle Geschäfte gemacht zu haben, auch ihr Vater hat seiner Tochter kaum etwas hinterlassen. Um Licht ins Dunkel zu bringen, versucht Hetty zu ergründen, was mit dem Vermögen ihrer Familie geschehen ist. Sie hofft dabei auf die Unterstützung ihres Onkels und dessen Familie, die als Kaufleute seit Jahren gute Geschäfte gemacht haben. Doch auch hier ist nicht alles so, wie es noch vor kurzem schien.

Geübtes Auge

Die Leser können von Petra Oelkers geübtem Auge profitieren, wenn es darum geht, ein Gesellschaftsbild jener Zeit zu entwerfen. Schon nach wenigen Szenen glaubt der Leser, das Bild einer wohlhabenden und in vielerlei Hinsicht auch überheblichen Gesellschaft vor sich zu haben. Das manierierte Verhalten der einzelnen Familienmitglieder ist hervorragend herausgearbeitet und verleiht der Szenerie einen durchaus glaubhaften Charakter. Schnell pickt sich der Leser aus dem Reigen der Protagonisten seine Lieblingsfigur heraus - nicht selten dürfte dies zunächst Hettys Cousin Felix sein, der sich nicht nur charmant sondern auch weltoffen gibt.

Erneut ein Krimi

Petra Oelker ist bekannt für ihre historische Krimireihe um die Komödiantin Rosina. Ob sie mit Ein Garten mit Elbblick eine neue Reihe - eventuell mit dem bescheidenen wie klugen Kriminalkommissar Paul Ekhoff - lanciert hat, ist nicht ersichtlich. Die Figur des Kommissars hat auf jeden Fall viel Potential und könnte für weitere Fälle eine perfekte Ausgangsbasis sein. Anders Hetty. Mit ihr ist es schwer, warm zu werden. Sie wirkt gleichermaßen naiv wie von sich selber eingenommen. Das macht es schwer, die junge Frau wirklich ins Herz zu schließen. So bleibt sie denn auch verhältnismäßig flach in ihrer Dimension, obwohl sie im Roman eine tragende Rolle spielt.

Während vor allem die historische Szenerie weit mehr als bloßer Hintergrund für einen Krimi darstellt, wirken nicht alle Figuren überzeugend. Es mag daran liegen, dass der Roman überaus gut bevölkert ist und es zunächst eine Zeit braucht, um das Gefüge zu verstehen und die einzelnen Protagonisten richtig zuzuordnen. Natürlich wird dadurch ein komplexerer Ablauf möglich. Dennoch hätte es den Lesegenuss etwas steigern können, wenn ein paar Figuren weniger aufgetaucht wären.

Gekonnt umgesetzt

Was auch immer sich Petra Oelker für diesen Krimi vorgenommen hat, sie hat die Geschichte gekonnt umgesetzt und beschert den Lesern dadurch solide Unterhaltung. Vor allem jenen Lesern, die bei einem historischen Krimi viel Wert auf die Atmosphäre legen, wird Ein Garten mit Elbblick einiges zu bieten haben. Wer hingegen eher auf dramatische Höhepunkte steht, der muss hier einige Abstriche machen. Wohl schlägt Petra Oelker ein forsches Erzähltempo an, die Spannungsmomente sind aber eher beschränkt. Dennoch: hier liegt ein schöner, historischer Krimi vor, der im Hamburg des auslaufenden 19. Jahrhunderts spielt und viel Zeitgeist vermittelt. Die Autorin hat sich zudem von Rosina freigestrampelt und schlägt einen ganz neuen Weg ein. Das zum Vorteil der Leser, die dadurch eine neue Welt präsentiert bekommen.

Ein Garten mit Elbblick

Petra Oelker, Rowohlt

Ein Garten mit Elbblick

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