Die Nonne und der Tod

  • Blanvalet
  • Erschienen: Januar 2013
  • 1
  • Blanvalet, 2013, Titel: 'Die Nonne und der Tod', Originalausgabe
Die Nonne und der Tod
Die Nonne und der Tod
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Eva Schuster
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Histo-Couch Rezension vonJan 2013

Farbenfrohes Mittelalter-Spektakel

Köln im Jahr 1348: Die junge Ketlin lebt mit ihrer Mutter in einem kleinen Dorf bei Köln. Ketlin wächst ohne Vater auf, da sie ein Fehltritt des Kölner Bürgermeisters Wilbolt ist. Ketlins Mutter erhält jedoch Jahr für Jahr genug finanzielle Unterstützung, um ihr eine gute Ausbildung in Lesen, Schreiben und Anstandsregeln zu gewährleisten. Ketlin soll dadurch ermöglicht werden, eines Tages von ihrem Vater mit einem angesehen Bürger verheiratet zu werden.

Alles ändert sich, als eines Tages eine Gruppe von Gauklern im Dorf Einzug hält. Ihr charismatischer Anführer Richard bietet Ketlins Mutter an, den Unterricht zu übernehmen und lehrt Ketlin Latein. Die meisten Dorfbewohner sind den Gauklern jedoch feindlich gesonnen. Schließlich bricht die Pest aus - die Gaukler fliehen, Ketlin und ihre Mutter werden als Hexen denunziert.

In Todesangst gelingt es Ketlin, nach Köln zu fliehen. Hier hofft sie, von ihrem Vater Unterstützung zu erhalten - aber als illegitime Tochter wird sie nicht einmal zu ihm vorgelassen. Stattdessen führt sie ihr Weg in das Zisterzienserkloster, wo sie als Novizin aufgenommen wird. Beim Kräutersammeln begegnet sie dem jungen Apothekerlehrling Jacob. Die beiden verlieben sich ineinander und hoffen auf eine gemeinsame Zukunft - doch dann bricht die Pest auch in Köln aus ...

Klöster, Gaukler und die Pest

Die Pest samt ihrer grauenvollen Folgen ist immer wieder ein beliebtes Thema für Historienromane. Claudia Kern gelingt es, die Epidemie des 14. Jahrhunderts mit einer unterhaltsamen Geschichte zu verbinden, die die junge Novizin Ketlin in den Mittelpunkt stellt.

Die Handlung lässt in Sachen Abwechslung keine Wünsche offen; es werden eine ganze Reihe von Fäden präsentiert, die im Verlauf der Geschichte immer wieder aufgegriffen werden und die für Spannung sorgen. Da ist einmal die ständig präsente Frage, ob Ketlin ihrem Vater irgendwann einmal persönlich gegenüberstehen und wie er gegebenenfalls reagieren wird. Schon bald nach dem Tod der Mutter muss Ketlin einsehen, dass nicht alles, was ihre Mutter ihr über ihren Vater und dessen Versprechen behauptet hat, der Wahrheit entspricht. Ketlins Hoffnungen werden jäh enttäuscht und sie begreift, dass sie mittel- und heimatlos auf sich allein gestellt ist. Dennoch kommt sie ihrem Vater immer wieder nah und es bleibt lange Zeit offen, ob und unter welchen Umständen sich eine direkte Konfrontation zwischen ihnen ergibt.

Einen weiteren zentralen Handlungsstrang bildet die Gauklertruppe, die Ketlin in Köln wiedersieht. Dabei fasziniert vor allem das ambivalente Beziehungsverhältnis zwischen dem Anführer Richard und Ketlin. Gegen ihren Willen fühlt sie sich zu ihm hingezogen, weiß gleichzeitig aber nicht, ob ihm zu trauen ist. Das Wiedersehen ist besonders prekär, da sich Richard in Begleitung einer Gefährtin befinden, die Ketlin dementsprechend kühl begegnet. Ein beachtlicher Teil der Handlung widmet sich zudem Ketlins Leben im Kloster. Sie spürt nicht die Berufung zu einem gottgeweihten Leben, doch ihr ist bewusst, dass sie in ihrer mittellosen Lage keine andere Wahl hat. Das Kloster der Zisterzienserinnen bedeutet für Ketlin einen harten Umschwung in ihren Lebensgewohnheiten. Die meiste Zeit wird gebetet, beim Essen herrscht Schweigen, Demut steht an erster Stelle. Intrigen machen auch vor den Klostermauern nicht halt - eine der Schwestern wird zu Ketlins erbitterter Feindin, die ihr das Leben schwer macht. Immer wieder drohen heimliche Aktionen Ketlins ans Licht zu kommen und es bleibt spannend, welche Gefahren noch auf sie im Kloster lauern.

Die Alltagsdarstellung konzentriert sich vorwiegend auf die arme Bevölkerung, stellt deren Leben aber umso intensiver dar. Der Leser erfährt zahlreiche interessante Details zu den Nöten der mittellosen Bürger, zur damaligen Kleidung, zum Essen, zum medizinischen Forschungsstand, zum Aberglauben, zur rechtlichen Lage sowie zu gesellschaftlichen Traditionen und Ritualen.

Überwiegend gelungene Charaktere

Besonders differenzierte Figuren sind die beiden Gaukler Richard und Czyne. Richard ist mit seinen Gesichtstätowierungen, seinen subtilen Anspielungen und seinem selbstbewussten Auftreten eine durchaus einschüchternde Gestalt, doch Ketlin merkt rasch, dass er auch eine sanfte Seite verbirgt. Richard wird ihr Lateinlehrer, der gewisse Gefühle in ihr weckt, ehe er sie enttäuscht und später erneut in den Bann zieht. Das Verhältnis der beiden zueinander ist auf reizvolle Art komplex und ähnliches gilt auch für die Beziehung zwischen Ketlin und Czyne. Die nicht hübsche, aber charismatische Czyne steht Richard nah und begegnet Ketlin zunächst nüchtern bis kalt. Mit der Zeit entspannt sich das Verhältnis der beiden und Czyne zeigt auch andere Züge, wenngleich sie stets kaum zu durchschauen ist, was ihren Charakter aber umso interessanter macht.

Zu den vielschichtigen Charakteren gehört auch die Äbtissin Immaculata. Sie ist streng und sagt Ketlin sogar offen heraus, dass sie sie nicht mag, behandelt sie aber dennoch fair und sieht ihre Fehler ein. Auch die kräuterkundige Agnes gehört zu den gelungenen Figuren innerhalb des Klosters. Sie ist Ketlin zugetan, erscheint aber nicht frei von Schwächen, was sie zu einer besonders realistischen Gestalt macht. Ketlin selbst ist eine liebenswerte, durchaus nicht eindimensionale, aber auch nicht außergewöhnlich markante Protagonistin. Der Leser fühlt mit ihr, sie gehört indes nicht zu jenen Figuren, die sich für lange Zeit einprägen. Ähnliches gilt für Jacob, der ein bisschen blass bleibt, wenngleich er sympathisch erscheint.

Das knapp ausfallende Ende klärt nicht alle Fragen und lässt eine Fortsetzung erwarten. Dennoch ist es ein wenig schade, dass manche Ereignisse zu kurz abgehandelt werden; gerade die Thematik um Ketlin und ihren Vater hätte noch etwas mehr Aufmerksamkeit verdient. Gut getan hätte dem Roman in jedem Fall ein kurzes Nachwort zu den historischen Fakten rund um die Geschichte, vor allem was Köln im Mittelalter und die Pest betrifft.

Unterm Strich präsentiert sich das Werk als kurzweiliger Roman, der sich vor allem Mittelalterfreunden empfiehlt und interessante Einblicke ins Köln des 14. Jahrhunderts bietet. 

Die Nonne und der Tod

Claudia Kern, Blanvalet

Die Nonne und der Tod

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