Die Knopfkönigin
- Insel
- Erschienen: Januar 2013
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- Insel, 2013, Titel: 'Die Knopfkönigin', Originalausgabe
Junge Heldin revolutioniert die Modewelt
Kurzgefasst:
Budweis 1291. Franziska ist eine begabte Schneiderin, die großes Ansehen genießt. Seit ihrer revolutionären Erfindung des Knopfes ist sie in ganz Böhmen bekannt. Ihre prachtvollen und raffinierten Knopfkleider erregen Aufsehen, ihr Talent spricht sich bis in die höchsten Kreise herum, sogar am Königshof verlangt man nach ihren Diensten. Eines Tages gerät sie in einen Hinterhalt des gefürchteten Ritters Bero von Restwangen. In letzter Sekunde kann ihr Geliebter Ludwig sie retten. Doch Bero sinnt auf Rache: Ludwig flieht, und auch Franziska muss überstürzt die Stadt verlassen. Eine Reise in eine ungewisse Zukunft beginnt und führt sie über Nürnberg und Wien bis nach Venedig. Doch wird sie Ludwig je wiedersehen?
Sie ist klug, schön und talentiert: Die junge Franziska muss ihre Heimat Budweis verlassen, um den Nachstellungen des garstigen Ritters Bero von Restwangen zu entkommen. Sie und ihre neue Freundin Marie sind einer Vergewaltigung nur dank des mutigen Eingreifens von Maries Brüdern Karl und Ludwig entgangen. Für die beiden jungen Männer bedeutet das jedoch, dass sie aus ihrer Heimat flüchten müssen, um nicht von Bero fälschlicherweise eines Überfalls bezichtigt zu werden. Für Franziska wiegt der Abschied von der alten Heimat schwer. Gerade eben konnte sie sich in Budweis als junge Schneiderin etablieren und mit ihren Knopfkleidern in der Modewelt für Furore sorgen. Und das, obwohl sie Ende des 13. Jahrhunderts als Frau an sich gar keine Schneiderwerkstatt führen dürfte. Ihr großes Talent als Modeschöpferin kommt der jungen Frau jedoch entgegen, als sie sich in Nürnberg bei einer etablierten aber in der letzten Zeit glücklosen Schneiderwerkstatt vorstellt. Franziska stößt auf die raffinierte Mätresse Elsbeth von Falckenstein, die geschickt dafür sorgt, dass die Schneiderwerkstatt aufblüht. Franziska, die noch immer ihrer Jugendliebe Ludwig nachtrauert, scheint ihr berufliches Glück gefunden zu haben. Und auch Karl, den es ebenfalls nach Nürnberg verschlagen hat, sowie Ludwig, der inzwischen zum Ritter aufgestiegen ist, nehmen wieder einen Platz im Leben der beiden jungen Frauen ein. Doch das Schicksal hält für sie und ihre Freundin Marie noch einige Schläge und Überraschungen bereit.
Eine rasante Entwicklung
Innerhalb weniger Tage findet Franziska nicht nur eine neue Funktion für den bisher vor allem als Zierrat genutzten Knopf, sie macht sich auch bereits Gedanken über verdeckte oder sichtbaren Knopfleisten und verschiedene Knopfvarianten. Diese rasante Entwicklung, die die Modewelt nachhaltig revolutioniert, wirft einige Fragen auf. Autor Rainer Siegel rafft in seinem Roman die Geschichte so stark, dass die Glaubwürdigkeit darunter leidet. Dazu kommt eine Interpretation, die in der mittelalterlichen Modewelt absolut fehl am Platze scheint: So wird unter anderem mehrfach die sportliche Komponente der neuen geknöpften Kleidung betont. Hier zeigt sich, dass der Autor nicht ganz von einer modernen Denkweise lösen konnte und seinem Roman einige Anachronismen verpasste, die vor allem den Lesern, die hier einen historischen Roman suchen, sauer aufstoßen dürften. Dazu gehören auch falsche Bilder, wie etwa jenes, bei dem ein Mann zu einer Frau sagt, sie wolle ihn wohl unter die Haube bringen - eine Redewendung, die hier so nicht funktioniert und zumindest für ein Kopfschütteln sorgt. Weniger irritiert dürften hingegen jene Leser sein, die die Knopfkönigin als Liebesroman vor historischer Kulisse betrachten.
Schwarz-Weiß-Schema
Leider bedient Rainer Siegel auch bei der Figurenzeichnung das Schwarz-Weiß-Schema, wie es vor allem bei Liebesromanen gängig ist. Die strahlende Heldin Franziska ist über jeden Zweifel erhaben, ebenso wie ihre Freundin Marie. Ludwig ist ein edler Ritter, Karl ein gewiefter und grundehrlicher Kaufmann. Ritter Bero hingegen ist der Ausbund von Brutalität und Bösartigkeit. Das alles ist eingebettet in das politische und gesellschaftliche Gefüge des 14. Jahrhunderts, das es einzig den Adligen und den kirchlichen Würdenträgern erlaubt, sich zu entfalten, das Bürgertum und das Handwerk bereits stark einschränkt, die Armen schließlich absolut rechtlos ihr Dasein fristen lässt. Es gelingt Rainer Siegel jedoch, auch einige Charaktere zu schaffen, die mit mehr Konturen aufwarten können und deshalb bedeutend interessanter sind, als die eigentlichen Protagonisten. Besonders Elsbeth von Falckenstein gibt dem Roman eine angenehme Würze.
Viele unerwartete Wendungen
Rainer Siegel hat seinem Publikum vom Plot her einiges zu bieten. Da gibt es so manche dramatische Wendung, die zunächst nicht abzuschätzen war. Das macht Die Knopfkönigin zu einem unterhaltenden Leseerlebnis. Allerdings reizt der Autor hier sehr stark die Grenzen aus. Einige der Ereignisse beziehungsweise aufgeklärte Hintergründe scheinen etwas gar zurecht gebogen und die Fülle von Zufällen oder glücklichen Fügungen strapazieren die Geschichte ganz schön.
Obwohl die Geschichte, wie sich der Knopf von der Zier zum Gebrauchsartikel verwandelte, sehr reizvoll ist und der Autor auch mit seiner bildlichen Sprache die Modewelt des 14. Jahrhunderts in üppigen Farben beschreibt, bleibt es ein Histo-Roman des Mittelmaßes. Für mehr reicht es aufgrund der klischeehaften Figurenzeichnung und einiger historischer Fragezeichen leider nicht. Den Freunden von Liebesromanen dürfte dieser Roman jedoch durchaus entgegen kommen.
Rainer Siegel, Insel
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