Schöne Tage in Weimar
- Kindler
- Erschienen: Januar 2013
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- Kindler, 2013, Titel: 'Schöne Tage in Weimar', Originalausgabe
Ein Bildhauer zweifelt an seinem Verstand
Ernst Rietschel, Bildhauer und Familienvater, reist mit seinem Assistenten Kietz durch Italien, als er eine für ihn wunderbare Nachricht erhält. Sein ehemaliger Lehrmeister Daniel Rauch tritt einen großen und ehrenvollen Auftrag an ihn ab: Er soll die Gestaltung des Goethe-Schiller-Denkmals in Weimar übernehmen.
Mit großem Enthusiasmus will er sich ans Werk machen, doch bei so einem Auftrag wollen jede Menge Leute mitreden, was für Rietschel das Unternehmen alles andere als einfach macht. Als er dann auch noch nächtens unheimlichen Besuch erhält, glaubt er, seinen Verstand zu verlieren…
Witzig und spritzig erzählt
Susanne Falk ist eine Nachkomme Ernst Rietschels und so lag es wohl nahe, dass die Autorin sich eines Tages ihres berühmten Vorfahren annahm und seine Geschichte erzählt. Doch die Herangehensweise ist alles andere als alltäglich, denn es scheint, als entwickelten die Figuren eine gewisse Eigendynamik, so unkonventionell ist ihre Darstellung und die Geschichte selbst.
Die Autorin lässt den Leser Rietschel begleiten, setzt ihn quasi in seinen Kopf, sodass der stille Beobachter alles aus erster Hand erfährt. Begleitet man Rietschel zunächst in Italien, so erlebt man dann aus nächster Nähe mit, wie er den großen und ruhmvollen Auftrag erhält, ein Denkmal für Deutschlands wohl größte Dichter zu schaffen.
Möge man jetzt denken, dass dies vielleicht eine trockene Angelegenheit sei, so wird man schon beim Lesen der ersten Seiten eines Besseren belehrt. Die Autorin hat die wunderbare Gabe, von leichter Hand zu erzählen und trotzdem nahe an der (möglichen) Wahrheit zu bleiben.
Großartige Familie
Steht zwar das Denkmal der berühmten deutschen Söhne, das schließlich am 4. September 1857 eingeweiht wurde, im Zentrum des Geschehens, so bleibt aber auch das Familienleben Rietschels nicht im Dunklen. Gerade seine Frau Friederike ist ihm eine große Stütze, denn auch wenn Rietschel seine vier Kinder liebt, so sorgen sie dafür, dass er nach einem anstrengenden Tag auch zu Hause kaum zur Ruhe kommt.
Mit viel Feingefühl und einer großen Portion Empathie zeichnet Susanne Falk ihre Figuren. Man sieht sie vor sich. Liebt und leidet mit ihnen und ertappt sich manchmal dabei, wie sich einem ein kleines, schadenfrohes Lächeln auf die Lippen zaubert. Wenngleich die Autorin es hervorragend versteht, die ganze gestresste Situation in der Rietschel sich befindet, einzufangen, so geht die luftig leichte Erzählweise dabei nie verloren.
Man begegnet jeder Menge Figuren und alle sind mit derselben Akribie gezeichnet wie Rietschel selbst. Die bildhaften Beschreibungen erleichtern es dem Leser, sich in die verschiedenen Begebenheiten einzufühlen und die Szenen vor sich zu sehen.
Die Krönung der Geschichte
Nur knapp 300 Seiten umfasst das Buch um das Goethe-Schiller-Denkmal und dessen Erschaffer Ernst Rietschel. In diesem schmalen Buch jedoch hat Susanne Falk nicht nur eine wunderbare Geschichte um die Entstehung eines Denkmals gepackt, sondern diese noch mit dem Auftreten der beiden Denkmals-Figuren gewürzt.
Die Auftritte von Goethe und Schiller sind es auch, die Rietschel an seinem Verstand zweifeln lassen, erscheinen ihm die beiden doch nur zur nachtschlafenden Zeit. Nicht genug, dass die beiden ihre Ansprüche zu dem Denkmal kundgeben, sie streiten sich auch noch untereinander und dies mitunter so lautstark, dass sich Rietschel gezwungen sieht, ein Machtwort zu sprechen, um dem Treiben ein Ende zu bereiten. Der ständig nörgelnde Schiller und der eitle Goethe bringen eine große Portion Humor in die Erzählung und machen aus der vielleicht einfachen Geschichte eine kleine Köstlichkeit die man nicht so schnell vergisst.
Dieses Buch ist nicht nur für Leser geeignet die sich für Goethe und Schiller interessieren, sondern für alle Liebhaber des subtilen Humors. Eine wunderbare Geschichte, die sich auch hervorragend zum Verschenken eignet.
Susanne Falk, Kindler
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