Imperium
- Heyne
- Erschienen: Januar 2006
- 12
- Heyne, 2006, Titel: 'Imperium', Originalausgabe
Politik, Macht, Intrigen und ein antiker Justizthriller
In Kürze:
Ein unbekannter junger Anwalt – hochintelligent, sensibel und enorm ehrgeizig – betritt das Zentrum der Macht. Er hat nur ein Ziel: Er will nach ganz oben. Der Fall eines Kunstsammlers, der vor der Willkür eines skrupellosen und gierigen Gouverneurs fliehen muss, kommt ihm da gerade recht. Der Gouverneur hat einflussreiche und gefährliche Freunde im Senat, und sollte der Anwalt den Fall gewinnen, würde er die gesamte alte Machtclique zerschlagen. An die Niederlage wagt er nicht zu denken, sie könnte ihn das Leben kosten. Eine einzige Rede kann über sein Schicksal und die Zukunft einer Weltmacht entscheiden, doch seine gefährlichste Waffe ist das Wort. Die Weltmacht am Scheideweg ist Rom. Der Name des jungen Anwalts ist Marcus Tullius Cicero, Außenseiter, Philosoph, brillanter Redner und der erste Politiker modernen Stils.
Der junge römische Rechtsanwalt Cicero träumt von einer politischen Karriere. Da er jedoch zum Stottern neigt und seine Stimme alles andere als auffällig ist, beschließt er die führenden Meister der Rhetorik zu konsultieren, darunter Apollonius Molon auf Rhodos. Von ihm lernt er seine Sprache zu perfektionieren und kehrt nach Rom zurück. Der erste Schritt auf dem Weg zu seinem Traum, Konsul von Rom zu werden, ist ein Sitz als Senator. Doch hierfür braucht man eine Million Sesterze, die Cicero, der aus eher einfachen Verhältnissen stammt, nicht hat. Er könnte dafür arbeiten oder stehlen, doch einfacher ist der dritte Weg. Er heiratet die aus einer aristokratischen Familie stammende Terentia. Damit kann der Kampf um ein Senatorenamt beginnen. Sein Bruder Quintus fungiert als Wahlkampfmanager und Ciceros kongenialer Sklave Tiro, dieser erfand die Kurzschrift, dient ihm als Sekretär, der allgegenwärtig seine Reden und Diktate mitschreibt.
Cicero hat allerdings mit erheblichen Problemen zu kämpfen. Er verfügt nicht über einflussreiche Familien die seine Kandidatur unterstützen, hat nicht die finanziellen Mittel um Wähler zu kaufen und mit militärischer Macht kann er schon gar nicht dienen. Was bleibt ist seine einzige Waffe: Die Sprache! Ein Besuch von Sthenius aus Thermae/Sizilien kommt ihm da wie gerufen. Dieser beschwert sich, dass der Statthalter Siziliens, Gaius Verres, sein Amt missbraucht und die Leute ausplündert. Cicero geht vor Gericht, doch sein großer Widersacher Hortensius blockiert eine von Cicero eingebrachte Gesetzesvorlage. In seiner Not will Cicero die Angelegenheit vor das Volkstribunat bringen und lässt sich sogar auf ein zwiespältiges Geschäft ein. Der Volkstribun Lollius Palicanus bietet Cicero Unterstützung an, wenn dieser den Feldherrn Pompeius Magnus bei seiner Rückkehr unterstützt. Mit einer höchst demagogischen Rede setzt sich Cicero für Pompeius ein und macht sich damit die aristokratischen Familien endgültig zum Feind. Als Pompeius mit einem großen Triumphzug nach Rom zurückkehrt, muss Cicero entsetzt feststellen, dass dieser gemeinsam mit seinem Erzfeind Crassus die Posten in Rom bereits neu verteilt hat. Cicero geht leer aus und entscheidet sich zum Frontalangriff auf Verres vor Gericht. Gewinnt er gegen seinen Dauerrivalen Hortensius, sollte dies den Weg für eine politische Karriere frei machen...
Die meisten Menschen huldigen der aufgehenden, nicht der untergehenden Sonne.
Ohne einflussreiche Familie, ohne Vermögen und ohne die Macht der Waffen schaffte es nur ein einziger Mann, Konsul von Rom zu werden: Cicero! Aus der Sicht seines Sklaven Tiro wird Ciceros politischer Werdegang von seinen Anfängen bis zum Sieg bei den Konsulatswahlen dargestellt. Heraus kommt das Porträt eines politischen Machtmenschen, der nur für die Erreichung seines Zieles lebt. Wie besessen arbeitet er als ";zweitbester Anwalt Roms" (nach seinem Dauerrivalen Hortensius), immer um wichtige Klienten bemüht, denen er später eine Gefälligkeit abverlangen kann. Zudem bastelt er mit seinem Bruder an einem bis ins Letzte ausgefeilten Wahlkampfsystem und sucht immer und immer wieder die Unterstützung der einfachen Leute, des Pöbels beziehungsweise der Masse.
Ja, ich werde Catilina verteidigen, wenn nötig, und dann werde ich so schnell wie möglich wieder mit ihm brechen. Und er wird genau das Gleiche machen. Das ist die Welt, in der wir leben. Das ist Rom.
Mit brillanten Reden (wer kennt sie nicht, zumindest auszugsweise aus der Schulzeit) und einzigartigen politischen Rochaden wechselt Cicero gelegentlich die Fronten, sodass er oftmals selbst in Gefahr gerät. Denn bei seinen Reden vor dem Senat nimmt er nur selten ein Blatt vor den Mund, neigt mitunter zu Schmähreden (so zum Beispiel die entscheidende gegen Catilina). An seiner Seite zuhause ist seine Frau Terentia, die in Robert Harris´ Roman in erster Linie als Ciceros streitwillige ";Hauptsponsorin" auftritt. Der Ich-Erzähler Tiro gibt einen glänzenden Einblick in die tägliche Arbeit Ciceros, aber ebenso in die Duelle vor Gericht sowie das römische Rechtssystem. Cicero gegen Hortensius vor dem Senat ist ein antiker Justiz- und Machtthriller, der manch aktuelle Stücke sehr alt aussehen lässt.
Das Problem mit Lucius ist, dass er glaubt, Politik sei ein Kampf für Gerechtigkeit. Aber Politik ist ein Beruf.
Der Roman spielt von 79-64 v. Chr. und ist in zwei Teile (";Senator" - ";Prätor") unterteilt. Er bietet alle Facetten der ";großen Politik". Macht, Intrigen und Korruption vermitteln aber auch einen sehr guten Einblick in die damaligen Lebensverhältnisse und den Berufsalltag eines Politikers. Wie Cicero auf Stimmenfang in der Provinz geht oder als Sonderermittler in Sizilien gegen Verres ermittelt, ist durchweg interessant und bietet kurzweiligen Geschichtsunterricht allererster Güte. Danach ist man fast geneigt, sich Ciceros ";Reden und Briefe" anzueignen, allein die stattlichen 29 Bände schrecken ein wenig ab.
Wer sich für Geschichte, Politik, Demokratie, Justiz, Macht(kalkül) und Machtmissbrauch, aber auch für das ";gesprochene Wort" (will sagen für brillante Rhetorik) interessiert, kann hier bedenkenlos zugreifen. Ebenso all diejenigen die sich für das Römische Reich interessieren, denn sie werden hier - außer den genannten Personen - einige Bekannte finden. Cäsar lässt grüßen (ein Verweis auf ";Cäsar" von Gisbert Haefs sei an dieser Stelle erlaubt).
Schade nur, dass bei diesem Roman an den ";Zugaben" gespart wurde, die bei historischen Romanen eigentlich Standard sein sollten. So fehlen ein Personenverzeichnis, ein Glossar und eine Zeittafel.
Robert Harris, Heyne
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