Byzanz
- Lübbe
- Erschienen: Januar 2013
- 3
- Lübbe, 2013, Titel: 'Byzanz', Originalausgabe
Der Untergang des Byzantinischen Reiches
Kurzgefasst:
Konstantinopel, das alte Byzanz, ist 1421 die prachtvollste Stadt Europas. Doch der Glanz trügt. Im Inneren drohen Korruption und Intrigen die Stadt zu zerstören. Von außen rücken die türkischen Eroberungsheere unaufhaltsam näher. Loukas Notaras will mit den Türken Frieden schließen. Sein Erzfeind Alexios Angelos will die Alleinherrschaft und den Krieg. Kann Eirene, die sie beide begehren, die Rivalen versöhnen? Wird Byzanz gerettet werden?
Um das Jahr 1450 ist Konstantinopel, das alte Byzanz, die aufstrebende Metropole am Bosporus. Doch aus dem Inneren heraus droht selbstgemachtes Ungemach, und die Osmanen drohen, die Stadt zu erobern und das Byzantinische Reich zu beenden.
Der Politiker Alexios Angelos will die Macht über die Stadt und den Kaiserstuhl und hat sich dafür die Zusage für die Hand der Nichte des Kaisers, Eirene, sichern lassen. Doch die liebt den Geschäftsmann Loukas Noutaras, erfolgreicher Spross der Noutaras-Familie und umsichtiger Händler. Schließlich einigt man sich, dass Loukas und Eirene heiraten, und Alexios zieht zunächst seiner Wege, doch er und Loukas bleiben auch auf grosse Distanzen miteinander verfeindet.
Während Loukas seine Geschäfte erweitert und sich darüber immer wieder mit seinem Vater bespricht und zudem mit Eirene eine stetig wachsende Familie gründet, versucht Alexios, Allianzen zu schmieden und seinen eigenen politischen Erfolg voranzutreiben. Dabei schreckt er auch nicht davor zurück, ein Verhältnis mit der Kaiserin anzufangen. Während der Kaiser schwächelt und seine Nachfolger bereits das Erbe unter sich aufteilen, droht die Stadt in einem Krieg eingenommen zu werden. Wer wird am Ende erfolgreich sein?
Ein epochaler Roman
Nach Die Kuppel des Himmels legt Sebastian Fleming mit Byzanz erneut einen epochalen Roman vor, der dieses Mal allerdings nicht Rom und den Petersdom als Hauptfiguren hat, sondern Konstantinopel, das alte Byzanz. Fleming breitet auf mehr als 700 Seiten eine Epoche aus, in der die Stadt von Heeren bedroht wird und die letztlich fallen wird und damit das Byzantinische Reich endgültig in die Geschichtsbücher schiebt.
Über einen Zeitraum von mehr als zwanzig Jahren begleitet der Leser vor allem den Kaufherren Loukas Notaras, der sich in die Nichte des Kaisers Eirene verliebt, sie aber standesgemäß nicht heiraten kann. Der Kaiser will sie an den adeligen Politiker Alexios Angelos vergeben, doch macht Eirene mehr als deutlich, dass sie das nicht zulassen wird und sich eher selbst tötet, als Alexios' Frau zu werden. So stimmen denn alle Beteiligten einer Hochzeit zwischen Eirene und Loukas zu, und geheiratet wird in der Hagia Sophia, der Hauptkirche des Byzantinischen Reiches und oftmals Treffpunkt für die Menschen der Stadt.
Eine besondere Stadt
Überhaupt breitet der Autor ein reiches Stadtleben aus, in dem sich Händler und Gauner tummeln, Politiker die Klinke in die Hand geben und Familien ihre Vormachtstellungen ausbreiten wollen. Fleming versteht es, in seinem Romane eine authentische Atmosphäre zu verbreiten und rollt so den Protagonisten einen Teppich aus, den sie leidlich zu nutzen wissen. An jeder Ecke ist der Geruch der Stadt spürbar und riechbar, und die Kirchen und allein die für unsere Augen ausgefallenen Namen tun ihr übriges.
Doch während Loukas in Konstantinopel mit Hilfe seines Vaters und seiner Frau seine Macht und Stellung als Kaufmann vergrössert und ebenfalls erfolgreich Erben zeugt, braut sich außerhalb der Stadtmauern Ungemach zusammen. Politische Allianzen werden geschmiedet, und Alexios Angelos hat seinen Anteil daran. Die Ungarn rüsten sich zum Kreuzzug gegen das Byzantinische Reich, und zudem wechseln die Herrscher in weiteren Feindesländern. Der noch junge Osmanenherrscher Mehmed, einst dritter und eigentlich aussichtslosester Spross der Herrscherfamilie, zumal Sohn einer Tänzerin, gerät an die Macht und tut das, was sein Mutter ihm beigebracht hat: Keine Gnade, man wird mir dir auch keine Gnade walten lassen, und so plant er mit den Ungarn die Eroberung Konstantinopels. Dies alles wird von Sebastian Fleming ausführlich und nachvollziehbar aufgefächert, so dass man immer auf der Höhe der Verhandlungen ist und nicht einfach irgendwelche Fakten präsentiert bekommt. Manche Dinge sind eben kompliziert und bedürfen einen längeren Anlauf, dennoch werden diese Zwischenerzählungen nicht langweilig oder überbordend.
Neben allen Stärken des Roman sind jedoch auch kleinere Schwächen auszumachen. Diese liegen zum einen in den manchmal zu knapp gehaltenen Erzählungen, die so etwas gar zu protokollartig daherkommen und man das Gefühl hat, der Autor hätte sich gerne ausführlicher ausgelassen. Zum anderen sind die philosophischen Gespräche, die das eine oder andere Mal in den Roman eingeflochten werden, stellenweise sehr langatmig geraten (eine dauert fast 12 Seiten), was für manchen Leser bestimmt ermüdend sein würde und überblättert werden wird. Solche Gespräche sind schwer nachverfolgbar, wenn man sicht nicht dafür interessiert, und hätten gerne gekürzt oder gerafft werden dürfen.
Intensive Darstellung
Ansonsten besticht der Roman durch seine bunten Charaktere, seine vielschichtige Handlung und seine hervorragende Atmosphäre. Die Figuren sind nicht schwarz-weiß gezeichnet, selbst Loukas hat nicht nur positive Eigenschaften und auch Alexios findet zwischenzeitlich Frieden in einer eigenen Familie, fernab von seinen sonst gesponnenen Intrigen. Sebastian Fleming weiß zu erzählen und findet (fast immer) die richtige Mischung. Zudem ist der historische Teil des Roman gut ausgearbeitet und man merkt, dass der Autor sehr ausführlich und fürsorglich recherchiert hat.
Kam Die Kuppel des Himmels noch ohne Extras wie Karten oder Verzeichnissen daher, findet man nun sowohl ein Personenverzeichnis, in den Einbänden jeweils eine Karte über das Byzantinische und Osmanische Reich um 1450 bzw. einen Stadtplan von Konstantinopel. Statt eines historischen Nachwortes gibt es einen kurzen Epilog, der die Schicksale der verbleibenden Personen erklärt, woran man erkennen kann, ob es sich bei ihnen um fiktive oder reale Personen handelt. Dies wird leider nicht für alle Personen aufgeschlüsselt, und man kann daher nicht wissen, welche Personen real sind oder nicht.
Mit Byzanz schliesst Sebastian Fleming eine Lücke im unendlichen Genre der Historischen Romane, die bislang nicht ausführlich behandelt wurde und die daher einen tiefergehenden Blick verdient hat. Dies tut der Autor, und wer sich vor 700 Seiten Orientliteratur nicht scheut, ist hier in jedem Fall gut beraten. Der Roman ist ein gelungener Beitrag für das Genre und sollte in seiner Art Vorbild für viele weitere sein.
Sebastian Fleming, Lübbe
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