Die Stunde der Gladiatoren
- Gmeiner
- Erschienen: Januar 2013
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- Gmeiner, 2013, Titel: 'Die Stunde der Gladiatoren', Originalausgabe
Mortituri te salutant
Kurzgefasst:
Das spätantike Trier, 313 n. Chr. Ausgerechnet während der Feierlichkeiten zum Thronjubiläum von Kaiser Konstantin wird der Gladiator Niger, Publikumsliebling im Amphitheater, tot aufgefunden. Die Mächtigen zeigen jedoch keinerlei Interesse an dem Fall, sehr zum Ärger von Gaius Aurelius Varro, Anwalt, Autor und vermögender Aristokrat. Erbost über die Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal des dunkelhäutigen Gladiators, beginnt Varro auf eigene Faust zu ermitteln.
"...Uns brennen, fesseln, peitschen sowie mit dem Schwerte richten zu lassen..." Was sich so grausig liest, ist ein Auszug aus dem Eid, den Gladiatoren in der Antike schwören und auch befolgen mussten, koste es, was es wolle. Wer dagegen verstieß, hatte mit ernsthaften Konsequenzen zu rechnen, wie der Gladiator Niger fest stellen muss, als er sich tot in einer Baugrube in Trier wiederfindet.
Da das Thronjubiläum Kaiser Konstantins unmittelbar bevorsteht, hat der zuständige Befehlshaber der Stadtwache kein sonderliches Interesse an der Aufklärung eines Mordes an einem "unbedeutenden" Gladiator. Der Anwalt Gaius Aurelius Varro zunächst auch nicht, er möchte gerne in Ruhe gelassen werden und an seiner Kriminalgeschichte arbeiten. Doch einer seiner Schützlinge, die Schankwirtin Aspasia, bittet ihn um Hilfe, da sie bedroht wird. Also lässt sich Varro gezwungenermaßen auf die Ermittlungen ein und stößt auch bald auf den toten Niger und auf Zusammenhänge, die bis in die höchsten Kreise reichen.
Enger Zeitrahmen
Uwe Klausner hat sich nach seiner Mittelalter- und der zeitgenössischen Krimi-Reihe in seinem neuesten Roman Die Stunde der Gladiatoren nun der Antike zugewandt. Schauplatz ist Trier im Jahre 313 n.Chr. und der Zeitraum, in dem sich die Handlung abspielt, umfasst knappe 48 Stunden. Es ist eine Herausforderung, einen Kriminalfall in noch nicht einmal zwei Tagen spielen zu lassen, denn aufgrund des engen Zeitrahmens besteht die Gefahr, dass die Geschichte entweder zu spannungsarm ist, da alles aus Zeitmangel glatt laufen muss oder bei dem Versuch, möglichst viel Spannung in kurzer Zeit aufzubauen, überfrachtet wirkt.
Klausner meistert diese Herausforderung über weite Teile hervorragend. Er versteht es, den Spannungsbogen aufzubauen, aufrecht zu halten und ihn schließlich gekonnt aufzulösen. Manchmal allerdings lässt er seine Leser über Ergebnisse von Unterredungen oder Ermittlungen eine Zeitlang im Dunkeln, was natürlich die Spannung erhöhen soll, aber bei den vielen Verflechtungen doch eher zu Verwirrung führt, da die Puzzleteile manchmal schwer zueinander passen wollen und man die Fäden nur mühsam entwirren kann.
Dass der Autor sich in der Antike auskennt und von seinem Thema und dem Schauplatz begeistert ist, spürt man während der Lektüre deutlich. Er beschreibt anschaulich die Lokalitäten der Stadt, den Unterschied zwischen der Oberschicht, zu die der Anwalt Varro zählt und der Unterschicht, mit der er während seiner Ermittlungen in Kontakt kommt. Auch das harte Leben der Gladiatoren kommt nicht zu kurz, man erfährt tiefe Einblicke in deren Welt, in der es auf Leben und Tod geht, in der alle Konkurrenten sind, da sie sich im nächsten Kampf gegenüber stehen könnten, und in der dennoch wahre Freundschaften entstehen. Die Lebensumstände sind für uns heute unvorstellbar: Die Angst, dass jeder Kampf der letzte sein könnte und die Hoffnung, irgendwann, nach genügend erfolgreichen Duellen, ein freies Leben führen zu können, sind die ständigen Begleiter und irgendwie muss man sich damit arrangieren. Freunde, die man gewinnt, kann man genauso schnell wieder verlieren - endgültig. Diese Situation erfasst und transportiert Klausner hervorragend und lässt den Leser mitfühlen.
Kritikpunkte an den Charakteren und der Sprache
Woran dieser Roman krankt - und was den Gesamteindruck deutlich trübt - ist leider die Figurenzeichnung. Zwar ist Varro mit seiner kauzigen Art und seiner alten Kriegsverletzung ein sympathischer und interessanter Charakter, doch leider auch sehr sprunghaft und nicht konsequent ausgearbeitet. Oft schwankt er innerhalb einer Szene von extremen Gemütszuständen, wie z.B. Belustigung und starker Wut und zurück, so dass es für den Leser verwirrend wirkt, der Charakter Varros nicht ganz fassbar ist und somit seine Persönlichkeit unglaubhaft wird. Dass ist nicht nur bei Varro so, sondern auch bei seiner Haushälterin, die sich teilweise furienhaft verhält und in einer Szene einen Bettler, der Varro als Informant dient, zunächst heftig angeht, dann aber, nach einigen Erwiderungen, plötzlich kleinlaut wird. Auch das wirkt nicht folgerichtig und logisch. Ebenso reagieren einige andere Figuren sprunghaft.
Sprachlich zeigen sich ebenfalls Schwächen. Einerseits ist die Erzählsprache der damaligen Zeit angepasst, ohne aufgesetzt zu wirken. Es werden lateinische Ausdrücke und Zitate verwendet, die sich gut einfügen und entweder im Text oder im angehängten Glossar erklärt bzw. übersetzt werden. Davon weicht die Ausdruck- und Wortwahl in den Dialogen erheblich ab. Diese ist oft flapsig und teilweise sehr modern - zu modern, insbesondere im Gegensatz zu der sonstigen Sprache. Das führt zu Brüchen und Störungen im Lesefluss und stört den -genuss erheblich.
Positiv fällt die Ausstattung auf. Nicht nur das Cover, das so sorgfältig und passend ausgewählt wurde, wie man es vom Gmeiner-Verlag kennt, verdient Beachtung. Auch der Anhang kann sich sehen lassen. Bereits am Anfang des Buchs finden sich ein Personenregister, eine Erläuterung zu den Waffengattungen und Fechtpaarungen der Gladiatoren, Tabellen zu Zeiteinteilung und Tagesablauf, römischer Währung und römischen Längenmaßen sowie eine Karte des antiken Triers. Abgerundet wird dies durch ein ausführliches Glossar und eine Litertaturliste am Ende des Romans.
Insgesamt gesehen ist Die Stunde der Gladiatoren eine spannende Geschichte an einem interessanten Schauplatz, die großes Potential besitzt, welches aber leider durch sprachliche Mängel sowie Schwächen in der Figurenzeichnung bei weitem nicht ausgeschöpft wird.
Uwe Klausner, Gmeiner
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