Der Fälscher

  • DuMont
  • Erschienen: Januar 2013
  • 3
  • DuMont, 2013, Titel: 'Der Fälscher', Originalausgabe
Der Fälscher
Der Fälscher
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Jörg Kijanski
801001

Histo-Couch Rezension vonAug 2013

Das große Warten auf Tag X

Kurzgefasst:

Hamburg: Bei einem Routineeinsatz wird Oberinspektor Frank Stave niedergeschossen. Er kommt davon, aber wechselt von der Mordkommission zum Chefamt S, das den Schwarzmarkt bekämpft. Dort wird Stave gleich mit einem rätselhaften Fall konfrontiert: Trümmerfrauen haben in den Ruinen eines Kontorhauses Kunstwerke aus der Weimarer Zeit gefunden gleich neben einer Leiche, deren Identität der Kollege von der Mordkommission offenbar gar nicht aufklären will. Kurz darauf vertraut ihm Lieutenant MacDonald ein weiteres Problem an: Auf dem Schwarzmarkt sind rätselhafte Geldscheine aufgetaucht, deren Existenz die geheimen Pläne der Alliierten stört. Der Oberinspektor entdeckt bald seltsame Parallelen zwischen den beiden Fällen. Als der Tag X gekommen ist die Einführung einer neuen Währung, über die schon seit Wochen in der Stadt gemunkelt wird, scheint Stave kurz vor der Lösung zu stehen. Doch die Wahrheit ist gefährlich, und nicht nur für ihn allein.

 

Juni 1948: Zwei Wochen lag Oberinspektor Frank Stave nach einem missglückten Einsatz bewusstlos im Krankenhaus; niedergesteckt von einem Schuss in die Lunge. Stave wird klar, dass er nicht länger bei der Mordkommission arbeiten möchte und bittet seinen Chef Cuddel Breuer, ihn zum Chefamt S zu versetzen. Nur widerwillig lässt Breuer einen seiner besten Leute ziehen, zumal gemunkelt wird, dass das Chefamt S, welches sich um die Bekämpfung des Schwarzmarktes kümmert, ohnehin kurz vor der Auflösung steht. S wie Sackgasse. Alle warten auf Tag X, jenem geheimnisvollen Tag, an dem die Alliierten eine neue Währung einführen werden. Doch wie wird es danach weitergehen? Zwischen Hoffen und Bangen floriert der Schwarzmarkt, zumal in den Geschäften kaum noch Waren angeboten werden.

 

"Wir verkaufen, was wir auf Lager haben. Aber die Firmen produzieren nichts mehr. Oder sie produzieren, aber horten dann."

"Haben Sie noch ein Herrenhemd, meine Größe?"

"Nein." Dann blickt sich der Verkäufer um, beugt sich vertraulich vor. "Versuchen Sie es doch mal beim Otto-Reuter-Geschäft."

Stave lächelt leicht. Otto Reuter, O. R., "Ohne Rechnung", ein kleiner Handel an der Steuer vorbei.

Stave ist mit seinem neuen Job nicht unzufrieden und so stürzt er sich in die Ermittlungen eines dubiosen Kunstfundes in einem seit Jahren baufälligen Kontorhaus. Hier läuft er seinem ehemaligen Kollegen und Widersacher Dönnecke über den Weg, da direkt neben den Kunstgegenständen eine Leiche gefunden wurde. Doch Dönnecke macht erst gar keine Anstalten zu ermitteln, obwohl einiges für einen Mord spricht. Stave kann es nicht lassen und versucht im Geheimen, auch den mysteriösen Todesfall aufzuklären. Als wären zwei Fälle nicht genug Arbeit bittet ihn Lieutenant MacDonald einmal mehr um Hilfe. Sehr zum Ärger der Briten sind in Hamburg bereits vor Ausgabe der neuen Währung erste Blüten im Umlauf. Soll so womöglich gezielt das Vertrauen in die neue Währung erschüttert werden?

Gelungene Fortsetzung der Serie

Oberinspektor Stave blickt im dritten Band der Reihe wieder einigermaßen optimistisch in die Zukunft. Während er in gleich drei Fällen ermittelt, wartet der Rest der Bevölkerung auf die neue Währung, vor deren Einführung das Szenario dieses Romans spielt. Obwohl Stave zum Chefamt S versetzt wird, gibt es ein Wiedersehen mit vielen bekannten Figuren. Kripochef Breuer, Staatsanwalt Ehrlich, Rechtsmediziner Czrisini, Polizist Ruge, Sohn Karl und Anna, seine neue Liebe. Doch wie schon im letzten Band (Der Schieber) fällt es Stave schwer, seine Beziehungen zu Karl und Anna endlich auf die Reihe zu bekommen. Wie soll er sich seinem Sohn nähern, der letztes Jahr desillusioniert aus der Gefangenschaft zurück kam? Und ist Anna für eine feste Beziehung zu haben? Eigentlich weiß er über ihre Vergangenheit nahezu gar nichts. Gerade die persönliche Weiterentwicklung des Protagonisten dürfte die bisherigen Fans der Serie am meisten interessieren, wenngleich es hier an der einen oder anderen Stelle ein bisschen zu rührselig zugeht.

Spannende Einblicke in die Nachkriegszeit

Zunächst stolpert Stave privat wie beruflich von einer Sackgasse zur nächsten. Letzteres zumindest ist kein Wunder, denn zu viele ungeklärte Fälle hat der Krieg hinterlassen; zu viele Leichen liegen irgendwo im Keller. Die Menschen blicken nach vorne, da sind Fragen zur Vergangenheit unerwünscht. Gekonnt spannt Cay Rademacher einmal mehr den Bogen zwischen erzählerischer Fiktion und einem spannenden Stück deutscher Zeitgeschichte. Die Auflösung der Fälle kommt zwar jeweils etwas plötzlich daher, dafür bietet die zeithistorische Betrachtung einmal mehr viel Erkenntnis und Atmosphäre; wie schon bei den beiden Vorgängern (insbesondere beim Trümmermörder) zu bestaunen war.

Ob und wie sich die Serie möglicherweise weiterentwickelt bleibt abzuwarten, denn neben dem schon angesprochenen Wiedersehen mit etlichen Figuren, stehen am Ende des Buches einige Zeichen auf Abschied. Der Fälscher ist ein kurzweiliges Lesevergnügen mit einem spannenden Rückblick in den Juni des Jahres 1948. Wer den Roman lesen möchte, sollte- sofern noch nicht geschehen - unbedingt die beiden Vorgänger zuerst lesen. Es lohnt sich!

Der Fälscher

Cay Rademacher, DuMont

Der Fälscher

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