Der Fluch der Königskrone
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- Erschienen: Januar 2013
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- , 2013, Titel: 'Der Fluch der Königskrone', Originalausgabe
Weh dir Pfalz! Weh dir Leser!
Im Jahr 1596 erblickt im Pfälzer Jagdschloss Deinschwang Kurfürst Friedrich V. geboren. Da seine Mutter zum Zeitpunkt seiner Geburt keine Milch geben kann, wird Friedrich zu einer Amme gegeben, die ebenfalls gerade einen Sohn geboren hat. So wachsen Friedrich und eben jener Marek als Milchbrüder auf, verschieden von Stand, und doch lebenslange Freunde, wenngleich manchmal unter schwierigen Bedingungen.
Seine Heirat mit Elisabeth Stuart, Tochter des englischen, irischen und schottischen Königs Jakob I., war zunächst taktischer Art, wurde im Vorfeld aber durch Treffen und Briefverkehr der beiden vorbereitet und somit sogar eine Liebesheirat und 1613 vollzogen. Die Kurpfalz steht vor glorreichen Zeiten.
Mit Beginn des 30jährigen Krieges 1618 verkompliziert sich die Lage. Friedrich nimmt die ihm dargebotene böhmische Krone an und wird nur König für ein Jahr und geht als Winterkönig in die Geschichte ein. Als junger unbedeutender König ohne Geld und ohne Truppen, die in einem Krieg unerlässlich sind, wird er von den Mächtigen der Zeit wie Wallenstein und Gustaf Adolf übergangen und ausgenutzt.
Trockene Lektüre
Das alles klingt nach einem bewegenden Roman, der den Leser an die Lektüre fesselt und mit dem Romanhelden mitfiebern lässt, wie er durch Wohl und Wehe seines Lebens leidet und freut und immer seine getreue Frau an seiner Seite hat, mit der er ein tolles Leben führt. Leider schafft es der Autor allerdings an keiner Stelle der 367 Seiten aus dem Hause Wellhöfer, den Leser in seinen Bann zu ziehen.
Der Erzählstil von Wolfgang Vater ist durchgehend trocken und versteht es nicht, den Leser auf seine Seite zu ziehen. Liest man zu Beginn des Romans noch von den dramatischen Ereignissen um Friedrichs Geburt, wie er verkehrt herum im Geburtskanal liegt und unter unwürdigsten Umständen geholt werden muss, schiebt man die neutralen Formulierungen noch Startschwierigkeiten, die so mancher Roman hat, bis sich der Autor warm geschrieben hat. Doch Vater schreibt sich nicht warm, im Gegenteil, sein Stil bleibt nüchtern und trocken und scheint jede Möglichkeit zu scheuen, dem Leser gefallen zu wollen.
Emotionslos
Die Hochzeit, deren prunkvolle Umschreibung sich manch Autor nicht entgehen lassen würde, wird ohne Vorbereitung mit den Worten abgehandelt: "Den Höhepunkt der Vermählung bildete die Prozession vom Whitehall-Palast zur Kapelle. Als das Jawort von beiden gesprochen worden war, schien England in einen Rausch zu verfallen. Das Volk erlebte seinen schönsten Tag, die "Perle Englands" war mit ihrem Märchenprinz verheiratet."
So nüchtern und emotionslos liest sich das gesamte Leben Friedrichs in der Darstellung des Autors. Sein zurückhaltender und egaler Stiel macht es dem Leser auch schwer, mit den Personen und Charakteren warm zu werden und sich auf die Seite irgend jemandes zu stellen. Alle Figuren bleiben gleich blass, Empathie kommt nicht auf, man hat streckenweise das Gefühl, sich inmitten eines ausformulierten Lexikonartikels zu befinden.
Nicht packend oder spannend
An manchen Stellen jedoch lässt Vater durchblicken, dass der Roman spannend hätte werden können, wenn er es durch seine Dramaturgie zugelassen hätte. Es gibt einen Spion, der gegen die Pfalz intrigiert, doch letztlich verläuft dieser Erzählstrang im Sande und wird so egal wie alles andere auch. Ob Friedrich die Königskrone annimmt oder nicht, ob seine Frau wieder ein Kind bekommt oder eines verliert, ob der Krieg in Prag beginnt oder ob in der Pfalz einem Ochsenkarren die Achse bricht alles ist gleich interessant oder uninteressant und nicht packend.
Die Umstände des Dreißigjährigen Krieges werden erzählt und erklärt, doch hat man dies vielerorts schon eindringlicher gelesen. Wer hier warum gegen wen wann kämpft, wird erwähnt, aber mitfühlen kann man nicht, hier sieht man kein Bemühen des Autors, den Leser am Gemüt packen zu wollen. Seine Sprache ist einfach und unaufgeregt, bisweilen durchzogen von unpassenden Modernismen oder Begriffen wie schofel, einem jiddischen Wort, dass ebenso wenig in die Zeit wie in den Kulturkreis der Pfalz passt.
Vertane Chance
Ein fünfzehnseitiges (!) ausführliches Personenregister mit Erklärungen ist die einzige Ergänzung zum Roman und teilweise mit mehr interessanten Informationen gespickt als im Roman. Die Personen im Roman bleiben alle gleich blass und werden nicht weiter charakterisiert als durch ihr Tun und Handeln. Das ist für einen Roman viel zu wenig und sollte in jedem Fall vermieden werden.
Leser dieses Romans sollten sich darauf einstellen, zwar eine leicht zu lesende Lektüre in den Händen zu halten, jedoch durch den selben monotonen, trockenen Stil über alle Seiten nicht gepackt und in Spannung versetzt zu werden, obwohl der Thema einiges hergegeben hätte. Grosse Zeitsprünge in den Erzählungen der Kriegsjahre im letzten Drittel des Buches sind auch nicht geeignet, den Leser zu fesseln. Der Roman dürfte nur für Leser interessant sein, die sich für die Geschichte der Pfalz interessieren, als Einstieg in die Thematik. Wer mehr Spannung erwartet, sollte die Finger von diesem Roman lassen. Schade, eine vertane Chance für ein interessantes Thema.
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