Rose Grandisson - Gefangen in Heidelberg
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- Erschienen: Januar 2011
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- , 2011, Titel: 'Rose Grandisson: Gefangen in Heidelberg', Originalausgabe
Eine Räubergeschichte ungewöhnlich erzählt
Kurzgefasst:
Ein historischer Kriminalfall nach den aktenmäßigen Berichten des Heidelberger Stadtdirektors und Untersuchungsrichters Dr. Ludwig Pfister. Erzählt wird der Aufstieg des Gauner- und Hochstaplerpärchens Carl und Rose Grandisson in die besten Heidelberger Kreise, ihre gnadenlose Demontage und das ungleiche Verhörduell des Stadtdirektors Dr. Ludwig Pfister mit der engelhaft schönen Gefangenen, das zugleich auch eine außergewöhnliche Liebe offenbart. Den Leser erwartet eine literarische Zeitreise in die Heidelberger Romantik und das Jahr 1815, in dem die Stadt am Neckar das Hauptquartier der Fürsten und Kaiser im Entscheidungskampf gegen Napoleon war.
1815. Carl und Rose Grandisson leben als angesehene Bürger in Heidelberg. Kaum jemand ahnt, dass sich hinter dem glamourösen Paar ein Gaunerpärchen verbirgt. Als die beiden auffliegen, nimmt sich der Stadtdirektor Dr. Ludwig Pfister der Sache an und führt die Verhöre. Besonders die wunderschöne und zarte Rose Grandisson hat es dem Stadtdirektor angetan. Im Laufe des Verhörs erfährt er nicht nur ihre Geschichte mit vielen Höhen und Tiefen, er kommt der Frau auch auf eine besondere Art näher und erkennt die starke Persönlichkeit, die in ihrem Körper wohnt. Es wird zur Passion Pfisters den gesamten Hintergrund des Gaunerpaares aufzudecken, eines Paares aber, das sich in inniger Liebe zugetan ist. Ihm offenbart sich ein berührendes Schicksal.
Gewöhnungsbedürftige Sprache
Der Autor Michail Krausnick bedient sich eines ungewöhnlichen Erzählstils. Einerseits präsentiert er die Geschichte aus Sicht von Ludwig Aloys Pfister, der seine Gespräche mit der Angeklagten und seine eigenen Eindrücke minutiös in Protokollen festhält. Dies aber leider in einer Sprache, die überaus gewöhnungsbedürftig ist und es nicht ganz einfach macht, sich ernsthaft auf die Geschichte einzulassen. Oftmals wirkt der altertümliche Sprachfluss ermüdend und zieht die Schilderung zähflüssig in die Länge. Nicht viel anders steht es um die anderen Erzählelemente, die in die Geschichte eingebaut sind. Hier lässt der Autor die Protagonisten über Briefe selber sprechen. Es vermittelt zwar den Eindruck von großer Nähe zu den betroffenen Protagonisten, doch verlangt es vom Leser die Bereitschaft, sich auf immer wieder neue Sprachflüsse einzustellen und sich in die Überlegungen der jeweils sprechenden Person einzustellen.
Gelungener Einblick
Sind die Sprachhürden aber erst einmal genommen, so bekommt der Leser einen soliden Eindruck von der gesellschaftlichen und auch der politischen Entwicklung in den Jahren vor 1815. Denn vieles, was das Gaunerpaar erlebt hat, ist das Ergebnis eines gesellschaftlichen Gefüges, das kaum Spielraum kennt und vor allem den weniger begüterten Menschen sowie den Menschen einfacherer Herkunft viele Steine in den Weg legt. Hier zeigt der Autor sehr schön auf, wie sich der Wunsch Bahn bricht, dieses festgefahrene Schema zu sprengen und eigene Wege zu gehen. Michail Krausnick braucht dafür keine voluminösen Umschreibungen: Alleine durch die Protokolle und die Briefe macht er sichtbar, was in den Köpfen der Protagonisten vorgegangen ist und welche Träume und Hoffnungen mit den Handlungen einhergegangen sind. Es ist dem Talent des Autors zu verdanken, dass dies ohne falsche Moralisierung passiert.
Anziehend aber nicht ganz einfach
Letztlich legt Michail Krausnick hier einen sehr ungewöhnlichen Roman vor. Nicht nur, dass er mit der Räubergeschichte auf eine historische Entwicklung abstützt, die - wenn überhaupt - oft verklärt dargestellt wird. Er fordert seine Leser auch dazu auf, sich mit verschiedensten Denkmustern auseinander zu setzen und lässt ganz unterschiedliche Welten aufeinander treffen. Dabei schlägt er einen durchaus versöhnlichen Ton an.
Das Hardcover aus dem Wellhöfer-Verlag besticht zudem durch eine interessante Gestaltung. Eingestreut sind viele Federzeichnungen, die einen weiteren Einblick in die damalige Zeit gewähren und dem Roman eine besondere Note verleihen. Ein schön gestaltetes Cover sowie umfangreiche Zusatzelemente wie Zeittafel, Erklärungen und Quellennachweis komplettieren den soliden und tiefsinnigen Roman. Dass er den Sprung nach ganz vorne trotzdem nicht recht schaffen will, ist vor allem in der schwerfälligen Sprache zu suchen, die einen ungeduldigeren Leser durchaus dazu verleiten könnte, das Buch vorzeitig wegzulegen. Es würde dem Betroffenen allerdings einiges an feinfühliger Erzählung verloren gehen.
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