Kaperfahrt nach Palmares
- -
- Erschienen: Januar 2011
- 0
- , 2011, Titel: 'Kaperfahrt nach Palmares', Originalausgabe
Fluch der Karibik
Man schreibt das Jahr 1649, England wird von Cromwell regiert. Über Irland brauen sich dunkle Wolken zusammen, denn Cromwells Puritaner wollen die katholischen Iren nicht mehr dulden. Englands Soldaten überfallen nicht nur Siedlungen und Städte, sie verschleppen auch Gefangene auf Sklavenschiffe, verkaufen sie als Sklaven nach Barbados.
Auch der siebzehnjährige Hugh o Driscoll gehört zu jenen Iren, die als Sklaven auf einer Zuckerrohrplantage landen. Waren die Zustände auf dem Schiff schon schrecklich, so muß er feststellen, daß er die Schufterei auf den Zuckerrohrfeldern nicht lange durchhalten wird. Gemeinsam mit einigen Leidensgefährten wagt er die Flucht und landet nach waghalsiger Seefahrt in Tortuga, der Hauptstadt der Bukanier. Bald geht auch Hugh auf Kaperfahrt, aber eigentlich hat er nur ein Ziel vor Augen: Die Befreiung Irlands von Cromwells Joch und die Rückkehr zu Kyra, dem Mädchen, das er heiß und innig liebt.
Das etwas andere Piratenleben
Oliver Steinke schildert in seinem Roman historische Ereignisse, die vielen Lesern bisher wenig bekannt oder vielleicht auch überhaupt nicht bewusst waren. Weit abseits jener pittoresken Hollywood-Romantik, sehr nah an der brutalen Realität, am wahren Fluch der Karibik. Dabei findet man im Roman wunderbare Beschreibungen, griffig und bildhaft, mit denen man sich in die Welt der Bukanier hinein versetzen kann:
Es war ein Fest, wie ich es noch nie erlebt hatte und wenn nicht die zahlreichen Verzehrungen und Narben der Männer, die fette, liederliche Haut der Frauen, die Flöhe und Wanzen auf den Matratzen gewesen wären, wenn wir nicht alle so gestunken hätten, dann hätte ich mich ganz wie im Himmel gefühlt.
Protagonisten werden sparsam, aber einfühlsam und treffend geschildert – nicht jeder mit Tiefgang, aber man weiß als Leser, was man von ihnen zu halten hat. Dazu werden die Zusammenhänge, die zur Entstehung der Piraterie in der Karibik führten, begreifbar geschildert. Der Leser bekommt einen guten Überblick über die Lage der Bukanier und einige höchst interessante Schilderungen Tortugas, das ja als ehemaliges Piratennest bis heute berühmt ist. Das im Buchtitel genannte Palmares ist eine Art Republik der ehemaligen Sklaven, wird aber nur deshalb wichtig, weil Hughs große Liebe hier möglicherweise zu finden ist.
Die Rolle dieser Dame zum Ende des Buches hin ist allerdings nur schwer nachvollziehbar, hier hätte der Autor ruhig ein wenig ausführlicher werden können.
Mal wieder: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod
So interessant das Buch sein mag, die zahlreichen Grammatik- und/ oder Druckfehler sind störend. Nicht nur, daß immer wieder Genitiv, Dativ und Akkusativ verwechselt werden, manche Fehler sind einfach sinnentstellend. Da werden beispielsweise aus Vermessenen Vermessende. Und wenn man als Leser schon einige Kostproben dieser Art hatte und dann liest, daß jemand "einen mäßigen Einfluß" auf einen jähzornigen Menschen habe, dann fragt man sich unwillkürlich, was denn nun eigentlich gemeint sei: Hat da jemand tatsächlich nur mäßigen, also ein bisschen, Einfluß? Oder war er der Einzige, der den Wüterich bremsen konnte und müsste es dann nicht "mäßigender" Einfluß heißen? Derartige Grübeleien und Ratespiele unterbrechen den Lesefluß und sind ausgesprochen nervend!
Allerdings sollte man sich davon nicht den Spaß am Lesen verderben lassen, denn Kaperfahrt nach Palmares hat viel Interessantes zu bieten. Dazu gehören historische Fakten und sympathische Protagonisten, Spannung und gelegentlich auch große Gefühle. Deutlich zu spüren ist beim Lesen, daß der Autor für dieses Buch umfangreich recherchiert hat und daß ihm das Thema offenbar sehr am Herzen liegt. Gerade die Irland-Fans unter den Lesern bekommen hier ein besonderes Buch in die Hand. Aber auch für diejenigen unter den Lesern, die sich für England unter der Herrschaft Cromwells interessieren, dürfte dieses Buch von Interesse sein.
Spannung inklusive
Kaperfahrt nach Palmares ist ein interessantes und informatives Buch, Spannung inklusive. Zwar hat der Roman ein eher jugendtypisches Outfit bekommen, das Buch ist sicher auch vor allem an junge Leser gerichtet. Das sollte jedoch niemanden vom Lesen abhalten, denn inhaltlich geht es hier durchaus anspruchsvoll zur Sache. Zur besseren Orientierung hat der Autor eine Zeittafel angefügt, nicht sehr umfassend, aber gelegentlich durchaus nützlich.
Ein Buch zu einem wohl eher seltenen Themenkreis, mit dem man ein, zwei interessante Abende verbringen kann. Es sei hier ausdrücklich empfohlen, allerdings verbunden mit der Bitte an den Verlag, zukünftig ein wenig mehr Wert auf das Korrekturlesen zu legen.
Deine Meinung zu »Kaperfahrt nach Palmares«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!