Unter dem Südseemond
- Heyne
- Erschienen: Januar 2013
- 9
- Heyne, 2013, Titel: 'Unter dem Südseemond', Originalausgabe
Auswandern nach Deutsch-Samoa
Auswandern – ein Wort, mit dem schon immer unzählige Träume und Sehnsüchte verbunden waren und es auch heute noch sind. Die Sehnsucht nach fernen Ländern, exotischen Gegenden, die Möglichkeit, die Schwierigkeiten im Heimatland hinter sich zu lassen und in der Ferne "etwas zu werden" – das alles übte und übt Faszination aus, ungeachtet aller Schwierigkeiten, die auf Auswanderer zukommen und die man anfangs gerne verdrängt.
Nicht umsonst liefen vor nicht allzu langer Zeit auf vielen Fernsehsendern Formate, die von Auswanderen und ihrem Schicksal berichteten und nicht umsonst stehen sogenannte "Auswandererromane" – auch Love and Landscape genannt – bei Leserinnen und Lesern historischer Romane hoch im Kurs.
Nicht alltäglicher Schauplatz in einer der deutschen Kolonien
Diesem Thema nimmt sich auch Regina Gärtner in ihrem Roman Unter dem Südseemond an und erzählt die Gesichte der jungen Schneiderstochter Alma aus Köln, die 1899 gegen ihren Willen den älteren Hermann Stieglitz heiraten muss und ihrem Mann gezwungenermaßen nach Deutsch-Samoa folgt, wo Hermann für eine Handelsgesellschaft arbeiten wird und seine gesellschaftliche Stellung verbessern möchte. Auf einem der Schiffe, die sie in die neue Heimat bringen, lernt Alma den Seemann Joshua kennen und verliebt sich. Natürlich darf diese Liebe nicht sein, doch Gefühle lassen sich nicht verbieten und ihre Wege kreuzen sich immer wieder.
Daneben gibt es aber noch genug anderes zu bewältigen: Das Leben und die Sitten auf Deutsch-Samoa sind fremd, sich dort einzufinden ist nicht leicht, ihr Mann erwartet ungeduldig, dass sie ihm einen Stammhalter schenkt, die Probleme ihrer Familie erreichen sie sogar in der Südsee und zudem scheint es ein dunkles Geheimnis zu geben, dass sie betrifft.
Das alles bietet genügend Stoff für einen farbenprächtigen und interessanten Roman und Regina Gärtner weiß ihn zu verarbeiten.
Besonders gelungen ist die Entwicklung Almas über die Jahre von einem jungen, naiven Mädchen hin zu einer erwachsenen, selbstbewussten, im Leben verankerten Frau. Dabei ist sie ein Kind ihrer Zeit, das nicht alle Konventionen und gesellschaftlichen Zwänge einfach beiseite fegt, – und genau dadurch glaubwürdig wirkt. Zunächst sind es nur kleine Dinge, doch langsam lernt sie sich durchzusetzen: Sei es dem Hauspersonal gegenüber, den tonangebenden Klatschfrauen der Stadt oder nach und nach auch ihrem Mann. Dazu lernt sie, Verantwortung zu übernehmen – für ihre Freunde, ihre Familie und schließlich auch für sich selbst.
Größtenteils überzeugend und gelungen
Außerdem erfährt man was zur politischen und gesellschaftlichen Situation Deutsch-Samoas und auch des Kaiserreichs, über drohende Kriegsgerüchte, technische Errungenschaften und nicht zuletzt über die samoanische Lebensweise und Bräuche. Auch wenn die Samoaner nicht direkt zu Wort kommen, so existiert mit Joseph eine weitere interessante Figur in diesem Roman, der, da er schon lange auf Samoa lebt, Einblicke in die dortige Lebensweise geben kann. Unverfälscht existiert diese nach fünfzig Jahren Kolonisation sowieso nicht mehr. Gerade diese Passagen hätten aber ruhig noch häufiger und detailreicher vorkommen können, um den Handlungsplatz Deutsch-Samoa noch eindeutiger und unverwechselbarer zu kennzeichnen.
Sprachlich kann Unter dem Südseemond größtenteils überzeugen, es liest sich leicht und angenehm, die Schilderungen sind gelungen und lassen die Landschaft sowie die Orte vor den Augen des Lesers auferstehen. Nur hie und da wirkt der Stil etwas ungelenk – meistens bedingt durch Wortwiederholungen und einige Rechtschreibfehler, die dem Lektorat offenbar durchgerutscht sind und den Leser ab und an aus seinem Lesefluss reißen.
Dramaturgisch ist die Geschichte gefällig aufgebaut, es gibt einige Wendungen, die so nicht zu erwarten waren, was das Interesse des Lesers über die ganze Länge des Buchs aufrecht erhält. Ein paar Dinge wirken allerdings etwas arg konstruiert und das große Geheimnis, das Alma umgibt, ist von Anfang an sehr offensichtlich, so dass die Geschehnisse eher dazu dienen, in Almas Leben Spannung zu bringen, als den Leser in Atem zu halten. Die Liebesgeschichte ist gut erzählt, nicht zu platt oder klischeehaft und man muss als Leser bis zum Schluss warten, um zu erfahren ob es nun für Alma und Joshua ein Happy-End gibt oder nicht.
Unter dem Südseemond ist ein Buch, dass für einige Leseabende gute Unterhaltung bietet, das gerade jetzt dazu einlädt, dem Grau und der Kälte zu entfliehen und eine angenehme Zeit in der warmen, bunten, exotischen Südsee mit glaubhaften und sympathischen Protagonisten zu verbringen und das nur wenige Schwächen aufweist. Man darf auf weitere Werke der Autorin gespannt sein.
Regina Gärtner, Heyne
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