Der General des Bey

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  • Erschienen: Januar 2010
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  • , 2010, Titel: 'Der General des Bey - Das abenteuerliche Leben des Amrumer Schiffsjungen Hark Olufs', Originalausgabe
Der General des Bey
Der General des Bey
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Birgit Stöckel
761001

Histo-Couch Rezension vonNov 2013

Den Stürmen des Lebens trotzen

Den Namen Haruk Olufs kennt auf der nordfriesischen Insel Amrum jedes Kind. 1724 als Schiffsjunge von Piraten entführt und auf dem Sklavenmarkt in Algier verkauft, gelangt Haruk an den Hof des Bey von Constantine und steigt dort rasch auf, da der Herrscher Gefallen an ihm findet. Doch wirklich zuhause wird er in der Fremde nie und so sehnt er sich stets nach seiner Heimat zurück.

Von der Insel Amrum bis in den Orient

In seinem Roman Der General des Bey nimmt sich Udo Weinbörner des bewegten Lebens Haruk Olufs an und lässt den Leser daran teilhaben. Nach Haruks Tod findet seine Familie Aufzeichnungen, die von den ereignisreichen Jahren in der Gefangenschaft berichten und ein anderes Licht auf den Menschen werfen, den seine Frau, sein Sohn und seine Töchter zu kennen glaubten. Sein Sohn Lorenz vertieft sich in diese Hinterlassenschaft und versucht, seinem Vater nachzuspüren. Anhand dieser (fiktiven) Aufzeichnungen, die in der Ich-Perspektive geschrieben sind, lernt auch der Leser das Leben als Schiffsjunge, die harten Bedingungen eines Sklavenlebens, die bunte Welt des Orients und nicht zuletzt die Person Haruk Olufs kennen.

Weinbörner hat gründlich recherchiert und versteht es, den Fakten Leben einzuhauchen: Von der nebligen, kalten Insel Amrum über den kargen, harten Schiffsalltag bis hin zu der glühenden Hitze Afrikas egal, worüber Weinbörner schreibt, er macht es mit einer Eindringlichkeit, die dem Leser alles bildlich vor Augen entstehen lässt und ihm das Gefühl vermittelt, er sei mitten dabei.

Etwas unausgewogene Gewichtung

Allerdings gibt es ein deutliches Ungleichgewicht zwischen den einzelnen Teilen der Geschichte. Bis Haruk das gekaperte Schiff verlässt, ist schon über ein Drittel des Buches vergangen, bis er nach Constantine kommt, knapp die Hälfte, dabei umfasst die Zeit, die Haruk im Dienste des Bey verbringt, die weitaus größere Anzahl an Jahren.

Natürlich ist ein etwas gemächlicherer Einstieg nicht das Schlechteste: Man lernt den Protagonisten kennen; die Lebens- und Arbeitsbedingungen auf dem Schiff zeigen, woher er kommt, was ihn prägt, wie Zusammenhalt und Vertrauen funktionieren und wie sie versagen können. Doch hier bietet diese Art des Einstiegs zwei Probleme: Zum einen kommt es im ersten Teil zu ein paar Längen, weil man das Gefühl hat, irgendwie ginge nichts vorwärts (vor allem, wenn man weiß, wie viel Zeit noch kommt und wie viel Seiten dafür nur noch übrig bleiben).

Zum anderen ist der zweite Teil so straff erzählt, dass zwar garantiert keine Längen mehr auftreten, aber dafür einiges nun zu kurz erzählt ist, fast wie im Zeitraffer. Vieles wird nur knapp erwähnt, weniges ausführlicher beschrieben. Dadurch ist es nicht immer leicht, den Überblick zu behalten und die Entscheidungen Haruks nachzuvollziehen.

Ein starker Charakter

Haruk Olufs ist eine faszinierende Persönlichkeit. Man erlebt den Wandel von einem naiven, lebensfrohen Jungen, der zum ersten Mal verliebt ist, zu einem mächtigen, mutigen, teilweise wagemutigen und kühl handelnden Mann mit. Einem Mann, der einem nicht immer sympathisch ist und der er selber nicht unbedingt sein möchte, aber ein Mann, der glaubhaft ist. Man lernt ihn nach und nach kennen und doch wünscht man sich manchmal, mehr von seinen Gedanken und Gefühlen zu erfahren, um manches besser nachvollziehen zu können.

Die anderen Charaktere, eingeschlossen des Bey, bleiben allerdings leider relativ blass im Vergleich mit Haruk. Über ihre Motivationen, Vorstellungen und Träume erfährt man wenig. Zum einen ist das natürlich der Ich-Perspektive geschuldet, zum anderen gibt es kaum ausführlichere Dialoge, aus denen man einen Einblick in Haruks Gegenüber gewinnen könnte.

Insgesamt hätte es dem Roman gut getan, wenn der erste Teil etwas kürzer gefasst worden wäre, der zweite dafür mehr Raum bekommen hätte und das Buch insgesamt einige Seiten mehr. Dass Weinbörner jedoch erzählen kann, merkt man, und er breitet ein farbenprächtiges Panorama vor seinen Lesern aus, in das man so furchtbar gerne noch tiefer eintauchen und in dem man den Protagonisten gerne noch näher kennenlernen würde.

Der General des Bey ist ein Roman, der sich mit einem Thema abseits des Mainstreams beschäftigt und nicht nur Amrum-Liebhabern schöne Lesestunden bereiten wird. Vorausgesetzt, man kann damit leben, dass das Augenmerk mehr auf der Erzählung als auf den Figuren liegt und wenn man mit dem Ungleichgewicht in der Geschichte leben kann.

Der General des Bey

Udo Weinbörner, -

Der General des Bey

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