Elizabeth - Tochter der Rosen
- Lübbe
- Erschienen: Januar 2014
- 2
- Lübbe, 2008, Titel: 'The King's Daughter', Originalausgabe
Mein Leben versickert in Gefangenschaft!
England im 16. Jahrhundert. Elizabeth ist die Tochter des Königs. Ihr Vater ist groß und stark, ihre Mutter ist wunderschön und geldgierig. Wenn Edward IV. mit seiner kleinen Tochter spielt, dann ist das Leben einfach nur schön. Und Elizabeth vergisst, wie streng die Mutter sein kann.
Aber nicht immer ist alles so einfach, und oft versteht die kleine Prinzessin nicht, was um sie herum geschieht. Aber bald begreift auch Elizabeth, daß ihr Vater Feinde hat. Als Edward IV. stirbt, ist seine älteste Tochter 17 Jahre alt. Sie erlebt gemeinsam mit Mutter und Schwestern das Kirchenasyl. Ihre Brüder verschwinden, niemand weiß, wo sie sind und ob sie noch leben. Hier trifft Elizabeth einen Mann, in den sie sich verliebt und an dessen Zärtlichkeit sie sich ihr Leben lang erinnern wird. Doch es gibt noch einen anderen Mann, der für sie wichtig wird: Elizabeths Onkel Richard wurde zum König von England gekrönt. Er holt sie und ihre älteren Schwestern an den Hof. Zu ihrer Tante Anne entwickelt Elizabeth eine enge Beziehung. Ihr Onkel Richard, König Richard III., wird für immer ihre große, unerfüllte Liebe bleiben.
Aber Anne stirbt und Richard verliert all seinen Lebensmut. In der Schlacht von Bosworth sucht er den Tod. Zurück bleibt Elizabeth, die nun ihre Aufgabe darin sieht, dem englischen Volk endlich den ersehnten Frieden zu bringen. Sie nutzt nicht ihre Chance zur Flucht sondern ergibt sich in ihr Schicksal. Henry Tudor wird sich mit ihr vermählen, denn sein Thronanspruch ist bisher nur durch den Sieg bei Bosworth legitimiert. Um Rückhalt bei seinen Untertanen zu finden, muß er Elizabeth heiraten, die Tochter eines Königs.
Elizabeth liebt ihren Mann nicht und auch die kommenden Jahre geben ihr wenig Anlaß dazu. Von ihrer Schwiegermutter Margret Beaufort praktisch wie eine Gefangene behandelt, von ihrem Mann mit Misstrauen beäugt, ohne eigene finanzielle Mittel, muß Elizabeth erleben, wie Henry VII. seinen Machtanspruch mit eiserner Faust durchsetzt. Nur einer gibt ihr Hoffnung, schenkt ihr die Kraft, ihrem Volk eine freundliche und liebevolle Königin zu sein: Ihr ältester Sohn Arthur, der England in eine glückliche Zukunft führen soll.
"Prinzessinnen haben keine Wahl!"
Über die Damen der Rosenkriege sind schon so einige Romane geschrieben worden. Unterschiedliche Sichtweisen der verschiedenen AutorInnen machen diese Romane um so interessanter.
Elizabeth ist eine der tragischen Frauengestalten aus der Zeit der Rosenkriege. Anders jedoch als bei anderen Damen aus dieser Zeit ist über Elizabeth die Gute kaum etwas bekannt. Fast scheint es, als hätten Ehemann und Schwiegermutter dafür Sorge getragen, daß die letzte Prinzessin aus dem Hause York nach ihrem Tod spurlos aus dem Gedächtnis ihres Volkes verschwindet. Nur eine umfangreiche kleinteilige Recherche kann es der Autorin ermöglicht haben, diesen Roman zu schreiben. Schon allein davor muß man den Hut ziehen.
Sandra Worth beginnt ihren Roman über eine der beliebtesten englischen Königinnen im Jahr 1470. Zu dieser Zeit ist Elizabeth sieben Jahre alt und lebt in einer heilen Welt. Der Autorin gelingt es, das Erleben des Kindes so zu schildern, daß man gut die Gedanken und Gefühle eines kleinen Mädchens erkennen kann. Nach und nach erweitert sich Elizabeths Horizont und mit ihr bekommt auch der Leser immer mehr Einblick in die Politik und in die Zusammenhänge der Rosenkriege. Sandra Worth schildert glaubhaft ein junges Mädchen, in permanenter Auseinandersetzung mit der Mutter, verliebt, von den Zwängen der Politik überfordert und im Chaos der Gefühle bei all den verschiedenen angedachten Heiraten. Mutter Elizabeth Woodville ist ganz sicher nicht diejenige, der die Sympathie der Autorin gilt. Überhaupt gelingt es Sandra Worth, die im Roman auftretenden historischen Persönlichkeiten ausgesprochen plastisch darzustellen und ihnen wahrhaftige, tiefe Charaktere zu verleihen. So lebt dieser Roman auch von der Darstellung der einzelnen Protagonisten und berührt den Leser damit sehr.
"Um König zu sein, musst du einen König töten."
Besonders dramatisch ist wohl die Schilderung des Lebens als Königin. Hier gibt es keine Sentimentalitäten, keine großen Worte. Alleine die zurückhaltende Darstellung von Lebensumständen und Gedanken zeichnet von Elizabeth das Bild einer starken Frau unter erniedrigenden Umständen. Elizabeth misstraut am Ende ihres Lebens allen und jedem. Sandra Worth beschreibt eine Atmosphäre, so giftig, daß man beim Lesen manchmal schreien könnte, beklemmend und bedrückend. Immer wieder gerät Elizabeth in den Konflikt von familiärer Loyalität, moralischen Ansprüchen und Politik. Und sie muß miterleben, daß der Mann, mit dem sie das Bett teilen muß und dem sie Kinder schenkt, jeden männlichen Nachkommen ihrer Familie gnadenlos auslöscht.
Geradezu grandios ist die Schilderung einer machtbesessenen, zwanghaften Margret Beaufort:
"Die Frau war unausstehlich. Nie wich sie mir von der Seite, und ohne Unterlaß quälte sie mich mit ihren Fragen, warum ich noch nicht auf dem Abort war. Sie bestand darauf, daß ich ihn nach dem von ihr festgelegten Plan aufsuchte. Ich träumte sogar, daß sie mir dorthin folgte und sich zählend über mich beugte: ein Wisch, zwei Wische, drei Wische..."
Sandra Worth ist hier ein Kabinettstückchen gelungen. Allerdings: So unsympathisch man Margret Beaufort finden mag, ihr noch vor der Entdeckung Amerikas zu unterstellen, daß sie Regeln für das Kartoffelschälen aufstellte, das schießt wohl über das Ziel hinaus. Es ist zu hoffen, daß es sich hier um einen Übersetzungs- oder Druckfehler in einem ansonsten akribisch recherchierten Roman handelt.
Elizabeth die Gute
Die Geschichte Elizabeths ist spannend und tragisch. Sandra Worth hat daraus einen fesselnden Roman gemacht und Bastei Lübbe mit diesem Roman einen regelrechten Glückstreffer gelandet. Dazu kann man nur gratulieren! Elizabeth - Tochter der Rosen ist ein "must have" für alle, die an englischer Geschichte und speziell an den Rosenkriegen interessiert sind. Dies ist ein wirklich berührender Roman, der realen Historie verpflichtet. Im Anhang findet sich ein umfangreiches Nachwort der Autorin, die darin kein Blatt vor den Mund nimmt und schonungslos mit den Tudors ins Gericht geht. Sie erläutert auch ihre Quellen und begründet die von ihr im Roman aufgestellten Theorien. Dies ist ein Nachwort, das man unbedingt lesen sollte. Und natürlich diesen wunderbaren Roman!
Sandra Worth, Lübbe
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