1356
- Wunderlich
- Erschienen: Januar 2014
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- Wunderlich, 2012, Titel: '1356', Originalausgabe
Auf der Suche nach dem Heiligen Schwert des Petrus
Im Hundertjährigen Krieg, als man in Frankreich hauptsächlich gegen sich selbst und gelegentlich auch gegen die Engländer kämpfte, war die grosse Zeit der Langbogenschützen, die vor allem in den Reihen der Engländer zu finden waren, während die Franzosen mehr die Armbrust benutzten. Im Jahr 1355 landete Edward, Prince of Wales und somit Thronfolger von Edward III., an der Küste Frankreichs, um sein verbrieftes Recht auf Frankreich in Anspruch zu nehmen. Edward, auch der "schwarze Prinz" genannt, führt seine Truppen mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.
Während sich die englische Armee in Frankreich sammelt, bekommt Thomas of Hookton, genannt "Le Bâtard", der sechs Jahre zuvor bereits den Heiligen Gral fand und der inzwischen eine Gruppe von englischen Söldnern führt, den Auftrag, das Schwert, genannt "La Malice", zu suchen, mit dem Petrus einst seinen Herrn Jesus Christus verteidigte. Dieses Schwert soll seinen Besitzer unbesiegbar machen.
Thomas macht sich mit seinen Getreuen auf den Weg und muss schnell feststellen, dass auch seine Feinde nach dem Schwert suchen. Kein Wunder, Unbesiegbarkeit macht sich in Kriegstagen hervorragend. Doch zunächst gilt es, die Spur des Schwertes aufzunehmen, denn dieses zu finden ist auch nicht so einfach. Doch Thomas gibt so leicht nicht auf und findet das Schwert oder zumindest weiß er, wer es hat. Doch immer näher rücken die Armeen der Franzosen, und als man sich zur grossen Schlacht in Maupertuis bei Poitiers trifft, stehen die Engländer einer Übermacht der Franzosen entgegen. Und die haben das Petrusschwert...
Vierter Teil einer Trilogie
Wem der Name Thomas of Hookton bekannt vorkommt, der hat vielleicht bereits die Grals-Trilogie von Bernard Cornwell gelesen, in der eben dieser Bogenschütze Thomas den Auftrag hat, den Heiligen Gral zu suchen, zumal er aus einer angesehen Wächterfamilie des Grals abstammt. Cornwells Romans 1356 spielt sieben Jahre später und kann als eine Art Fortsetzung betrachtet werden. Es geht nicht um den Gral, sondern um das Schwert des Petrus, und der Hundertjährige Krieg ist eine Phase weiter.
Gemeinsam mit seinen Kumpanen hat Thomas die Schlacht von Crécy überlebt und seine Geliebte Genevieve geheiratet, ist auch nun stolzer Vater eines Sohnes. Er betätigt sich als Söldner und hat eine gefürchtete Truppe um sich versammelt, als der Ruf an alle Engländer in Frankreich geht, sich zu sammeln. Von Prinz Edward bekommt er den Auftrag, das sagenhafte Schwert zu beschaffen, mit dem Petrus Jesus verteidigt haben soll - ein ehrenwerter Auftrag, doch würde Thomas zum einen lieber kämpfen und zum anderen fehlt ihm jeglicher Ansatz, das Schwert zu finden.
Erschwerte Suche
Erst ein Bild in einem Kloster hilft ihm weiter, doch fehlen ihm sowohl Zeit als auch Männer, um sich nur auf seinen Auftrag zu stürzen. Der König ruft zu den Waffen, und Thomas Männer wollen eh lieber die Klingen kreuzen als einem Schwert hinterherlaufen, dessen Existenz noch nicht einmal gesichert ist.
Bernard Cornwell erweist sich wie so oft als kluger Erzähler, der es versteht, seine Leser in den Bann zu ziehen. Seine Charaktere sind bunt gestaltet, neben tiefgängigen wie Thomas, der neben seinen Aufträgen und Kämpfen auch seine Familie hat, um die er fürchtet, gerade als sie entführt wurde, gibt es auch plattere Charaktere, die wie Schablonen wirken und somit beispielhaft für die Massen an Charakteren wirken. Die Bösen sind von Herzen böse und machtbesessen. Gerade Kardinal Bessières, Thomas Erzfeind, seitdem Thomas seinen Bruder tötete, ist skrupellos und will Thomas und seine Männer unbedingt zur Strecke bringen, und wenn möglich auch nicht schnell, sondern langsam und qualvoll, damit er das Leiden auch ordentlich auskosten kann.
Engländer gegen Franzosen
Die Suche nach dem Petrusschwert nimmt im Roman vergleichsweise wenig Platz ein - beschrieben wird daneben auch der tatsächliche Weg des Schwertes und die Geschichte der Franzosen, wie sie vor dem englischen Prinzen fliehen und versuchen, ihm eine Falle zu stellen, was dann jedoch - die Geschichte hat es gezeigt - nach hinten losging. Wie in den Geschichtsbüchern nachzulesen ist, werden die übermächtigen Franzosen die Schlacht bei Maupertuis blamabel verlieren. Schon das Wort "Maupertuis" bedeutet soviel wie "schlechter Durchgang", bezeichnend einen engen, von Hecken gesäumten Weg, durch den sich die Franzosen fädeln mussten - und sich somit in annehmbaren Portionen den in der Unterzahl befindlichen Engländern in die Hände bzw. vor die Pfeilspitzen fielen - im wahrsten Sinne des Wortes.
Diesen historischen Kontext weiß Cornwell spannend zu beschreiben und dem Leser verständlich zu machen, so dass gerade das letzte Drittel des Romans ordentliches Tempo vorzuweisen hat, wo es ordentlich knistert und durch die ausführlich beschrieben Schlacht auch ordentlich Federlesens gibt. Zwar ist das Schema zahlenmäßig unterlegene Engländer siegen über zahlenmäßig überlegene Franzosen durch Cornwells Romane (der Autor ist natürlich Engländer) hinlänglich bekannt, aber es gibt wenige Autoren, die diese Begebenheiten ihren Lesern so klar und verständlich darreichen können wie Bernard Cornwell.
Die Kenntnis der Lektüre der Gralstrilogie ist zum Verständnis von 1356 nicht unbedingt vonnöten, erleichtert aber die eine oder andere Einordnung von alten Feinden, die Thomas über den Weg laufen. Neben dem Kardinal glänzt auf Seite der Gegner vor allem Roland de Verrec, auf Seiten von Thomas fiebert man mit den Kumpanen Sculley und Robbie mit, letzterem wird noch eine besondere Bedeutung zukommen.
Humor und Sarkasmus
Auch wenn die Schablone Cornwells bekannt ist, so ist mit 1356 doch ein Roman erschienen, der vor allem Cornwell-Fans erfreuen dürfte. Allerdings besteht die Gefahr, dass Cornwell eben beginnt, sich zu wiederholen und die gleiche Geschichte unter anderen Voraussetzungen neu zu erzählen. Dass dies nicht der Fall ist, verdankt der Roman seinen bunten Charakteren und den originellen Nebenhandlungen, wenngleich es mehr Anteile für die Schwertsuche hätte geben können. Zudem weiß Cornwell zwischendurch immer wieder, durch einen trockenen Kommentar die Stimmung aufzulockern, warum nicht, ein bisschen Humor und Sarkasmus darf im Angesicht des Todes oder des begehrtesten Artefakts seiner Zeit durchaus erlaubt sein.
Wer nicht auf Schlachtengetümmel steht, der wird an den gut recherchierten historischen Fakten seine Freude haben. Eine Karte Frankreichs und ein gewohnt ausführliches Nachwort des Autors ergänzen den Roman. 1356 ist nicht Cornwells stärkster Roman, aber allemal lesenswerter als so manches Histo-Einerlei.
Bernard Cornwell, Wunderlich
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