Man erntet, was man sät

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  • Erschienen: Januar 2014
  • 2
  • , 2014, Titel: 'Man erntet, was man sät', Originalausgabe
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Annette Gloser
851001

Histo-Couch Rezension vonJan 2014

Bittere Ernte

Im Jahr 1883 lebt Familie Sievers weiter in ihrer Grassodenhütte. Hans hofft auf eine reiche Ernte, denn das Getreide steht gut auf den Feldern. Nachdem im Jahr zuvor ein Brand fast die gesamte Ernte vernichtete, hatten die Ansiedler es nicht leicht, durch den Winter zu kommen. Einige verdingten sich beim Bau der Eisenbahnstrecke und verdienten so das nötige Geld für ihre Familien. Das Städtchen Himmelsfeld gibt es nach den dramatischen Ereignissen im Winter 1881/ 82 nicht mehr. Das gerade erst gegründete Neufeld hat sich mehr und mehr zum Zentrum der ganzen Gegend entwickelt. Das große Sagen aber hat dort die Eisenbahngesellschaft und ihr Vertreter Edward Tullis sorgt dafür, daß das auch so bleibt. Das Städtchen Miller musste sogar nach Neufeld umziehen, weil die Bahnstrecke nicht durch Miller hindurch geführt wurde. Auch Clara Wolter ist nach dem Tod ihres Mannes in den aufstrebenden Ort gezogen und hat dort einen neuen Laden eröffnet.

Nun stehen Wahlen an und auch Sheriff Jack Hunhoff möchte gerne wiedergewählt werden. Da kommt es gerade sehr ungelegen, daß an der Landstraße nach Watertown die Leiche Georg Blocks gefunden wird, des ehemaligen Bürgermeisters von Miller. Und nicht weit entfernt findet Hunhoff auch die tote Clara Wolter. Der Sheriff weiß, er muß alles tun, um den Mörder zu finden. Schon vor zwei Jahren war es ihm nicht gelungen, den Mörder von Wolter zu fassen. Gelingt es ihm jetzt nicht, diesen Doppelmord aufzuklären, dann wird wohl Bill Schwarz die Wahl zum neuen Sheriff gewinnen. Was aber wird dann aus Hunhoffs Zukunftsplänen, denn eigentlich möchte er gerne heiraten. Aber dazu sollte zumindest sein Einkommen gesichert sein. Also macht sich Hunhoff daran, den Mord an Clara Wolter und Georg Block aufzuklären. Zu dumm nur, daß er zwar in Chicago ein ganz passabler Polizist war, aber von einer Mordermittlung keine Ahnung hat.

Präriebrände und Heuschrecken

Kai Blum führt seine Leser im zweiten Teil der Auswanderersaga in eine immer noch sehr weite und leere Prärie. Zwei Jahre nach den Geschehnissen im ersten Teil Hoffnung ist ein weites Feld hat sich zumindest für die Familie Sievers nicht so sehr viel verändert. Allerdings spürt der Leser sehr deutlich den Gründerdrang in den neuen Städten - die doch bisher noch nicht viel mehr als eine Ansammlung von Bretterbuden sind. Familie Sievers dagegen hat es noch nicht einmal bis zur Bretterbude geschafft. Auch im zweiten Teil beschreibt der Autor die Lebensumstände seiner Protagonisten sachlich und ohne Larmoyanz. Da gibt es die Durchhaltetypen und die Aufgeber, die vom Landleben angeödete Jugend und die aufstrebenden Politiker. Immer wieder spielt das Bestreben nach einem Anschluß des Dakota-Gebietes an die Vereinigten Staaten eine Rolle. So bleibt der Roman nicht nur dicht bei den Eingewanderten, sondern holt auch die große Politik mit in den Blickwinkel der Leser.

Im Roman bereits angedeutet wird die später stattfindende Teilung in Nord- und Süd- Dakota. Den größten Raum nehmen jedoch die Widrigkeiten ein, mit denen die Siedler zu kämpfen haben: Präriebrände, Heuschrecken, Wetterextreme. Und auch jene Probleme, die von Menschenhand gemacht sind, kommen nicht zu kurz: Preisdiktat durch Getreideaufkäufer, Monopolstellung einzelner Gewerbe, die Allmacht des Vertreters der Eisenbahngesellschaft. Wer "Man erntet, was man sät" liest, bekommt ein ungeschminktes und sehr plastisches Bild vom Leben der Einwanderer und von der Entstehung der ersten Städte im "Wilden Westen". Dieses Bild hat allerdings nicht viel mit der sattsam bekannten Filmromantik zu tun - nur die Bretterbuden ähneln sich.

Keine Chance auf High Noon

Jack Hunhoff als Sheriff und Mordermittler rückt in diesem Roman etwas mehr in den Mittelpunkt. Allerdings haben wir es hier mit einem blutigen Anfänger zu tun. Hunhoff hat schlicht und ergreifend keine Ahnung davon, wie man in einem Mordfall ermittelt. Manch gewieftem Krimileser stehen vermutlich bald die Haare zu Berge, wenn er miterleben muß, wie dieser Dilettant ständig irgendetwas vergisst oder vergeigt. Aber gerade das macht Jack Hunhoff sehr authentisch. Es ist nicht davon auszugehen, daß in den Siedlergebieten bei Mordermittlungen das CSI anrückte. Überall auf der Welt steckte 1883 die Kriminaltechnik noch in den Kinderschuhen und gab es nur wenige auf Tötungsdelikte spezialisierte Polizisten. Nun lässt Blum also einen ehemaligen Streifenpolizisten aus Chicago durch die Weiten der Prärie stolpern, noch dazu einen, der nicht mal richtig gut schießen kann. Ein dramatisches Finale à la "High Noon" kommt damit schon mal nicht in Frage.

Trotzdem ist es interessant, gemeinsam mit Jack Hunhoff zu lernen, was bei einer Mordermittlung wichtig sein könnte, und ihn Schritt für Schritt bei seinen Ermittlungen zu begleiten. Ernstzunehmende Krimleser werden allerdings diverse Seiten vor dem Ende des Buches auf den entscheidenden Hinweis stoßen und lange vor Hunhoff wissen, wer der Übeltäter ist. Das ist schade. Ein bisschen mehr Spannung im Krimi-Bereich hätte dem Roman nicht geschadet, schließlich steht ja "Auswanderer-Krimi" auf dem Cover.

Etwas Besonderes

Kai Blums Auswanderer-Krimis heben sich von der Masse der Histo-Krimis und wohl auch der Auswanderer-Romane ab. Dabei sind sie eher einfach geschrieben, sehr geradlinig erzählt und völlig schnörkellos. Leser, die hier Romantik suchen, sind beim falschen Buch gelandet. Und trotzdem gelingt es dem Autor, seine Leser zu erreichen, ihnen die Geschichte der deutschen Auswanderer im weit entfernten Dakota-Gebiet nahe zu bringen. Manches scheint ein wenig zu einfach gestrickt, aber die Reihe ist noch jung und entwicklungsfähig.

Mit der Covergestaltung hat der Booquel Verlag einen Glücksgriff getätigt und es ist zu hoffen, daß sie für die geplanten Fortsetzungsbände beibehalten wird. Angenehm auch, daß der Roman in bester US-Serienmanier ein "Was bisher geschah" an den Anfang setzt und allen Quereinsteigern das Weiterlesen leicht macht. Wünschenswert für die Folgebände wäre eine Karte, die dem Leser die Orientierung erleichtert.

Auch Man erntet, was man sät ist ein Buch, das man recht schnell gelesen hat, flott erzählt und ohne Längen. Plant man für ein, zwei Abende, dann hat man das richtige Buch in der Hand. Plant man für ein Wochenende, dann sollte man ein wenig mehr Lesestoff mitnehmen, z.B. den ersten Teil der Reihe. Es lohnt sich.

Man erntet, was man sät

Kai Blum, -

Man erntet, was man sät

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