Die Leidenschaft der Hugenottin
- Gmeiner
- Erschienen: Januar 2014
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- Gmeiner, 2014, Titel: 'Die Leidenschaft der Hugenotten', Originalausgabe
Versteckspiel im Palast des Herzogs von Guise
Man schreibt das Jahr 1572, jenes Jahr, in dem Prinz Heinrich von Navarra die französische Prinzessin Marguerite heiraten soll. Als der königliche Hochzeitszug Navarras Hauptstadt Pau verlässt, sitzt die junge Margarete Cauvin in einer der Kutschen. Ihr Vater war Pfarrer der reformierten Kirche, ein frommer, ehrlicher und gütiger Mann ohne Vermögen. Als er starb, hinterließ er seiner Tochter nichts als Erinnerungen an eine glückliche Kindheit und die umfassende Bildung, die sie mit Unterstützung ihres Vaters erwerben durfte. Margarete, Margot genannt, reist nun im Gefolge der Königin nach Paris, um dort eine Anstellung als Hauslehrerin zu finden und sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
In Paris jedoch brodelt der Hass gegen die Hugenotten unter der Bevölkerung. Schnell spürt Margot, dass die sittenstrengen Anhänger der reformierten Kirche nicht willkommen sind. Auch sie hat keine Möglichkeit, eine Stelle zu finden, solange sie die schwarzen Kleider der hugenottischen Frauen trägt. Im Nachlass ihrer Mutter, die einst aus Liebe zum reformierten Glauben konvertierte und ihre adelige Familie verließ, hat Margot jedoch andere Kleider gefunden, Kleider in vielen Farben, undenkbar für eine Pfarrerstochter aus der Hugenotten-Hochburg Pau. Die junge Frau beschließt, sich als Katholikin auszugeben und so vielleicht doch noch eine Anstellung in einem wohlhabenden Haus zu finden. Da begegnet ihr der Herzog von Guise, Führer der katholischen Partei am Königshof. Der Herzog glaubt, in Margot etwas wieder zu finden, was ihm genommen wurde, denn die schöne Hugenottin ähnelt der französischen Prinzessin Marguerite, jener Frau, die der Herzog wirklich liebt, die aber für ihn unerreichbar ist und nach dem Willen des Königs nun Heinrich von Navarra heiraten soll. Margot wird die Geliebte des Herzogs, aber um sie herum heizt sich die Stimmung immer mehr auf, wird der Hass der Katholiken auf die Hugenotten immer weiter angefacht.
Die Welt der Hugenotten
Der Gmeiner-Verlag verspricht einen Roman zur Bartholomäusnacht auf dem Cover des Romans. Dieses Versprechen ist recht hoch gegriffen. Vorrangig geht es um eine junge Frau und ihre Probleme, einen Platz in dieser Welt zu finden. Die Konflikte zwischen Katholiken und Hugenotten tauchen immer wieder auf, die Lebenswelt der Hugenotten wird ausführlich geschildert. Wer keine Vorstellung davon hat, wie stark die Religion das tägliche Leben bis hin zu den Mahlzeiten bestimmt hat, der wird in diesem Roman viel Aufschlussreiches erfahren. Cornelia Wusowski ist es gelungen, die Reglementierung, der vor allem die Menschen in Navarra nach der Thronbesteigung Jeanne dAlbrets unterlagen, für den Leser eindrucksvoll zu schildern. Auch die politischen Zusammenhänge, die dazu beitrugen, dass zwischen Katholiken und Hugenotten ein derart tödlicher Hass entstand, die unterschiedlichen Interessen am Königshof und das Ränkespiel um die Macht in Frankreich werden nachvollziehbar geschildert. Zwar ist dabei kein umfassendes Bild entstanden, wichtige Einzelpunkte haben jedoch Eingang in den Roman gefunden. Das große Drama der Bartholomäusnacht jedoch wird relativ kurz abgehandelt und ist eher ein Nebenschauplatz im privaten Gerangel der Protagonisten. Der Leser bleibt dabei eher kühl zurück.
Arg konstruierte Geschichte
Leider bietet der Roman keine wirklich glaubhafte Geschichte. Die Handlung wirkt sehr konstruiert und verleitet beim Lesen immer wieder zum Kopfschütteln. Viele Zufälle, irgendwie gibt es immer eine glückliche Fügung. Auch ist es der Autorin nicht gelungen, Stimmungen nacherlebbar zu machen. Manchmal entsteht beim Lesen das Gefühl, die Autorin wisse zwar sehr viel über das Leben der Hugenotten, kenne Pau, Navarra und Paris jedoch überhaupt nicht aus eigenem Erleben, so wenig greifbar sind die Schilderungen der beiden Städte und der Landschaften.
Cornelia Wusowski gewährt ihren Lesern Einblick in die Gedanken der Protagonisten, so dass man eigentlich immer sehr nah bei ihnen sein könnte. Aber die Dialoge wirken steif, die Gedanken oft seltsam abwegig. Dabei ist Margot eine recht sympathische junge Dame, der man aufgrund ihrer Jugend auch eine gewisse Portion Naivität verzeihen kann. Allerdings sind auch andere Mitspieler in diesem Roman nicht vor verquerem Gedankengut gefeit und das ist recht schade. So liest man zwar, was den Protagonisten passiert, aber es fällt schwer, sich in sie hinein zu versetzen. Und so wird die Handlung letztendlich immer unglaubhafter.
Auch ein paar Unwahrscheinlichkeiten, die teilweise essentiell für die Handlung sind, stören beim Lesen. Wer mag denn glauben, dass ausgerechnet Margot, die keine wichtige Rolle im Gefolge der Königin von Navarra spielt, noch dazu Hugenottin ist, im Louvre ein Zimmer mit einem Geheimgang zur Straße zugewiesen bekommt zumal der Gang eigentlich gar nicht geheim ist, sondern eine ganz offen sichtbare Holztür neben dem Abort hat. Wer mag überhaupt glauben, dass so ein kleines Licht wie Margot im ständig überfüllten Louvre ein großes eigenes Zimmer mit Abort bekommt? Ja, und auch diese verschwiegenen Örtchen, die Aborte, sie tauchen überall auf. Dabei gibt es zahlreiche Schilderungen des Louvre aus dem 16. und 17. Jahrhundert, die diese vermissen. Allerdings erfährt man dort eher, in welche Nöte die Bewohner dieses Schlosses gerieten, wenn sie denn mal mussten. Und dass die Gänge des Louvre mit Fäkalien geradezu gepflastert waren, eben aus Mangel an diesen kleinen, stillen Kabüffchen. Die größte Unwahrscheinlichkeit ist aber wohl, dass der in amourösen Dingen allgemein als skrupel- und rücksichtslos bekannte Herzog von Guise so viel Aufhebens um eine mittellose junge Frau gemacht haben könnte.
Auf der Suche nach der Leidenschaft
Die Leidenschaft der Hugenottin verspricht mit Titel und Klappentext einen Roman viel vielen Gefühlen, mit Leidenschaft und Begierde. Davon kommt beim Lesen allerdings recht wenig an. Wer sich jedoch für das Thema Hugenotten interessiert, der wird in diesem Buch sehr viel über das Alltagsleben erfahren. Wer jedoch einen historischen Roman mit realitätsnaher Handlung erwartet, der wird ebenso enttäuscht wie der, der eine Liebesgeschichte mit flammender Begierde und Erotik erhoffte.
Cornelia Wusowski, Gmeiner
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