Der Schatz des Preußenkönigs
- Gmeiner
- Erschienen: Januar 2014
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- Gmeiner, 2014, Titel: 'Der Schatz des Preußenkönigs', Originalausgabe
Sinnfreie Schnitzeljagd in Sanssouci
Stuttgart, 1778. David Stark wird auf Empfehlung Carl Philipp Emanuel Bachs nach Potsdam an den Hof von Friedrich dem Großen beordert, um dort einige Rätsel zu lösen, die Majestäten dermalen vom grossen Voltaire aufgetragen bekommen hat. Der Preußenkönig vermutet durch die elf Rätsel, an einen verborgenen Goldschatz zu kommen, und Stark, der zwanzig Jahre zuvor Leopold Mozart bereits tatkräftig zur Seite stand und eben Bach dies mitbekam, soll nun erneut seinen Spürsinn einsetzen, um die Schnitzeljagd zu lösen.
Stark fährt nach Potsdam, Schloß Sanssouci und trifft dort den grossen Friedrich, der ihn in den Rätselzettel Voltaires einweiht. Doch Stark erhält noch eine weitere Nachricht, dass sein Vater auf der Festung Hohenasperg festgehalten wird und David sofort kommen soll um ihn zu befreien, sonst würde er getötet. Somit bleiben David nur weniger als zwei Tage, wenn er den Weg zu seinem Vater rechtzeitig antreten will.
David zur Seite steht seine ehemalige Geliebte Therese, die sich allerdings als Mann verkleiden muss, denn der König duldet in Sanssouci keine Frauen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, und plötzlich sterben auch mehrere vermeintliche Helfer durch unnatürlich Tode - alle Elemente scheinen gegen David zu sein...
Wozu das alles?
Sie haben Christoph Öhms Erstlingswerk Das Mozart-Mysterium gelesen und ihnen kommt die obige Inhaltsangabe irgendwie bekannt vor? Kein Wunder, denn nicht nur die Hauptperson ist dieselbe, sondern auch das Konzept des Romans wurde fast 1:1 übernommen. Doch konnte schon der erste Roman damit nicht recht überzeugen, macht es der Folgeband nicht besser, im Gegenteil.
Von Anfang an fragt sich der Leser: Warum? Wozu das alles? Da beordert der Alte Fritz einen ihm fremden Mann zur Schatzsuche nach Potsdam, auf Empfehlung von Carl Philipp Emanuel Bach, der zu dieser Zeit schon seit zehn Jahren nicht mehr in Potsdam ist, was die ganze Ausgangssituation auf sehr dünnem Eis präsentiert. Stark macht sich an die Arbeit, und man fragt sich unweigerlich, warum der König die Rätsel nicht einfach selber löst, denn zu oft läuft die Lösung über ihn oder über seine Dienerschaft. Und - auf der einen Seite will er die Rätsel gelöst haben, auf der anderen Seite wehrt er sich dagegen, den einen oder anderen Gegenstand zu verbiegen oder Fußböden zerstören zu müssen - das eine geht halt nicht ohne das andere, das hätte Majestät vorher wissen können.
Keine neuen Ideen
Die Rätsel selber liegen natürlich relativ schnell auf der Hand und die Lösungen purzeln nur so daher, auch wenn es gilt, elf Sprüche in letztlich eineinhalb Tagen zu entschlüsseln. Hatte Leopold Mozart im ersten Roman noch dreizehn Rätsel in dreizehn Tagen in ganz Salzburg, so hat Stark nun weniger Zeit auf weniger Raum - Das Schloß inklusive Garten plus Berlin, was ja nicht weit entfernt ist, also hat sich das System "Schnitzeljagd” lediglich zeitlich und örtlich verdichtet.
Daher nimmt es auch kaum Wunder, dass Stark und Therese Kommissar Zufall ordentlich zur Seite steht und alles in einer unglaublichen Hektik vonstatten geht, die keine Zeit für Ruhemomente oder eben auch Atmosphäre gibt. Zwar durchqueren die Protagonisten x-mal das Schloß, wodurch man einiges darüber erfährt, und auch das Verhältnis Friedrich-Voltaire wird ansatzweise durchleuchtet, aber alles bleibt an der Oberfläche und daher wenig überzeugend. Vermeintliche Gegenspieler oder Spione bleiben farblos und uninteressant. Und immer wieder fragt sich der Leser: Was soll das? Zu viele Ungereimtheiten, zu offensichtliche Zufälle, zu unnötige Nebenhandlungen - der Sinnspruch "Viel bringt viel” geht hier gründlich in die Hose.
Keine Atmosphäre
Das zufällig nebenbei irgendwer durch irgendwen aus irgendwelchen Gründen irgendwie getötet wird, lässt den Leser leider völlig kalt, da der Autor dem Leser keine Gelegenheit gab, vorher irgendwie eine Beziehung zu den Opfern aufzubauen, und wenn, dann keine gute. Letztlich ist alles entweder durchsichtig, uninteressant oder übertrieben, was den Roman leider unterm Strich gleichgültig wirken lässt. Fast wünschte man sich, dass des Königs Zweiter Hofküchenmeister einmal vorbeikäme und den Fall übernehmen würde und so wenigstens eine Prise Humor in den Roman brächte.
Ab der Hälfte des sowieso nur 250 Seiten langen Romans wechselt die Erzählperspektive gelegentlich nach Schloß Asperg, wo David Starks Vater Johann gefangen genommen wurde. Warum, das wissen weder er noch die Leser, aber der gefangennehmende Herzog tat dies wohl des Öfteren, und so wundert den Leser nichts mehr so leicht. Auffallend hier vor allem auch der Wechsel vom Ich-Erzähler David zum neutralen Erzähler in Asperg, was David ja nicht aus seiner eigenen Perspektive schildern kann. Hier hat sich der Autor leider selbst ein dramaturgisches Bein gestellt, was aber letztlich ins Bild passt.
Es soll nicht verschwiegen werden, dass einige Aspekte, denen David während seiner Suche auf die Spur kommt, für den Leser tatsächlich von einigem Interesse sein könnten, zumal wenn er sich für die Geschichte Preußens und Sanssoucis interessiert. Architektur, Bilder, Orangerie, Fritzens Hunde, die Bewässerung der Fontäne - letztlich bekommt man eine - wenngleich sehr hektische und wild durcheinander gewürfelte - Schloßführung, wieder eine Parallelführung wir diejenige durch Salzburg im ersten Roman. Das ist vielleicht an einigen Stellen interessant, aber leider nicht originell.
Unlogisch
Unterm Strich ist es schade, dass dem Autor eigentlich kein neuer Roman eingefallen ist, sondern dass er seinen ersten an eine andere Stelle projiziert hat, den Zeitfaktor und den Ortsfaktor gestrafft hat und ein paar Promis durchs Bild laufen lässt, alles verbunden durch den selben Protagonisten und eine Schnitzeljagd mit einigen knappen zu lösenden Rätselgedichten, immerhin aus der Feder Voltaires. Den Rest hat man schon einmal gelesen, und bereits beim ersten Mal war das Ergebnis nicht unbedingt gelungen. Gespickt ist der Roman mit Hektik, wenig Atmosphäre und einem Hang zu Wiederholungen, daneben auch Ungereimtheiten und unlogischen Gegebenheiten - wenn die Lösung in Voltaires Roman "Candide” liegt, warum darf Stark das Buch eigentlich nicht haben? Entweder der König will die Rätsel gelöst haben oder nicht. Nur eine der vielen Dinge, die dem Leser unangenehm auffallen.
Zwar erklärt der Autor im Anhang einiges an realen Gegebenheiten auf, die am Ende mit der Lösung zu tun haben, diese ist allerdings sehr weit weg von dem, was man am Anfang erwarten kann. Zusammenhänge gibt es nicht viele, und das wäre nicht nötig gewesen. Bleibt zu hoffen, dass der Autor in einem eventuellen weiteren Roman das Thema Schnitzeljagd mit unlogischem Drumherum nicht ein weiteres Mal wiederkäut, sondern mal eine neue Idee hervorbringt. "Ein historischer Thriller im Stile von >>Sakrileg
Christoph Öhm, Gmeiner
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