Aufruhr am Ryck
- Hinstorff
- Erschienen: Januar 2014
- 0
- Hinstorff , 2014, Titel: 'Aufruhr am Ryck', Originalausgabe
Der Kopist ermittelt wieder
Sommer 1491. Nachdem der Kopist Martin Haffer seine Heimatstadt Greifswald verlassen hat, steht er in Diensten des pommerschen Herzogs Bogislaw, in dessen Wolgaster Residenz es etliche Bücher zu kopieren gilt. Haffer hat einen schweren Schicksalsschlag zu verkraften und sucht bisweilen seine Flucht im Alkohol. Da bietet ein neuer Auftrag des Herzogs eine Ablenkung. Haffer, der im letzten Jahr schon mal einen Mordfall in Greifswald aufklärte, soll dort als Sonderermittler des Herzogs erneut einen Mord untersuchen und die Unschuld eines verhafteten Studenten beweisen. Doch weder sieht sich Haffer als Ermittler, noch möchte er in seine Heimat zurück. Es kommt jedoch noch ärger, denn besagter Student ist Gernot von Eisenfels, an den Haffer eher schlechte Erinnerungen hat. Dieser soll nach einem Streit den Hafenmeister niedergeschlagen haben. Zu allem Überfluss soll Haffer bei dem Chirurgen Severo wohnen, den er im Vorjahr als Hauptverdächtigen ansah, so dass sich die beiden in herzlicher Abneigung gegenüberstehen. Doch von Eisenfels ist Severos Lehrling und so müssen Haffer und Severo notgedrungen zusammen den Fall lösen. Nur wenige Tage bleiben Zeit, schon droht weiteres Unheil. Ein geheimnisvoller Redner wiegelt die arme Bevölkerung zum offenen Widerstand gegen die Stadtoberen auf &
Für eine Fortsetzung nur wenige bekannte Figuren
Zwischen Der Teufel vom Ryck und dem hier vorliegenden zweiten Roman liegen zeitlich nur wenige Monate. Diese kurze Phase hat aber offenbar ausgereicht, um etliche Figuren des ersten Romans auf unterschiedliche Art verschwinden zu lassen. Während man sich üblicherweise bei einer Fortsetzung auf ein Wiedersehen mit bekannten Haupt- und Nebenfiguren freut, enttäuscht Emma Wittenstein in dieser Hinsicht. Nur der Anführer der Schmuggler, der tumbe Stadtvogt, Gernot von Eisenfels und der hitzköpfige Severo sind noch übrig geblieben. Immerhin sorgen zu Beginn verbale Gefechte zwischen Severo und Haffer für kurzweilige Unterhaltung und auch der Kriminalfall ist zunächst recht viel versprechend.
"Alle Ratsherren entstammen angesehenen Geschlechtern. Schon unsere Vorfahren kümmerten sich um das Wohl Greifswalds. Meinungsverschiedenheiten klären wir, indem wir mit Argumenten überzeugen und die Mehrheit des Rates auf unsere Seite ziehen. Das einfache Volk lassen wir außen vor, man kann es nicht kontrollieren."
Nach einer Schlägerei zwischen Gernot von Eisenfels und dem Hafenmeister Conrad Schwerdt flieht Gernot vor der herannahenden Stadtwache und findet zunächst Unterschlupf in der Universität. Doch es sind nur wenige Tage Zeit. Ist bis dahin nicht der wahre Mörder gefunden, muss ihn der Rektor an den Stadtvogt übergeben, womit dessen Schicksal besiegelt wäre. Haffer und Severo befragen zahlreiche Bewohner und wagen sich zunehmend unter die Armen der Stadt. Diese haben kaum genug zu essen und sind daher anfällig für die Verheißungen eines geheimnisvollen Hetzers, der mit großen Reden das einfache Volk aufwiegelt. Nach weiteren Morden droht die Stimmung in der Stadt endgültig überzukochen.
Gab es im ersten Band noch lebhafte Diskusionen und damit recht intensive Einblicke über die Rolle der Medizin im ausgehenden Mittelalter, so erleben wir im zweiten Band nur gelegentlich wie die Arbeit eines Chirurgen aussieht, beispielsweise wenn Severo das faulende Bein eines Arbeiters absägen muss. Ansonsten steht mehr der Krimi im Vordergrund beziehungsweise die Suche nach dem Aufwiegler, wobei schnell klar wird, dass es hier wohl einen Zusammenhang geben muss. Da zudem eine Menge Falschmünzen in Umlauf sind, erfährt man einiges über die Münzprägung.
Der Kriminalfall ist leidlich spannend, denn deutlich vor der Auflösung hat man eine Vorahnung, wer hinter den Ereignissen stehen könnte. Die Auflösung ist dennoch gewöhnungsbedürftig, da den verkleidet auftretenden Hetzer sowohl Haffer wie Severo an seiner Stimme hätten erkennen können, um nicht zu sagen müssen. Auch der Schreibstil hat so seine Tücken. Severo hat schwarze Haare, stammt aus Italien und ist - wie schon erwähnt - Chirurg. Doch als könnte man dies nicht verstehen, geschweige denn behalten, verwendet die Autorin immer wiederkehrend für Severo alternativ die Bezeichnungen "der Schwarzhaarige", "der Italiener" oder "der Chirurg" anstatt ihn einfach bei seinem Namen zu nennen. Die übrigen Eigenschaften haben wir ja längst verstanden. So enttäuscht Aufruhr am Ryck im Vergleich zum Vorgänger in einigen Punkten.
Emma Wittenstein, Hinstorff
Deine Meinung zu »Aufruhr am Ryck«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!