Das ferne Land
- Ehrenwirth
- Erschienen: Januar 2014
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- Ehrenwirth, 2014, Titel: 'Das ferne Land', Originalausgabe
Eine Mischung aus Spannung und orientalischem Ambiente
Charlotte Thomas ist immer für einen farbenprächtigen historischen Roman gut. Das beweist sie auch mit Das ferne Land, das im Jahr 1645 spielt. Obwohl sie die Geschichte zur Hauptsache im Orient ansiedelt, kommt auch dieses Mal Venedig darin vor, wenn auch nur am Rande. Denn die Hauptfigur, Katharina, ist die Ehefrau des Sprosses einer angesehenen venezianischen Familie. Der eher glücklose Kaufmann konnte sich mit Katharinas Vermögen sanieren, kümmerte sich dabei aber kaum um ihr Wohlergehen. Zunächst holte er die junge Frau zu sich nach Venedig, danach musste sie in Candia, dem heutigen Kreta, ihr Glück als Weinbäuerin versuchen. Als Candia von den Osmanen erobert wird, schafft es Katharina zusammen mit ihrer Dienerin Jokasta und dem Russen Pjotr, der ihr seit Jahren ein treuer Untergebener ist, zu entkommen. Sie will im fernen Arabien nach einem großen Posten Weihrauch forschen, den ihr Ehemann angeblich irgendwo eingelagert hat, bevor er verstorben ist. Um ihre Suche zu finanzieren, lässt sich Katharina auf ein schwieriges Unterfangen ein. Sie soll als Spionin den zwielichtigen Massimo Bagliani begleiten und dessen Gegenspieler Faliero auf dem Laufenden halten, was Bagliani tut. Der allerdings wurde durch eine Indiskretion von Jokasta schon früh über die Mission von Katharina aufgeklärt und treibt nun seinerseits ein Spiel mit der jungen Frau. Je länger die Reise dauert, desto mehr kommt Katharina ins Grübeln darüber, was denn nun Wahrheit und was Lüge ist.
Guter Aufbau
Es mag nicht erstaunen, dass eine so versierte Autorin wie Charlotte Thomas eine gute Hand für den Aufbau eines Romans hat. Die Leser können sich langsam an die Charaktere gewöhnen, Thomas präsentiert zunächst nur einen kleinen Reigen Handelnder, der sich nach und nach vergrößert. Damit gewinnt sie die Leser sehr schnell für die Geschichte, macht man sich doch gerne auf den Weg mit Katharina und ihren Getreuen, selbst wenn immer mal wieder einige Szenen etwas gar ausführlich ausfallen. Die junge Frau zeigt sich als liebenswerte Protagonistin, die so den einen oder anderen Fehler hat und sich manchmal selber im Wege steht. Gerade das aber bringt Nähe und lässt den Leser ganz dicht am Geschehen sein. Überstrapaziert wird hingegen die Figur von Jokasta. Dass die Dienerin attraktiv ist und eine spezielle Ausstrahlung hat, das aber auch mit einer doch recht exzessiven Eitelkeit garniert, weiß der Leser schon nach kurzer Zeit, bekommt es dennoch immer wieder vorgesetzt. Hier dürfte Charlotte Thomas ihren Lesern und deren Merkvermögen mehr vertrauen. Faszinierend ist Pjotr, er läuft den anderen männlichen Figuren still und leise den Rang ab.
Nicht nur Kulisse
Charlotte Thomas schafft Atmosphäre, die kaum an einem Leser vorbei zieht. Sie versteht es ausgezeichnet, den jeweiligen Schauplatz vor dem geistigen Auge auferstehen zu lassen und bringt viel Sinnlichkeit in ihre Beschreibungen. Ob es nun um das Weingut auf Candia geht, die belagerte Stadt oder später die gefahrenvolle Reise durch den Orient: Immer gelingt es der Autorin, die Leser in die jeweilige Welt einzuhüllen. Obwohl einerseits die Liebe und andererseits die Reise selber im Vordergrund stehen, bekommt der Leser häppchenweise auch die Geschichte des jeweiligen Landstrichs serviert. Dies so unmerklich, dass niemals der Eindruck entsteht, hier müsse jemand seine Recherchen in den Vordergrund schieben, um Glaubwürdigkeit zu schaffen. Genau damit kann Charlotte Thomas auch eine Leserschaft für ihre Romane gewinnen, die sonst den historischen Romanen eher skeptisch gegenüber stehen. Die Geschichte behält bei allen Details nämlich eine gewisse Leichtigkeit.
Schön gestaltet
Wie meist bei Büchern der Autorin Charlotte Thomas hat der Verlag auch bei diesem Werk auf eine schöne Gestaltung geachtet und die HC-Ausgabe mit feinen Zeichnungen angereichert. Ein kleines Glossar stellt eine zusätzliche Bereicherung dar. Die hochwertige Ausführung passt gut zum Inhalt, der zwar nicht ganz so stark in die Tiefe geht, dafür aber spannende Unterhaltung bietet. So kann Charlotte Thomas mit Das ferne Land mühelos an ihre bisherigen Werke anknüpfen, die längst eine begeisterte Stammleserschaft generiert haben. Mit der Erweiterung des Schauplatzes auf Arabien konnte die Autorin verhindern, auf eingefahrenen Wegen stecken zu bleiben und verwöhnt ihre Leserschaft mit neuen Aspekten.
Charlotte Thomas, Ehrenwirth
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