Apotheker Melchior und das Rätsel der Olaikirche

  • Die Hanse
  • Erschienen: Januar 2014
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  • Die Hanse, 2010, Titel: 'Apteeker Melchior ja Oleviste mõistatus', Originalausgabe
Apotheker Melchior und das Rätsel der Olaikirche
Apotheker Melchior und das Rätsel der Olaikirche
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Jörg Kijanski
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Histo-Couch Rezension vonMai 2014

Gelungener Serienstart

1409. Henning von Clingenstain war einer der Armeeführer des Deutschen Ordens, als dieser die Ordnung auf Gotland wiederherstellte und die Vitalienbrüder, die sich dort niedergelassen hatten, vernichtend schlug. Nun wurde Gotland an die dänische Krone zurückgegeben und die Ordensmänner reisen zurück nach Marienburg, dem Sitz des Ordens. Doch Clingenstain, der "Schlächter von Gotland", macht zunächst eine Pause auf dem Domberg von Reval, wo er nach einer durchzechten Nacht brutal ermordet wird.

 

"So, haben die Ritter einander ein wenig zur Ader gelassen?", fragte er neugierig, denn Apotheker sind nun einmal sehr neugierig.

"Ich weiß nicht. Ein gewisser Clingenstain oder so ähnlich. Es heißt, dass man ihm den Kopf abgeschlagen hat, im Schlaf."

"Du lieber Gott!", entfuhr es Melchior. "Was für furchtbare Spiele unsere Ritterherren nur spielen. Wer mag dieser Übeltäter nur gewesen sein?"

 

Gerichtsvogt Wentzel Dorn macht sich mit Hilfe seines Freundes, dem Apotheker Melchior Wakenstede, auf die Suche nach dem Mörder. Wie sich herausstellt, hatten einige der Stadtbewohner direkten Kontakt zu Clingenstain und hielten sich am Tag seiner Ermordung auf dem Domberg auf. Aber wer hat ein Motiv und wer wäre so brutal, seinem Opfer mit einem Schwerthieb den Kopf abzutrennen? Im Mund des Opfers findet sich zudem eine alte Visbyrer Öre, eine gotländische Münze, die in Reval äußerst selten ist. Melchior befragt die in Verdacht kommenden Personen und muss sich beeilen, denn die nächsten Toten lassen nicht lange auf sich warten…

Einblicke in die Medizinwelt des Mittelalters

Indrek Hargla ist laut Verlagsauskunft einer der beliebtesten SciFi- und Fantasy-Autoren Estlands, dessen größter Erfolg bislang allerdings der hier vorliegende Auftakt der Apotheker-Melchior-Serie ist. Der Einstieg in das Krimigenre ist offenbar derart gut gelungen, dass es bereits drei weitere Romane mit Melchior gibt, die aber noch auf ihre Übersetzung warten. Der Hinweis auf die bisherigen schriftstellerischen Tätigkeiten des Autors ist insoweit von Belang, da es bei dem im Mai 1409 in Reval (heute Tallinn; Hauptstadt von Estland) spielenden historischen Krimi keine übernatürlichen Ereignisse gibt, sofern man davon absieht, dass Melchiors Familie mit einem Fluch belegt ist, was ebenso auf die im Bau befindliche Olaikirche zutrifft.

 

"Wenn wir nur etwas Verstand haben, so essen wir frische Lebensmittel und trinken sauberes Wasser, und mit noch mehr Verstand können wir uns auch anderweitig gegen die Pest wehren."

"Kennt Ihr denn noch weitere Mittel gegen die Pest, Hochwürden?", fragte Melchior interessiert. "Ich habe ein paar Bücher gelesen."

"Oh ja, unser Melchior ist ein gelehrter Mann, er hat vier Bücher zu Hause", platzte Dorn dazwischen.

 

Zunächst benötigt der Roman eine gewisse Anlaufzeit, welche einige Längen hat, um die handelnden Figuren vorzustellen. Auch die politischen Geschehnisse auf Gotland und das Wirken der Vitalienbrüder nimmt einen ansprechenden Raum ein, ebenso wie die religiösen Gepflogenheiten auf dem Domberg sowie bei den Dominikanern und selbstredend erfährt man etliches über die Arbeit eines Apothekers. Neben einigen gewagten Mixturen neigt Melchior bei seinen Empfehlungen recht schnell zum Aderlass, dem vermeintlichen Allheilmittel der damaligen Zeit. Und selbst den Gehängten der Stadt kann Melchior noch Gutes abgewinnen.

 

"Aus menschlichem Fett konnte man beispielsweise eine gute Salbe gegen Knochenschmerzen kochen, und die Niere eines jungen Mädchens war ein gutes Gegenmittel bei einer Beerenvergiftung. Oder wenn man aus dem Oberschenkel eines jungen Mannes feine Streifen herausschnitt, sie mit Myrrhe und Aloe einrieb, in Wein einlegte, dann ein einem trockenen, schattigen Platz trocknen ließ und schließlich bei Vollmond vors Fenster hängte, wurde daraus ein Heilmittel gegen Leberkrankheiten."

 

Apotheker Melchior und das Rätsel der Olaikirche ist ein lesenswerter Serienstart und auf die weiteren Folgen darf man mit Neugier warten. Wer sich für das Mittelalter, Religion und Medizin interessiert, sollte zugreifen. Ein kleines Glossar bietet abschließend einige Informationen zum historischen Hintergrund.

Apotheker Melchior und das Rätsel der Olaikirche

Indrek Hargla, Die Hanse

Apotheker Melchior und das Rätsel der Olaikirche

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